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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ihnen wandelte, zumindest nicht, bis seine Macht vervollkommnet war und seine Verwundbarkeit gleich Null.
    Das war auch der Grund, weshalb er sich vorläufig in erster Linie auf Obdachlose beschränkte. Falls einer von denen melden sollte, dass er von einem Dämon gequält wurde, der seine Form beliebig verändern konnte, würden seine Beschwerden als Fantasien eines geistig gestörten Penners abgetan, der alkohol- und drogenabhängig war. Und wenn solche Leute von der Erdoberfläche verschwanden, würde sich niemand die Mühe machen herauszufinden, was mit ihnen passiert war. Schon bald jedoch würde er in der Lage sein, Menschen aus allen Gesellschaftsschichten heilige Angst und göttliche Strafe zu bescheren.
    Deshalb übte er.
    Wie ein Zauberer, der seine Geschicklichkeit verbesserte.
    Kontrolle. Kontrolle.
    Am Strand erhob sich die geflügelte Kreatur aus dem Sand, aus dem sie geboren war. Sie flog flügelschlagend in die Nacht wie ein entsprungener Wasserspeier, der an seinen Platz an der Kathedrale zurückkehrt. Vor seinem Fenster blieb sie in der Luft stehen und starrte mit leuchtend gelben Augen herein.
    Obwohl dieser Flugsaurier nur ein hirnloses Ding war, bevor er einen Teil von sich hineinprojizierte, war er dennoch eine eindrucksvolle Schöpfung. Seine riesigen lederartigen Flügel teilten elegant die Luft, und er konnte sich problemlos vom Aufwind entlang der Klippe tragen lassen.
    Bryan war sich der Augen in den Gläsern hinter ihm bewusst. Sie starrten. Beobachteten ihn erstaunt, bewundernd und voller Verehrung.
    »Verschwinde«, sagte er zu dem Flugsaurier und gestattete sich wegen seiner Zuschauer eine gewisse Theatralik.
    Das geflügelte Reptil verwandelte sich in Sand und regnete unten auf den Strand.
    Genug der Spielerei. Er hatte zu arbeiten.
     

Kapitel 5
     

    Harrys Honda parkte unter einer Straßenlaterne in der Nähe des Rathauses.
    Die ersten Nachtfalter des Frühjahrs, die nach dem Regen herausgekommen waren, machten Sturzflüge um das Licht herum. Ihre riesigen, verzerrten Schatten tanzten auf dem Auto.
    Als Connie mit Harry über den Bürgersteig zu dem Honda ging, sagte sie: »Gleiche Frage. Was nun?«
    »Ich will in Ordegards Wohnung und mich dort etwas umsehen.«
    »Wozu.«
    »Ich hab’ keine Ahnung. Aber es ist das einzige, was mir noch zu tun einfällt. Falls du keine Idee hast.«
    »Ich wünschte, ich hätte eine.«
    Als sie näher an das Auto herankamen, sah Connie am Rückspiegel etwas baumeln, rechteckig und leicht durch den Schatten der Motten schimmernd, die über die Windschutzscheibe huschten. Soweit sie sich erinnerte, hatte kein Lufterfrischer und auch kein Zierrat an dem Spiegel gehangen.
    Sie saß als erste im Auto und sah sich das silbrige Rechteck aus der Nähe an. Es baumelte an einem roten Band von der Halterung des Spiegels. Zunächst war ihr nicht klar, was es war. Sie nahm es in die Hand, drehte es, damit das Licht besser darauf fiel, und sah, dass es sich um eine handgemachte Gürtelschnalle handelte, in die Motive aus dem Südwesten graviert waren.
    Harry setzte sich hinters Steuer, knallte seine Tür zu und sah, was sie in der Hand hielt.
    »O Gott«, sagte Harry. »O Gott, Ricky Estefan.«
     

Kapitel 6
     

    Die meisten Rosen waren von dem Regen ramponiert, doch ein paar Blüten hatten den Sturm unbeschadet überstanden. Sie bewegten sich sanft im Nachtwind auf und ab. Die Blütenblätter fingen das Licht auf, das aus den Küchenfenstern drang, und schienen es zu verstärken, dadurch leuchteten sie, als ob sie radioaktiv wären.
    Ricky saß am, Küchentisch, von dem er seine Werkzeuge und derzeitigen Arbeiten abgeräumt hatte. Er hatte vor über einer Stunde zu Abend gegessen und schlürfte seitdem Portwein. Er wollte sich einen antrinken.
    Bevor er den Bauchschuss abbekommen hatte, war er kein großer Trinker gewesen, doch wenn er früher mal was trinken wollte, dann waren es Tequila und Bier gewesen. Ein Gläschen Sauza und eine Flasche Tecate waren das Ausgefallenste, was er sich je erlaubt hatte. Doch nach all den Unterleibsoperationen, die er durchgemacht hatte, bekam er von einem einzigen Gläschen Sauza - oder einem anderen harten Schnaps - heftiges Sodbrennen, das fast den ganzen Tag anhielt. Das gleiche galt für Bier.
    Er stellte fest, dass er Likör ganz gut vertrug, aber um sich mit Baileys Irish Cream, Pfefferminzlikör oder Midori zu betrinken, musste man so viel Zucker schlucken, dass seine Zähne längst verfault gewesen wären, bevor er

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