Drachentempel 01 - Sternenträume
Wichser!«
»Sie werden ihn hier begraben, Söhnchen.«
Der Stock hatte eine Eisenspitze, und der Alte versuchte inzwischen, damit einen der Sensoren in Karls Helm zu durchbohren.
»Hör auf damit!« Karl versetzte dem Alten einen leichten Stoß, und fast wäre er hinterrücks gefallen. Im letzten Augenblick fand er sein Gleichgewicht wieder und startete eine neue Attacke mit dem Stock.
»Ihr könnt die Toten nicht mit nach Hause nehmen. Sie wiegen zuviel, und Zantiu-Braun ist zu billig. Dein Freund wird hier bleiben und hier begraben. Ich werde ihn wieder ausgraben, wenn ihr weg seid.«
»Verpiss dich.« Karl packte den Spazierstock und schleuderte ihn weg.
»Wir werden auf ihn und den Rest von seinem Schädel pissen, Söhnchen. Wir werden darüber lachen, wie er gestorben ist, mit Scheiße, die aus seinem Arsch getropft ist, und Schmerzen, dass ihm der Verstand weggeblieben ist.«
»Verdammter Bastard!« Karl packte den irren alten Mistkerl und holte mit der anderen Faust aus. Der Alte lachte gackernd auf.
»Karl?«, kam Lawrences Stimme. »Karl, was ist da bei dir los?«
Dieser gottverdammte Telemetrieschaltkreis in seinem Skinsuit! Karl wusste schon nicht mehr, wie oft er das Ding rausreißen hatte wollen. Er atmete tief durch, die Faust noch immer zum Schlag erhoben. »Ich hab einen von ihren Rädelsführern erwischt, Sarge. Er weiß Bescheid über das Gewehr, das sie benutzt haben.«
»Karl, er ist ungefähr zweitausend Jahre alt. Setz ihn wieder ab.«
»Er weiß Bescheid!«
»Karl. Lass nicht zu, dass sie dich so weit bringen. Genau das wollen sie erreichen.«
»Jawohl, Sir .«
Karl ließ den Alten los, dann wurde ihm bewusst, dass er sich trotzdem auf gewisse Weise rächen konnte. »Hey, Arschgesicht! Du bist jetzt meine Trophäe. Wie gefällt dir das, eh?« Er öffnete eine Gürteltasche und zog ein Plastikhalsband hervor. Der alte Narr lachte ununterbrochen, während Karl ihm das Halsband umlegte – als wäre es das Beste, was ihm überhaupt geschehen konnte.
Michelle Rake hatte den ganzen Morgen damit verbracht, mit vor der Brust angezogenen Knien auf ihrem Bett zu sitzen. Sie war vollständig angezogen, doch sie brachte nicht genug Energie auf, um ihr kleines Apartment zu verlassen. Einige der anderen Studenten im Wohnhaus waren nach draußen gegangen, um zuzusehen, wie die Invasoren durch Durrell marschierten. Es würde damit enden, dass sie Steine auf die Söldner von der Erde warfen, die sich mit ihren gemeinen Betäubungswaffen wehrten und dann ihre Opfer wegschleiften, um ihnen explosive Halsbänder umzulegen.
Also war sie in ihrem Apartment geblieben und hatte die Nachrichten im Datapool verfolgt. Auf diese Weise hatte sie live mitverfolgen können, wie die Lander am Stadtrand niedergegangen waren und Tausende der Söldner in Skinsuits ausgespuckt hatten, die unverzüglich über die Stadt ausgeschwärmt waren. Und sie hatte Recht. Die Menschen hatten Steine geworfen und Flaschen und sogar eine Art Feuerbomben. Sie hatten Barrikaden errichtet und in Brand gesteckt. Die Söldner waren hindurchmarschiert, als wäre es Regen und keine Flammen. Nichts konnte sie beeindrucken oder auch nur verlangsamen.
Es hatte weitere Formen des Widerstands gegeben. Die Nachrichten wussten zu berichten, dass einer der Hihydrogen-Tanks am Flughafen in die Luft geflogen war. Ein paar Zivilgebäude waren in Brand gesteckt worden, und dichte Rauchwolken standen über der Hauptstadt. Der Datapool reagierte träge, und manchmal brach ihre Verbindung minutenlang zusammen während im elektronischen Schatten der Stadt ebenso unheimliche wie faszinierende Softwareschlachten ausgefochten wurden.
Eine Viertel Stunde, nachdem die Lander aufgesetzt hatten, fielen kleine Kapseln mit Ausrüstung an großen gelben Fallschirmen vom Himmel. Sie trieben in die Parks und Wiesen westlich von Durrell. Kameras verfolgten mehrere Kapseln, deren Fallschirme sich verwickelt hatten; sie stürzten wie Kometen zu Boden und zerschellten in einer Kaskade von Metall- und Plastiksplittern.
Sie hatte von Anfang an eine Verbindung zu ihren Eltern in Colmore offen gehalten, einer Siedlung zweitausend Kilometer südlich von Durrell. Vielleicht war es schwach von ihr, doch sie wussten, wie sehr die Invasion ihre Tochter verängstigte. Es war ihr erstes Jahr in der Universität, und sie hatte noch nicht viele Freunde gefunden. Sie wollte eigentlich nur nach Hause, doch die Zivilflüge waren bereits einen halben Tag nach Entdeckung
Weitere Kostenlose Bücher