Drachentempel 01 - Sternenträume
Schwerverbrechens schuldig. Womit wir bei dem kleinen Schwein angekommen wären, das eben einen von meinen Männern erschossen hat.«
»Erschossen?«
»Erschossen. Ich gehe davon aus, dass Sie jede Kenntnis davon abstreiten?«
Myles starrte die Gestalten in ihren Skins an und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er ihre Gesichter hätte sehen können. »Das wusste ich nicht …«
»Natürlich. Ich glaube Ihnen – für den Augenblick. Doch wir werden jede Widerstandsbewegung finden, die Sie zusammengewürfelt haben, und wir werden sie auslöschen. Ich werde nicht dulden, dass Sie unsere Operation stören, und ganz gewiss nicht in diesem Ausmaß.«
»Jemand hat einen Ihrer Leute erschossen?«
»Ja. Und der Platoon Leader scheint zu glauben, dass es eine Falle war, in die seine Leute gelockt wurden.«
»Aber … hatte Ihr Mann denn keinen Skinsuit an?«
»Er hatte. Das ist es, was mir an dieser Geschichte überhaupt nicht gefällt.«
»Gott im Himmel!«
»Ganz recht. Nun, ich nehme an, Sie haben inzwischen von unserer Politik gegenseitiger Sicherheit und Abhängigkeit gehört?«
Die Nachricht vom Tod des Söldners hatte Myles einen heftigen Schock versetzt, und einen Augenblick lang war Panik in ihm aufgestiegen. Zantiu-Braun war noch keine dreißig Minuten in Memu Bay, und schon war der Kommandant gezwungen, über Vergeltungsmaßnahmen nachzudenken. Der Hinweis auf ›gegenseitige Sicherheit‹ schnürte ihm die Brust zusammen. »Habe ich.«
»Selbstverständlich haben Sie.« Ebrey Zhang griff in eine der Taschen an seinem Gürtel und zog ein Bündel weißer Plastikschnüre hervor. »Wir werden tausend ehrbare Bürger von Memu Bay auswählen und ihnen diese Plastikbänder umlegen. Jedes Einzelne enthält eine winzige Ladung eines Nervengifts. Es wirkt schmerzlos; schließlich sind wir keine Wilden, doch es tötet seinen Träger innerhalb von fünf Sekunden, und unnötig zu sagen, dass es kein Gegengift gibt. Jeder Mechanismus hat eine eigene Nummer, und für jeden Akt der Gewalt gegen Zantiu-Braun werden zufällig eine oder mehrere Nummern ausgewählt. Sie werden von unseren Satelliten ausgestrahlt, der Mechanismus wird ausgelöst und der oder die Träger sterben. Sollte jemand versuchen, sein Halsband zu manipulieren oder zu entfernen, entlädt es sich ebenfalls. Und es gibt einen eingebauten Zeitgeber, der alle vierundzwanzig Stunden von den Satelliten zurückgesetzt werden muss, ebenfalls durch Übertragung eines Kodes. Falls also jemand glaubt, er kann entkommen, indem er sich unter der Erde oder in einem abgeschirmten Raum aufhält, so kann er dies nicht länger als vierundzwanzig Stunden lang. Irgendwelche Fragen?«
»Ich denke, Sie haben sich recht unmissverständlich ausgedrückt.«
»Sehr schön. Hoffen wir, dass es funktioniert und dass sich der Mord von heute nicht wiederholt.« Er rieb die Plastikbänder geistesabwesend zwischen seinen dicken Skin-Fingern.
Myles konnte den Blick nicht abwenden. »Wollen Sie mir jetzt auch eins umlegen?«
»Gütiger Gott, nein, Bürgermeister! Was hätte das für einen Sinn? Die Bänder sollen garantieren, dass sich andere vernünftig benehmen, nicht Sie. Wenn Ihre politischen Gegner sehen würden, dass Sie eines tragen, würden sie nach draußen gehen und dem erstbesten meiner Leute einen Stein auf den Kopf schlagen. Verstehen Sie, Bürgermeister, ich möchte Sie gewiss nicht zum Märtyrer machen. Ich möchte lediglich all den schönen Worten von Gegenseitigkeit und Sicherheit Nachdruck verleihen. Lassen Sie mich Ihnen zeigen, wie es funktioniert.« Er drehte sich im Stuhl um und lächelte Francine an, die noch immer mitten in dem kleinen Garten stand.
»Nein!«, rief Myles entsetzt. Er wollte vorspringen, doch eine schwere Skinhand legte sich auf seine Schulter und hielt ihn fest. Es war unmöglich, sie abzustreifen. Tränen traten ihm in die Augen, als der Griff fester und fester wurde, und er war sicher, dass sein Schlüsselbein jeden Augenblick brechen würde.
Ebrey Zhang winkte. Francine warf ihm einen rebellischen Blick zu, doch dann setzte sie ihre Schwester vorsichtig ab und flüsterte ihr ein paar Worte ins Ohr. Melanie rannte durch den Garten davon und verschwand auf der anderen Seite hinter einer Tür. Francine richtete sich kerzengerade auf und kam in Myles’ Arbeitszimmer.
»Ich habe ein Geschenk für dich, Liebes«, sagte Ebrey Zhang. Die Plastikschlaufe öffnete sich.
»Verdammt, Zhang!«, brüllte Myles. »Sie ist doch erst
Weitere Kostenlose Bücher