Drachenwacht: Roman (German Edition)
berichten, abgesehen von der Wahl seiner Ehefrau. Und nun trat Woolvey näher und runzelte die Stirn, als er keine Antwort bekam. Laurence war aus dem runden Schein der Straßenlaterne getreten, und sein Gesicht wurde vom Schmutz, den er aufgetragen hatte, verdunkelt. Doch er konnte jeden Augenblick erkannt werden, und dann wäre alles zu Ende: Ein kurzer Aufschrei würde ausreichen, um zehn Männer der Garde von der Feier nach draußen zu ziehen, ob Woolvey das nun beabsichtigte oder nicht.
Laurence trat mit zwei schnellen Schritten neben Woolvey, packte ihn am Arm und bedeckte seinen Mund mit der anderen Hand. »Sagen Sie nichts«, zischte er leise und drohend, während er in Woolveys weit aufgerissene Augen starrte. »Haben Sie begriffen? Kein Wort; nicken Sie, wenn Sie mich verstanden haben.«
Woolveys Begleiter sagte: »Was machen Sie…« und brach ab. Tharkay hatte ihn von hinten gegriffen und ihm ebenfalls die Hand über den Mund gelegt.
Woolvey nickte, und als Laurence seine Hand wieder wegnahm, sagte er sofort: »William Laurence? Was zum Teufel machen Sie hier …«, doch sofort wurde ihm wieder der Mund zugehalten.
Die Tür des Hauses öffnete sich, und ein Dienstbote warf einen besorgten Blick heraus. »Ins Haus«, befahl Laurence. »Rasch, um Himmels willen«, und halb schob er Woolvey die Treppe empor, ehe sie Aufmerksamkeit auf sich zogen. Der Dienstbote wusste nicht, wie
er ihre plötzliche Eile verstehen sollte und wich zurück. Tharkay und Woolveys Begleiter – ein Gentleman, den Laurence vage als Mr. Sutton-Leeds identifizierte – waren ihnen unmittelbar auf den Fersen.
Tharkay ließ Sutton-Leeds los, sobald sie im Innern des Hauses angekommen waren, und riss dem Dienstboten die Tür aus der Hand, um sie selbst zu schließen. »Was um alles in der Welt…«, begann der Mann. »Ist das ein Überfall?« Seine Stimme klang eher ungläubig als erschrocken.
»Nein. Bleiben Sie hier und, um Gottes willen, wecken Sie nicht das ganze Haus auf«, fuhr Laurence den Dienstboten an, der versuchte, den Glockenzug zu erreichen. »Es ist so schon kompliziert genug …« Dann brach er ab. Edith erschien am Kopf der Treppe, in einem Nachthemd und mit Haube, und sie sagte: »Bertram, darf ich dich bitten, so leise zu sein, wie du nur irgend kannst? James ist gerade erst eingeschlafen …«
Einen Moment lang herrschte allgemeines, unbehagliches Schweigen, bis Woolvey es brach, indem er wichtigtuerisch sagte: »Ich denke, Sie sollten besser eine Erklärung abgeben, Laurence, was dieses Eindringen in mein Haus zu bedeuten hat.«
»Nichts«, sagte Laurence nach kurzem Bedenken, »außer dass ich verhindern wollte, dass Sie die Aufmerksamkeit der Franzosen auf sich ziehen. Wir dürfen nicht erkannt werden.« Seine Hand umklammerte ohne jeden ersichtlichen Grund die Pistole an seiner Taille. Dieser Narr, dieser verdammte Narr, der seine Frau und sein Kind inmitten einer Belagerungsarmee behielt, anstatt sie fortzuschaffen. Laurence hatte kein Recht dazu, wie er wusste, doch er konnte sich nicht zurückhalten zu fragen: »Warum in Gottes Namen haben Sie nicht die Stadt verlassen?«
»Masern«, fiel Edith von der Treppe aus ein. Sie war halb heruntergekommen und stand nun auf einem Absatz. Ihr Gesicht wirkte gefasst, aber ihre Hand umklammerte das Geländer. »Der Arzt sagte, der Säugling dürfe nicht bewegt werden.« Sie hielt inne, dann fügte sie sehr ruhig hinzu: »Die Franzosen haben uns nicht behelligt. Ein
Offizier kam, um uns zu befragen, aber er war ausgesprochen höflich.«
»Nicht dass wir Sympathisanten sind, wenn Sie das nun andeuten wollen … Warten Sie«, unterbrach Woolvey, »habe ich nicht gehört… Sie seien …« Er stockte und verlangte unmissverständlich nach einer Erklärung, die Laurence ihm keinesfalls zu geben wünschte.
»Sie müssen verzeihen; ich weiß nicht, was Sie gehört haben«, sagte Laurence. »Ich bedauere aus tiefstem Herzen, dass wir Ihnen Schwierigkeiten machen, aber wir sind auf einer dringenden Mission, und sie ist nicht der Natur, dass wir sie in ihrer Empfangshalle besprechen könnten.«
»Dann kommen Sie doch in den Salon und diskutieren Sie Ihren Auftrag dort«, sagte Sutton-Leeds. Er war mehr als nur ein wenig betrunken, wenn er auch noch klar sprechen konnte. »Geheimauftrag, wunderbar. Ich würde nur zu gerne etwas gegen diese verdammten Frösche unternehmen, die durch die Stadt stolzieren, als ob sie ihnen gehörte.«
Auch Woolvey war nicht
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