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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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die Neugier treibt ihn voran. Er quetscht sich durch die Öffnung, die kleine Metalltür streift ihm über den Rücken, den Schwanz entlang, dann fällt sie mit einem leisen Quietschen zu.
    Drinnen.
    Lauscht. Summen. Ticken, ein leises Klirren. Maschinengeräusche. Ansonsten Stille.
    Nicht viel Licht. Nur kleine leuchtende Punkte auf einigen der Maschinen.
    Er hat keine Angst. Nein, nein, nein.
    Er schleicht sich von einer dunklen Stelle zur anderen, linst in die Schatten, lauscht, schnuppert, aber findet das Ding-das-dich-töten-wird nicht, bis er an den Fuß der Treppe kommt. Er sieht nach oben und weiß, dass das Ding irgendwo in einem der Räume dort oben ist.
    Er beginnt die Treppe raufzuklettern, bleibt stehen, läuft weiter, bleibt stehen, guckt nach unten ins Parterre, guckt nach oben, läuft weiter, bleibt stehen und fragt sich das gleiche, was er sich immer an irgendeinem Punkt fragt, wenn er eine Katze jagt: Was macht er eigentlich hier? Wenn es hier kein Futter gibt, keine heiße Hündin, niemanden, der ihn streichelt und krault und mit ihm spielt, warum ist er hier? Er weiß selber nicht warum. Vielleicht ist es einfach das Wesen eines Hundes, sich zu fragen, was hinter der nächsten Ecke, hinter dem nächsten Hügel ist. Hunde sind was Besonderes. Hunde sind neugierig. Das Leben ist seltsam und interessant, und er hat das Gefühl, dass jeder neue Ort und jeder neue Tag ihm etwas so völlig anderes und Besonderes bringen könnten, dass er allein dadurch, dass er es sieht und riecht, die Welt besser verstehen und glücklicher sein wird. Er hat das Gefühl, dass etwas Wunderbares nur darauf wartet, gefunden zu werden, etwas Wunderbares, das er sich nicht vorstellen kann, das aber noch besser ist als Futter und heiße Hündinnen, besser als streicheln, kraulen, spielen, einen Strand entlang laufen, während der Wind ihm ins Fell pustet, eine Katze zu jagen oder sogar noch besser als eine Katze zu fangen, wenn so etwas möglich wäre. Selbst hier an diesem unheimlichen Ort, wo der Geruch von dem Ding-das-dich-töten-wird so stark ist, dass er niesen möchte, fühlt er immer noch, dass hinter der nächsten Ecke etwas Wunderbares sein könnte.
    Und vergiss die Frau nicht, den Jungen. Sie sind nett. Sie haben ihn gern. Vielleicht kann er eine Möglichkeit finden, dass das böse Ding sie ab jetzt in Ruhe lässt.
    Er klettert die Treppe ganz hinauf und landet in einem schmalen Raum. Er trottet dort entlang, schnuppert an den Türen. Ein schwaches Licht hinter einer von ihnen. Und ganz schwer und scharf: der Geruch von dem Ding-das-dich-töten-wird.
    Keine Angst, keine Angst, er ist ein Hund, Anpirscher und Jäger, gut und tapfer, guter Hund, gut.
    Die Tür ist einen Spalt offen. Er steckt seine Nase in die Lücke. Er könnte sie weiter aufstoßen, in den Raum dahinter gehen, doch er zögert.
    Nichts Wunderbares ist hier drin. Vielleicht woanders in diesem Menschenort, vielleicht hinter jeder zweiten Ecke, aber nicht hier drin.
    Vielleicht kann er jetzt einfach gehen, zurück auf den Weg, und nachsehen, ob der dicke Mann ihm noch mehr Futter rausgestellt hat.
    Das sähe einer Katze ähnlich. Sich davonschleichen. Weglaufen. Er ist keine Katze. Er ist ein Hund.
    Aber kriegen Katzen auch schon mal Kratzer auf die Nase, ganz tief rein, blutig und tagelang wund? Interessanter Gedanke. Er hat noch nie eine Katze mit einer zerkratzten Nase gesehen, ist noch nie nahe genug an eine rangekommen, um sie zu kratzen.
    Aber er ist ein Hund, keine Katze, also stößt er gegen die Tür. Sie geht langsam weiter auf. Er geht in den Raum dahinter.
    Junger-Mann-böses-Ding liegt auf schwarzen Tüchern, ein Stück über dem Boden, bewegt sich kein bisschen, macht kein Geräusch, Augen sind geschlossen. Tot? Totes böses Ding auf schwarzen Tüchern.
    Er trottet näher, schnuppert.
    Nein. Nicht tot. Schläft.
    Das Ding-das-dich-töten-wird isst, es macht Pipi, und jetzt schläft es, also ist es in vielen Dingen wie ein Mensch, auch wie ein Hund, selbst wenn es weder Mensch noch Hund ist.
    Was nun?
    Er starrt auf das schlafende böse Ding und überlegt sich, wie er zu ihm rauf springen würde, ihm ins Gesicht bellen, es aufwecken, es erschrecken, dann würde es vielleicht nicht mehr zu der Frau und dem Jungen kommen. Er könnte es sogar beißen, nur ein kleines bisschen, ausnahmsweise mal ein böser Hund sein, nur um der Frau und dem Jungen zu helfen, es ins Kinn beißen. Oder in die Nase.
    Es sieht nicht so gefährlich aus, wenn es

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