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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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bot - zerzaust, bleich und wild um sich schauend.
    Er konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass er unangenehm auffiel. Er hatte sein Leben auf den Prinzipien Mäßigung, Ordnung und Selbstbeherrschung aufgebaut.
    Widerwillig kehrte er in sein Büro zurück. Er nahm einen Korkuntersetzer aus der obersten Schreibtischschublade, legte ihn auf das Notizbuch und stellte den tropfenden Becher darauf.
    Er hatte immer eine Rolle Papierhandtücher und eine Dose Windex Spray in der unteren Schublade in einem der Aktenschränke. Er putzte sich die vom Kaffee feuchten Hände mit ein paar Blättern ab, dann wischte er über den nassen Becher.
    Er stellte zufrieden fest, dass seine Hände nicht zitterten.
    Was auch immer für teuflische Machenschaften da im Gange waren, er würde es schließlich herausfinden und damit fertig werden. Er konnte mit allem fertig werden. Das war schon immer so. Würde auch immer so sein. Selbstbeherrschung. Das war der Schlüssel.
    Er atmete mehrmals langsam und tief durch. Mit beiden Händen strich er sich die Haare aus der Stirn zurück.
    Der düstere Himmel, der schwer wie eine Schiefertafel über allem lastete, hatte es früh dämmern lassen. Es war erst wenige Minuten nach fünf, eine Stunde vor Sonnenuntergang, doch der Tag hatte einer verlängerten Abenddämmerung das Feld geräumt. Harry schaltete die Leuchtstoffröhren an der Decke ein.
    Ein oder zwei Minuten stand er vor dem teilweise beschlagenen Fenster und beobachtete, wie es wie aus Kübeln auf den Parkplatz goss. Das Gewitter war lange vorbei, und die Luft war zu schwer, als dass ein Wind aufkommen konnte, deshalb war der Regen von einer tropischen Intensität, einer mörderischen Erbarmungslosigkeit, die an uralte Mythen denken ließ, in denen es um göttliche Bestrafung ging, um Archen und verlorene Kontinente, die unter dem sich aufbäumenden Meer versunken waren.
    Etwas ruhiger kehrte er zu seinem Schreibtischsessel zurück und drehte sich zum Computer. Er wollte gerade die Datei mit dem Bericht aufrufen, die er abgespeichert hatte, bevor er in den Flur ging, um Kaffee zu holen, als er merkte, dass der Bildschirm nicht leer war, wie er hätte sein sollen.
    Eine weitere Datei war in seiner Abwesenheit angelegt worden. Sie bestand aus einem einzigen Wort, das mitten auf dem Bildschirm stand: TICKTACK.
     

Kapitel 13
     

    Kurz vor sechs kam Connie Gulliver vom Schauplatz des Verbrechens ins Büro zurück. Ein schwarz-weißes Dienstfahrzeug der Polizei von Laguna Beach hatte sie mitgenommen. Sie schimpfte über die Medien, insbesondere über einen Fernsehreporter, der ihr und Harry aus Gott weiß was für einem Grund den Spitznamen »Batwoman und Batman« gegeben hatte, vielleicht weil es bei ihrer verzweifelten Verfolgung von James Ordegard so tollkühn zugegangen war, oder vielleicht auch nur, weil auf dem Dachboden, wo sie den Scheißkerl erwischt hatten, ein Haufen Fledermäuse gewesen war. Journalisten der elektronischen Medien hatten nicht immer erkennbar logische Gründe oder glaubwürdige Entschuldigungen für manche Dinge, die sie taten oder sagten. Die Nachrichten zu übermitteln war für sie weder eine heilige Verantwortung noch ein Dienst an der Öffentlichkeit, sondern Showbusiness, etwas, wo man mehr Glitzer und Glimmer als Fakten und Zahlen brauchte. Connie war lange genug dabei, um das alles zu wissen und sich damit abzufinden, aber sie war trotzdem wütend und redete auf Harry ein, sobald sie zur Tür hereinkam.
    Er war eben erst mit dem Papierkram fertig geworden, als sie kam, weil er die letzte halbe Stunde herumgetrödelt hatte, um auf sie zu warten. Er hatte sich entschlossen, ihr von dem Tramp mit den blutroten Augen zu berichten, zum Teil weil sie seine Partnerin war und er ungern etwas Wichtiges vor einem Partner verbarg. Er und Ricky Estefan hatten sich immer alles erzählt, was einer der Gründe war, weshalb er Ricky besucht hatte, bevor er zum Special Projects zurückgefahren war, der andere Grund war, dass er Rickys Rat und Verständnis schätzte. Ob der bedrohliche Penner nun real war oder nur ein Symptom für einen mentalen Zusammenbruch, Connie hatte ein Recht, davon zu erfahren.
    Falls diese schmutzige, gespenstische Gestalt tatsächlich Einbildung war, würde ein einfaches Gespräch mit jemandem das Trugbild möglicherweise schon zum Platzen bringen. Vielleicht würde der Penner dann nie mehr auftauchen.
    Harry wollte es ihr aber auch deshalb erzählen, weil er dadurch einen Grund hatte, mit ihr

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