Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Roten Königin getreten, und kein Plan und keine Logik würden im Land des Verrückten Hutmachers und der Cheshire-Katze funktionieren, wo man Vernunft verachtete und dem Chaos frönte.
     

Kapitel 22
     

    »Elf… zwölf… wenn ich euch finde, seid ihr tot… dreizehn…«
    Bryan hatte so viel Spaß.
    Er lümmelte sich nackt auf den schwarzen Seidenlaken, eifrig dabei, zu schaffen und glorreich zu Werden, während ihn die Votivaugen aus ihren Glasreliquiaren ehrfürchtig betrachteten.
    Doch ein Teil von ihm steckte in dem Golem, was auch aufregend war. Diesmal hatte er das Geschöpf größer gemacht, eine wilde und nicht zu stoppende Tötungsmaschine, um den großkotzigen Helden und sein Weibsstück besser terrorisieren zu können. Die gewaltigen Schultern des Geschöpfes waren gleichzeitig seine Schultern, und er konnte auch seine kräftigen Arme benutzen. Es war so erregend, diese Arme anzuspannen und die unmenschlichen Muskeln spielen zu lassen, dass er kaum seine Aufregung über die bevorstehende Jagd im Zaum halten konnte.
    »… sechzehn… siebzehn… achtzehn…«
    Er hatte diesen Riesen aus Erde, Lehm und Sand gemacht, seinem Körper das Aussehen von Fleisch gegeben und ihn belebt - genauso wie der erste Gott Adam aus leblosem Schlamm geschaffen hatte. Obwohl es seine Bestimmung war, eine unbarmherzigere Gottheit zu sein als alle, die ihm vorangegangen waren, konnte er sowohl schaffen als auch zerstören; niemand konnte behaupten, dass er ein geringerer Gott als die anderen sei, die geherrscht hatten, niemand. Niemand.
    Während er mitten auf dem Pacific Coast Highway stand, dort emporragtet blickte er über die bewegungslose und schweigsame Welt und war zufrieden mit dem, was er herbeigeführt hatte. Das war seine Größte und Geheimste Kraft, die Fähigkeit, einfach alles anhalten zu können, wie ein Uhrmacher einen tickenden Chronometer anhielt, indem er das Gehäuse öffnete und das richtige Werkzeug an der entscheidenden Stelle im Mechanismus ansetzte.
    »… vierundzwanzig „. fünfundzwanzig…«
    Diese Kraft war während eines seiner übersinnlichen Wachstumsschübe in ihm entstanden, und zwar als er sechzehn war; er hatte allerdings erst mit achtzehn gelernt, sie richtig zu nutzen. Das war zu erwarten gewesen. Auch Jesus hatte Zeit gebraucht, um zu lernen, wie man Wasser in Wein verwandelte und wie man ein paar Brotlaibe und einige Fische vermehrte, um Massen von Menschen satt zu kriegen.
    Wille. Die Kraft des Willens. Das war das geeignete Werkzeug, um die Realität neu zu schaffen. Vor Anbeginn der Zeit und der Geburt dieses Universums hatte es einen Willen gegeben, der das Ganze zum Leben erweckt hatte, ein Bewusstsein, das die Menschen Gott nannten, obwohl Gott zweifellos ganz anders war als all die Bilder, die sich die Menschheit von Ihm gemacht hatte - vielleicht ein spielendes Kind, das nur aus Spaß Galaxien wie Sandkörner schuf. Wenn das Universum ein aus Willenskraft geschaffenes Perpetuum mobile war, dann konnte es auch durch bloßen Willen neu geschaffen oder zerstört werden. Alles, was man brauchte, um die Schöpfung des ersten Gottes zu manipulieren und zu bearbeiten, waren Macht und Verstand; beides war Bryan gegeben worden. Die Atomkraft war ein schwaches Licht, verglichen mit der blendend hellen Macht des Verstandes. Er stellte fest, dass er durch Einsatz seines Willens, indem er Denken und Verlangen aufs äußerste konzentrierte, selbst die Grundlagen des Seins fundamental verändern konnte.
    »… einunddreißig… zweiunddreißig… dreiunddreißig…«
    Weil er immer noch alles daransetzte zu Werden, noch nicht der neue Gott war, konnte Bryan diese Veränderungen nur über kurze Phasen aufrechterhalten, normalerweise nicht länger als eine Stunde realer Zeit. Gelegentlich machten ihn diese Beschränkungen ungeduldig, doch er war sicher, dass der Tag kommen würde, an dem er die gegenwärtige Realität dauerhaft verändern konnte, wenn er das wollte. In der Zwischenzeit, während er immer weiter Wurde, befriedigte er sich mit amüsanten Veränderungen, die vorübergehend alle physikalischen Gesetze außer Kraft setzten und zumindest für kurze Zeit die Realität nach seinen Wünschen gestalteten.
    Auch wenn es Lyon und Gulliver wahrscheinlich so vorkam, als ob die Zeit stillstände, war es in Wahrheit komplizierter. Mit Hilfe seines außergewöhnlichen Willens - ähnlich wie das Wünschen, bevor man die Kerzen auf dem Geburtstagskuchen ausblies - hatte er das Wesen der

Weitere Kostenlose Bücher