Drachenwacht: Roman (German Edition)
Eis die Straße unpassierbar gemacht hatten. Der Winter war nun endgültig über sie hereingebrochen, und sie gerieten immer tiefer hinein, da sie Richtung Norden marschierten. Schließlich erhob sich eines klaren Morgens die Cairngorm-Bergkette erschreckend nahe vor ihnen, und das gefrorene, schwarze Wasser des Loch Laggan lag zum Greifen nahe. In großer Höhe thronte die Burg über dem See.
»Oh, endlich«, stieß Temeraire erleichtert aus und sah auf den Hof mit den beheizten Steinen, die sich dunkel und frei von Schnee von der Umgebung abhoben.
Aber Laurence sah woanders hin: Es saß bereits ein Drache im Hof, ein Papillon Noir, der prächtig mit schimmernden Streifen in Blau und Grün bedeckt war und es sich zusammengerollt auf den Steinen gemütlich gemacht hatte. Von seinen Schultern wehte die weiße Flagge eines Unterhändlers neben der Trikolore.
12
Es war eine enorme Erleichterung, die letzte Ladung von Männern und Proviant abzusetzen. Temeraire verstand natürlich die Notwendigkeit, ebenso schnell wie Napoleon voranzukommen, und selbst wenn er Zweifel gehegt hätte, hätten ihm Perscitias Kalkulationen deutlich gezeigt, wie schnell sich ein Unterschied von dreißig Meilen Tag für Tag auswirkte, auch wenn es nur wie ein paar läppische Flugstunden erschien. Aber es war so ermüdend mit diesen Flügen, kurz wie ein Katzensprung, immer hin- und herzupendeln: eine Stunde in der Luft, dann die Männer abladen und sofort zurückfliegen, um die nächste Fuhre aufzuladen. Es war unmöglich, schnell oder ungehemmt zu fliegen, wenn sich so viele Männer an die behelfsmäßigen Geschirre klammerten. Und dann war da noch die unangenehme Sache mit ihrer Notdurft. Temeraires eigene Mannschaft war wunderbar in der Lage, diese Angelegenheit zu regeln, ohne ihn zu beschmutzen, und selbst die kleine Roland hatte alles im Griff. Da die Passagiere nur eine, höchstens zwei Stunden an Bord waren, fand Temeraire es nicht zu viel verlangt, wenn er sie bat, sich mal ein bisschen zurückzuhalten, selbst wenn sie eng und dicht gedrängt saßen. Aber einige von ihnen schafften es einfach nicht, und sobald Temeraire auch nur ein wenig abtauchte, um eine bessere Luftströmung einzufangen, oder sich drehte, um den Aufwind zu nutzen, konnte er sicher sein, besudelt zu werden. Es war ein Leichtes zu sagen, dass er ja schließlich Schuppen zum Schutz hatte; er würde eine Woche lang jeden Tag baden müssen, um sich wieder richtig sauber fühlen zu können.
Aber der See war vollkommen zugefroren, sodass er sich erst mal damit zufrieden geben musste, sich im dicken Schnee der benachbarten
Hügel zu wälzen, bis er zwar überall nass, ihm aber auch entsetzlich kalt war.
Das Lager wuchs mit jedem Tag, während sie immer mehr Soldaten durch die Luft beförderten, und mittlerweile kamen die Offiziere in gleichmäßigen Gruppen zur Burg hoch, um dort zu essen. Ihre Pferde ließen sie unten bei den Ställen zurück. Loch Laggan verfügte über eine ansehnliche Viehherde, und wenn die unangeschirrten Drachen gefressen hatten, zogen sie niedrige Kreise und fochten mithilfe schwieriger Flugmanöver die Landeplätze auf dem Hügel aus, denn es standen der begehrte Hof und seine nähere Umgebung zur Verfügung, aber auch entlegenere Lichtungen.
»Glaubst du«, wandte sich Temeraire flüsternd an Laurence, als er es sich glücklich und zufrieden auf den höchst angenehmen, backofenheißen Steinen im Hof gemütlich gemacht hatte, »glaubst du, Celeritas hat mir verziehen, dass ich ihn angelogen habe?« Er hob den Kopf und sah auf das Gewimmel von Drachen: Mittelgewichte versuchten, sich zwischen ihn, Requiescat, Ballista und Armatius zu quetschen, wobei Letzterer klammheimlich einen Platz zwischen den Schwergewichten beansprucht hatte, weil Gentius noch immer auf seinem Rücken schlummerte. Die Leichtgewichte und Kurierdrachen hockten auf den Mauern und Zinnen und warteten, bis die verdrängten Mittelgewichte aufgaben und sie ihr eigenes Gezanke um einen guten Platz beginnen konnten.
Majestatis hatte sich aus allen Rangeleien herausgehalten und sich eine Stelle unmittelbar auf der anderen Seite der Mauer in südlicher Richtung gesucht: Temeraire konnte hören, wie Perscitia aufgebracht mit ihm stritt. »Du solltest dir einen Platz im Hof sichern«, sagte sie.
»Ich fühle mich hier sehr wohl«, erwiderte Majestatis friedlich.
»Aber du würdest dich im Hof noch viel wohler fühlen«, beharrte Perscitia, »und du würdest dort auch sofort
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