Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
Vom Netzwerk:
wieder beherrscht. »Ihr mögt Euch fragen, warum ich Euch abgefangen habe, nur um über den Prinzen zu sprechen, doch ich habe ihn aufwachsen sehen und habe ihn sehr gern.«
    Wir blickten einander in die Augen.
    »Lady Jila«, sagte ich nicht minder vorsichtig. »Ich weiß von Eurem … besonderen Interesse an Prinz Kygo.«
    »Aha.« Sie lächelte gezwungen. »Lady Dela?«
    Ich zögerte und nickte dann.
    »Ihr habt Glück, Dela als Beraterin gewonnen zu haben«, sagte Lady Jila. »An diesem Hof geschieht nichts ohne ihr Wissen.« Sie drehte einen schweren Smaragdring an ihrem schlanken Finger. »Dann wisst Ihr sicher auch, warum ich gekommen bin.«
    »Ich kann es mir denken.«
    Sie holte tief Luft. »Lord Eon, ich schließe mich dem Kaiser an und bitte Euch, unseren Sohn zu schützen. Nutzt Eure Macht für seine Belange! Ich glaube, er ist in großer Gefahr.« Zögernd berührte sie mich am Arm. »Aber ich habe noch eine Bitte – freundet Euch mit ihm an. Am Hof gibt es nur wenige junge Männer, die sowohl von ihrer Stellung als auch von ihrer Überzeugung her für so eine Verbindung in Frage kämen. Ihr jedoch steht ihm an Rang kaum nach und habt, wie ich hörte, die gleichen politischen Ziele. Er braucht einen Freund und könnte Euch genauso helfen wie Ihr ihm.«
    »Ihr wollt, dass ich sein Freund werde?«
    »Ja«, sagte sie.
    »Aber Freundschaft lässt sich nicht erzwingen. Weder von seiner noch von meiner Seite aus.«
    Sie lächelte. »Lady Dela hat mir gesagt, dass Ihr über Eure Jahre hinaus weise seid, und das ist offenkundig richtig. Ich bitte Euch nicht darum, Euch um jeden Preis mit dem Prinzen anzufreunden, Mylord. Ich bitte Euch, an die Vorteile zu denken, die es Euch brächte, meinen Sohn zu mögen.«
    Ihre Formulierung ließ mich ungläubig blinzeln – Lady Jila wählte ihre Worte mit ebenso viel Bedacht wie ein Meisterkoch die Haifischflossen für das kaiserliche Mahl.
    »Werdet Ihr das tun?«, fragte sie.
    Ein Schatten an der Tür ließ uns herumfahren. Die aufrech te Gestalt von Prinz Kygo erschien kurz als Silhouette auf der Schwelle. Dann trat er ein und entließ sein Eunuchengefolge mit einem Wink. Lady Jila und ich fielen eilends auf die Knie und verbeugten uns.
    »Versprecht Ihr es?«, fragte sie leise, aber dringlich.
    »Ja«, antwortete ich.
    Der Prinz blieb vor uns stehen. Seine Füße steckten in weichen Lederschuhen, die so königsblau gefärbt waren wie seine Hose.
    »Seid gegrüßt, Lord Eon und Lady Jila. Bitte erhebt Euch«, sagte er. »Lord Eon, wir erwarten Euch bereits im Pavillon.«
    Ich rappelte mich auf und holte tief Luft, als sich meine verspannten Muskeln lockerten. Lady Jila blieb auf den Knien.
    »Es ist meine Schuld, dass Lord Eon sich verspätet hat«, sagte sie und verbeugte sich tiefer. »Bitte vergebt mir, lieber Sohn.«
    Prinz Kygo sah erschrocken auf sie herunter. Wann hatte seine leibliche Mutter ihn zuletzt ihren Sohn genannt? Er sah rasch zu mir herüber und bestätigte damit die Bedeutung dieses Augenblicks und meine besondere Vertrauensstellung. »Dann kann von Schuld keine Rede sein«, sagte er leise, »Mutter.«
    Er streckte die Hand aus und sie nahm sie und erhob sich mit der Anmut einer Tänzerin. Sie lächelten sich an und in ihren Gesichtern stand das gleiche süße Zögern.
    »Ich muss Euch Lord Eon dennoch entführen«, sagte er. »Lehrer Prahn erwartet uns.«
    »Natürlich.« Sie tätschelte seine Hand, ließ sie los und nickte mir zu, wobei mich ihr Blick an mein Versprechen gemahnte. »Auf Wiedersehen, Lord Eon.«
    »Mylady.« Ich nickte höflich und folgte dem Prinzen aus dem Zimmer.
    Im Hof forderte er mich mit einer Handbewegung auf, neben ihm zu gehen, und bedeutete seiner Eunuchenwache mit einer raschen Drehung des Kopfes, sich zurückzuziehen und außer Hörweite zu bleiben. Wir gingen auf dem Gartenweg zum größeren Mitteltor, und die Vögel flatterten in ihren Käfigen auf, als wir an ihnen vorbeikamen. Ich sah, wie er einen raschen Blick auf mein lahmes Bein warf und seinen Schritt unauffällig verlangsamte.
    »Meine Mutter muss eine hohe Meinung von Euch haben, Lord Eon«, sagte er.
    »Das ehrt mich, Hoheit.«
    »Hat sie Euch vielleicht gebeten, Euch mit mir anzufreunden?«
    Ich stolperte und beantwortete damit seine Frage. Er lächelte über mein Staunen.
    »Das war nicht schwer zu erraten«, sagte er. »Meine Mutter ist eine Frau und hält die Bindungen der Freundschaft und Liebe deshalb für stärker als politische Bündnisse.« Er

Weitere Kostenlose Bücher