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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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faselndem Gekreisch verfallen, die Tanya das Blut gefrieren ließen.
    Aus dem Schlaf kam die geisterhafte Stimme: »… die Welt steht in flammen… Ströme von Blut… Feuer und Blut… ich bin die Mutter der Hölle… Gott hilf mir, ich bin die Mutter der Hölle…*
    Tanya hätte den Thermostaten gern höher gestellt, doch sie wusste, dass es im Zimmer schon jetzt ein bisschen zu warm war. Die Kälte, die sie spürte, war in ihr, nicht draußen.
    »… so ein kaltes Hirn… totes Herz… schlägt, aber ist tot…«
    Tanya fragte sich, was die arme Frau erduldet haben musste, dass sie in einen so schrecklichen Zustand geraten war. Was hatte sie gesehen? Was hatte sie erlitten? Was für Erinnerungen suchten sie heim?
     

Kapitel 19
     

    Das Green House am Pacific Coast Highway bestand aus einem großen, typisch kalifornischen Restaurant, in dem es selbst für Harrys Geschmack zu viele Farne und Hängepflanzen gab, und einer ziemlich großen Bar, wo die Gäste, die keine Farne mehr sehen konnten, das Grünzeug seit langem dadurch unter Kontrolle hielten, dass sie seine Erde ab und zu mit ein paar Tropfen Whiskey vergifteten. Die Restaurantseite war um diese Uhrzeit geschlossen.
    Die beliebte Bar war bis zwei Uhr morgens geöffnet. Sie war in einem in Schwarz, Silber und Grau gehaltenen Art-deco-Stil umgestaltet worden, der nichts mit dem angrenzenden Lokal zu tun hatte, ein angestrengter Versuch, schick zu sein. Doch man servierte Sandwichs zu den Getränken.
    Inmitten verkümmerter und gelb werdender Pflanzen hingen etwa 30 Gäste herum, die tranken, erzählten und der von einer Vier-Mann-Combo gespielten Jazzmusik lauschten. Die Musiker gaben launige, pseudomoderne Versionen berühmter Nummern aus der Big-Band-Ära zum besten. Zwei Paare, die nicht merkten, dass sich die Musik besser zum Zuhören eignete, tanzten mutig zu quasimelodischen Stücken, die sich durch ständige Tempowechsel und ausschweifende Improvisationen auszeichneten und selbst Fred Astaire oder Barischnikow abgeschreckt hätten.
    Als Harry und Connie hereinkamen, warf ihnen der etwa dreißigjährige Geschäftsführer einen zweifelnden Blick zu. Er trug einen Armani-Anzug, eine handgemalte Seidenkrawatte und wunderschöne Schuhe, die so weich aussahen, als wären sie aus einem ungeborenen Kalb hergestellt worden. Seine Fingernägel waren manikürt, seine Zähne perfekt überkront und seine Haare dauer gewellt. Er gab einem der Barkeeper unauffällig ein Zeichen, zweifellos um ihm zu helfen, sie rauszuschmeißen.
    Abgesehen von dem getrockneten Blut im Mundwinkel und dem Bluterguss, der gerade erst anfing, die eine Hälfte ihres Gesichts völlig zu verfärben, war Connie noch halbwegs vorzeigbar, wenn auch ein wenig zerzaust, aber Harry war schon ein Anblick für sich. Seine Sachen, die nach dem strömenden Regen ausgebeult und aus der Form gegangen waren, waren verknitterter als das Leichentuch einer Mumie. Sein Hemd, das ursprünglich frisch und weiß gewesen war, war jetzt grau marmoriert und roch nach Rauch von dem Feuer in seiner Wohnung, dem er knapp entronnen war. Seine Schuhe waren abgewetzt, zerkratzt und dreckig. Seine Stirn wurde von einer feuchten, blutigen Schürfwunde von der Größe eines 25-Cent-Stücks entstellt. Er hatte kräftige Bartstoppeln, weil er sich seit achtzehn Stunden nicht mehr rasiert hatte, und seine Hände waren von der Wühlerei in dem Erdhaufen auf Ordegards Wiese verdreckt. Ihm war bewusst, dass er wahrscheinlich so aussah, als sei er nur einen gefährlichen Schritt von dem Penner vor der Bar entfernt, dem Connie gerade mit Zwangsentzug gedroht hatte, und dass er sogar in diesem Augenblick vor dem finsteren Blick des Geschäftsführers noch weiter sozial abstieg.
    Gestern noch wäre es Harry äußerst peinlich gewesen, sich in einem derart derangierten Zustand in der Öffentlichkeit zu zeigen. Jetzt war es ihm ziemlich egal. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, am Leben zu bleiben, um sich über ein gepflegtes Äußeres und angemessene Kleidung Gedanken zu machen.
    Bevor man sie aus dem Green House rausschmeißen konnte, zückten beide ihre Ausweise vom Special Projects.
    »Polizei«, sagte Harry.
    Kein Generalschlüssel, kein Passwort, kein Adelsverzeichnis, keine königliche Abstammung öffneten einem so wirksam alle Türen wie eine Dienstmarke, öffnete sie zwar oft genug knirschend, aber öffnete sie trotzdem.
    Es half auch, dass Connie so war, wie sie nun mal war.
    »Nicht bloß Polizisten«, sagte sie,

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