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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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eine Leere, ein Schmerz, ohne dass ich den Grund dafür wusste. Ach, Qupay, warum bist du nur Inti gefolgt?«, murmelte sie. Dann winkte sie ab, als wäre sie verärgert. » Er war schon immer noch dümmer als du, Kemaq. Aber er hatte es auch nicht leicht, zwischen dir und Jatunaq. Ich werde für ihn beten und die Ahnen fragen, was mit ihm ist. Das solltest du auch tun, besser früher als später.« Und damit stapfte sie davon.
    Kemaq sah ihr nach. Was sie über Qupay gesagt hatte, berührte ihn tief. Auch er fühlte eine Traurigkeit, für die er keinen Grund wusste, und von der er geglaubt hatte, sie sei einfach durch die schlimmen Dinge ausgelöst, die er gesehen hatte. Aber sie ging bis ins Innerste. Sollte es sein, weil Qupay tot war?
    » Du wolltest mir etwas erklären, Pitumi«, sagte er langsam.
    Die Chachapoya nickte. » Wenn du bereit dazu bist, Kemaq.«
    Er blickte sie überrascht an. Sie nannte ihn selten bei seinem Namen.
    Pitumi lächelte. » Was ich zu sagen habe, ist sehr wichtig, Chaski, doch bemerke ich, dass du Sorgen hast.«
    Kemaq blickte zu Boden. Dann sagte er: » Die habe ich, aber nicht mehr als viele andere im Tawantinsuyu. Es ist Krieg, und viele gute Männer sind tot. Und jetzt werden die Fremden bald hierherkommen. Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann sage es mir besser jetzt gleich. Denn schon bald könnte es wirklich zu spät sein.«
    » Es ist schon eigenartig«, sagte der Alchemist. » Diese Indios werden einsilbig, wenn man sie auf diese Stadt und ihr Silber anspricht.«
    » Habt Ihr eine Vermutung, warum das so ist, Meister Albrecht?«, fragte Mila.
    » Nein, leider nicht«, sagte der Gelehrte und verstummte für den Augenblick.
    Sie saß mit den Führern ihrer Schar am Feuer und lauschte auf die Geräusche der Nacht. Es gab hier Wälder aus niedrigen Bäumen, die voller Leben schienen. Unbekannte Tierlaute hallten von den Höhen wider, und gelegentlich knackte irgendwo da draußen ein großer Ast. An den Feuern der Spanier wurde nicht viel gesprochen. Die Männer waren müde, die Ritter ebenso wie die Konquistadoren. Die Indios hingegen unterhielten sich, wenn auch nur leise, und Mila, die versucht war zu lauschen, konnte nicht hören, was sie einander zuraunten. Das Marschieren in der dünnen Höhenluft schien ihnen immer noch weit weniger zuzusetzen als den Spaniern, und Mila fragte sich, ob das nur daher kam, dass sie es gewohnt waren, oder ob es dafür noch einen anderen Grund gab. Schließlich schienen auch die Krieger, die von der Küste hierhergekommen waren, erstaunlich munter. Und noch jemand wirkte sehr aufgekratzt: der Alchemist. Er war fast der Einzige, der redete. Mila antwortete eigentlich nur, weil sie sich aus Höflichkeit dazu verpflichtet fühlte, und vielleicht auch, weil es sie daran hinderte, ihren trüben Gedanken nachzuhängen.
    » Erzählt doch ein wenig mehr von dieser Silbermine, Meister Albrecht«, forderte Hernando Pizarro jetzt. Seine Stimme war ein Missklang in der Abendstimmung.
    » Ich habe sie ja noch nicht selbst in Augenschein nehmen können, und alles, was ich weiß, ist mehr oder weniger Hörensagen. Selbst gesehen habe ich jedoch das Silber, und es hat eine Reinheit, wie sie ihresgleichen sucht. Die Frage, die mich nun beschäftigt, ist, ob es so aus dem Berg geholt wird, oder ob die Indios einen Weg gefunden haben, es auf andere Art zu reinigen.«
    » Und dieses Selen, von dem Ihr gesprochen habt?«, fragte der Konquistador nach.
    » Das Mondelement, sehr selten, es steckt im Indio-Silber, wenn Ihr so wollt, und es ist eben wieder die Frage, wie es dort hineingekommen ist. War es von Natur aus enthalten, oder wurde es zugesetzt, um diesen hohen Reinheitsgrad zu erreichen? Doch wenn es so war, wo haben die Indios es dann her? Es gibt immer noch viele Rätsel, und ich hoffe, dass ich die Antworten in Tanyamarka finde.«
    » Ich verstehe eines nicht«, meinte Don Hernando jetzt, » wenn es dort so gutes Silber gibt – und die Indios scheinen mir für dieses Erz doch reichlich Verwendung zu haben –, wieso gibt es dann keine gute Straße zu dieser Stadt? Dieser Pfad, dem wir folgen, ist halb vom Wald überwuchert, und an vielen Stellen mussten unsere Indios schwer arbeiten, um das Geschütz hinüberzubringen.«
    Mila schenkte dem Gespräch jetzt mehr Aufmerksamkeit. Der Alchemist hatte ihr gegenüber behauptet, Selen gehe auf den Azoth zurück. Und das war es, dieser Stein oder dieses Element, was ihn geradezu magisch nach Tanyamarka zog. Sie

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