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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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verriegeln, sich geborgen fühlen und wie der Teufel losfahren, aber sie konnte es nicht, sie wagte nicht, ihm den Rücken zuzudrehen. Sie wusste, sie würde niedergeschlagen und in Stücke gerissen werden, trotz der versprochenen Gnadenfrist von sechzehn Stunden. Denn er wollte, dass sie seine Verwandlung beobachtete, forderte das geradezu und wäre rasend vor Zorn gewesen, wenn man ihn ignorierte.
    Die Mächtigen waren äußerst stolz auf ihre Macht. Die Götter der Angst hatten das Bedürfnis, sich in Pose zu werfen und bewundert zu werden, damit sie sahen, wie ihre Macht diejenigen erniedrigte und in Angst versetzte, die vor ihnen machtlos waren.
    Das aufgeblähte Gesicht des Polizisten begann zu schmelzen, seine Gesichtszüge liefen ineinander, die Augen verflüssigten sich zu roten Tümpeln voll heißen Öls, das öl sickerte in seine teigigen Wangen, bis er keine Augen mehr hatte, die Nase rutschte in den Mund, die Lippen dehnten sich über Kinn und Wangen aus, dann gab es kein Kinn und keine Wangen mehr, nur noch eine triefende Masse. Doch sein wachsartiges Fleisch dampfte nicht und tropfte auch nicht auf den Boden. Also war das Vorhandensein von Hitze wahrscheinlich eine Illusion.
    Vielleicht war alles eine Illusion, Hypnose. Das würde vieles erklären, zwar auch neue Fragen aufwerfen, aber vieles erklären.
    Sein Körper pulsierte, wand und veränderte sich unter seinen Kleidern. Dann verschmolzen seine Kleider mit seinem Körper, als ob es nie richtige Kleider gewesen wären, sondern nur ein weiterer Teil von ihm. Kurzfristig war die neue Form, die er annahm, mit einem verfilzten schwarzen Fell bedeckt, ein stark in die Länge gezogener Kopf begann sich auf einem mächtigen Hals zu bilden, gekrümmte, knotige Schultern, Hass erfüllte gelbe Augen, dazu heimtückische Zähne und fünf Zentimeter lange Krallen, die den Eindruck von Wildheit unterstrichen, ein Werwolf wie aus dem Film.
    Bei den vorherigen vier Malen, als ihr dieses Ding erschienen war, hatte es sich jeweils in einer anderen Form gezeigt, als ob es sie mit seinem Repertoire beeindrucken wollte. Doch auf das, was jetzt kam, war sie nicht vorbereitet. Es gab die Wolfsgestalt auf, noch bevor der Körper vollkommen geformt war, und nahm wieder eine menschliche Gestalt an, allerdings nicht die des Cops. Vince. Auch wenn die Züge des Gesichts noch nicht einmal zur Hälfte entwickelt waren, glaubte sie, dass es sich in das ihres toten Mannes verwandeln würde. Das dunkle Haar war das gleiche, die Form der Stirn, die Farbe des einen bösartigen, hellen Auges.
    Die Auferstehung von Vince, der seit einem Jahr unter dem Wüstensand von Arizona begraben war, erschütterte Janet mehr als alles andere, was das Wesen bisher getan hatte oder wie es sich gezeigt hatte, und endlich schrie sie vor Angst. Danny schrie ebenfalls und klammerte sich noch fester an sie.
    Der Hund hatte nicht das wankelmütige Herz eines Streuners. Er hörte auf zu jaulen und verhielt sich, als ob er bereits als Welpe bei ihnen gewesen wäre. Er fletschte die Zähne, knurrte wütend und schnappte warnend in die Luft.
    Das Gesicht von Vince blieb zwar unfertig, doch sein Körper nahm Gestalt an. Er war nackt, so wie er gewesen war, als sie ihn im Schlaf überwältigt hatte. In seiner Kehle sowie in Brust und Bauch glaubte sie die Schnitte von dem Küchenmesser zu sehen, mit dem sie ihn umgebracht hatte, klaffende Wunden, die zwar nicht bluteten, aber dunkel, offen und schrecklich waren.
    Vince hob einen Arm und streckte ihn nach ihr aus.
    Der Hund griff an. Das halsbandlose Leben auf den Straßen hatte Woofer keineswegs schwach oder kränklich gemacht. Er war ein kräftiges, gut gebautes Tier, und als er sich auf die Erscheinung stürzte, schien er so leicht wie ein Vogel abzuheben.
    Sein Knurren brach ab, und er wurde auf wundersame Weise in der Luft gestoppt, den Körper in Angriffshaltung, als ob er nur ein Bild auf einem Videoband wäre, nachdem jemand auf »Pause« gedrückt hatte. In der Bewegung erstarrt.
    Schaumiger Geifer schimmerte wie Raureif an seinen schwarzen Lippen und im Fell um sein Maul herum, und seine Zähne glänzten so kalt wie zwei Reihen kleiner, spitzer Eiszapfen.
    Der Eukalyptuszweig mit den silbrig grünen Blättern schwebte rechts von Janet, der Hund links. Die Atmosphäre schien zu Kristall geworden zu sein und Woofer für die Ewigkeit in diesem Anfall von Mut festzuhalten, doch Janet war in der Lage zu atmen, wenn sie daran dachte, es zu

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