Drachentau
Besten«, antwortete Bernhard brummelig und sah aus dem Augenwinkel, das Bernadette sich ein Lachen verkniff. »Der Herr Förster hätte gerne ein paar Eier, wenn es recht ist.«
»Immer langsam, Sie sind noch nicht dran. Darf es noch etwas sein, Bernadette?«
»Danke, Emma, das ist alles.« Die schöne Bärin bezahlte und wandte sich zur Tür.
»Und grüße Emilia von mir«, rief Emma ihr hinterher.
»Mach ich«, antwortete sie und verließ mit einem kurzen Blick auf Bernhard den Laden. Er schaute ihr nach.
»Wie viele Eier dürfen es denn sein«, störte Emma seine Gedanken.
»Zehn, bitte«, sagte Bernhard, bezahlte eilig ohne ein Wort und stürzte Bernadette hinterher.
Emma schüttelte den Kopf und gleich der nächste Kunde sollte von dem Benehmen des Försters erfahren.
Bernadette war schon einige Meter voraus, als Bernhard sie einholte.
»Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen so nachlaufe«, begann er. »Es ist nur ... ich bin sehr überrascht ... ich habe noch niemals jemand anderes mit ... nun ja ... mit blauen Augen gesehen.«
Bernadette lachte. »Die sind unter Bären auch nicht sehr verbreitet.«
»Wohl wahr.«
Ein paar Sekunden lang schauten sie sich an und Bernhards Herz begann zu rasen.
»Darf ich fragen, welchem Umstand Sie ihre blauen Augen zu verdanken haben«, fragte Bernadette.
Bernhard schaute auf den Boden.
»Oh, tut mir leid«, sagte sie sofort. »Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Die Frage ist zu persönlich. Entschuldigen Sie bitte.«
»Aber nein, es ist schon in Ordnung. Ich bin ein Drachenbär.«
Bernadette hob die Augenbrauen. »Ein Drachenbär? Dann bist du Bernhard. Natürlich! Der Herr Förster! Von dir habe ich schon viel gehört. Freut mich, dich kennenzulernen.« Sie streckte Bernhard die Hand entgegen.
»Darf ich fragen, mit wem ich die Ehre habe?«, ergriff er sie und schüttelte sie sanft.
»Oh, natürlich. Ich bin Emilias Großnichte. Mein Name ist Bernadette.«
»Freut mich sehr, deine Bekanntschaft zu machen.« Bernhard verbeugte sich leicht. »Und woher hast du sie? Die blauen Augen, meine ich. Ist es auch Drachenblut?«
Bernadette schüttelte den Kopf. »Nein, nein, kein Drachenblut. Bei mir ist es ein anderer Zauber. Aber das ist eine sehr lange Geschichte.«
»Ich würde sie gerne hören.«
»Hast du denn Zeit?«
»Zeit?« Bernhard schlug sich an den Kopf. »Oh nein, meine Schwester Letizia wartet auf mich. Sie kocht heute für uns. Ich sollte nur schnell ein paar Eier holen.«
»Letizia ist deine Schwester, stimmt ja. Grüße sie von mir. Ich hatte schon das Vergnügen sie kennenzulernen.«
»Mache ich gerne. Und die Geschichte? Wir könnten morgen zusammen in den Wald gehen.«
»Das klingt gut. Ist später Vormittag recht?«
»Sehr recht sogar.«
»Dann bis morgen.«
»Bis morgen.«
Bernhard ging eilig nach Hause. Noch nie zuvor hatte er Schmetterlinge im Bauch und er fand, dass es sich verdammt gut anfühlte.
»Wo warst du bloß, Bernhard?«, fragte Letizia, als er in die Hütte kam. »Hat Hühner-Emma es doch noch geschafft, dich in ein Gespräch zu verwickeln?«
Bernhard lachte. »Nein, bestimmt nicht. Ich wurde aufgehalten. Soll dich grüßen, von Bernadette.«
Letizia grinste. »Aufgehalten, soso.«
»Ich hoffe nur, dass du nicht aufgehalten warst, denn ich habe einen riesigen Hunger«, antwortete Bernhard.
Sie setzten sich gemeinsam an den Tisch. Letizia hatte ein Gericht mit viel Gemüse gekocht, dazu natürlich Hähnchenfleisch und Brot. Nur Pilze und Beeren standen sehr selten auf ihrem Speiseplan. Und wenn doch, dann nur solche Sorten, die nicht in der Nähe des Drachenberges wuchsen.
»Bernadette ist schon seit zwei Wochen in Mühlenau«, sagte Letizia zwischen zwei Happen. »Wenn du dich zur Abwechslung mal im Dorf blicken lassen würdest, hättest du sie längst kennengelernt.«
Bernhard zuckte die Schultern. »Ich war doch heute im Dorf.«
»Mama würde sich auch freuen, wenn du öfter kommen würdest.«
Bernhard zog die Stirn kraus. »Was soll das jetzt werden?«
Letizia winkte ab. »Schon gut, schon gut. Sag mal, ist eigentlich diese Waldfee, Eschagunde heißt sie glaube ich, noch einmal aufgetaucht? Ich meine, es ist schon über ein Jahr her, dass du im Drachenberg warst.«
»Ja, Eschagunde heißt sie. Nein, bisher ist sie nicht gekommen. Aber ich denke oft an sie. Ein Satz von ihr geht mir nicht aus dem Kopf.«
»Was für ein Satz?«
»Sie sagte: Hoffen wir, dass der Tod des Drachen nicht ein größeres
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