Drachenwacht: Roman (German Edition)
lassen.«
Er sprach Englisch mit einem sonderbaren Akzent, und viele der Drachen sahen interessiert auf. »Natürlich sind die viel größer«, fuhr der Papillon fort. »Also muss niemand draußen schlafen, der nicht will. Und es führt ein netter, kleiner Fluss an ihnen vorbei, sodass man nur ein bisschen den Hals recken muss, wenn man was trinken möchte. Aber hier ist es ja auch warm, wenigstens wenn es nicht regnet oder schneit.« Und tatsächlich trieb in ebendiesem Moment eine kleine Schneewolke über sie hinweg, sodass die Steine zu glänzen begannen.
Temeraire entgegnete recht kühl: »Ich schätze, er ahmt die Pavillons nach, die er in China gesehen hat und die prachtvoll dort sind.«
»Ja, genau«, bekräftigte der Papillon begeistert, »allerdings sagt Madame Lien, er habe sie sogar noch schöner gemacht. Und wir haben alle eine eigene Kiste in den Pavillons, in der wir unseren Schatz verstecken können, und die Palastwache passt darauf auf, wenn wir nicht da sind.«
»Hm, und ich soll glauben, die nehmen die Sachen nicht einfach weg?«, fragte Gentius skeptisch und öffnete eines seiner blassorangefarbenen Augen.
»Nein, niemals«, behauptete der Papillon. »Ich besitze drei goldene Ketten und einen Rubin, die ich in der Kiste aufbewahre, und ich habe sie immer so vorgefunden, wie ich sie zurückgelassen habe.
Die Wachen polieren meinen Schatz sogar, wenn ich sie darum bitte.«
Nun war jeder hellwach, denn die Worte »drei Ketten und ein Rubin« wirkten ungemein anregend. »Ich habe sie mir verdient«, sagte der Papillon, der bemerkte, dass er einen größeren Zuhörerkreis hatte, »indem ich dabei geholfen habe, Straßen zu bauen, und im Kampf erfolgreich war. Und ich bin dafür zum Kapitän befördert worden, seht doch nur.« Damit zeigte er eine hübsche Anstecknadel vor, die an seinem Geschirr befestigt war: eine runde Scheibe aus einem glänzenden Metall. »So kann es jedem gehen, der sich entscheidet, dem Kaiser zu dienen«, fügte er bedeutungsvoll hinzu.
Temeraire legte seine Halskrause an. »Natürlich, wenn man Lust hat, jemandem zu helfen, der anderen Leuten Grund und Boden stiehlt, obwohl er selbst schon genug davon hat, und massenhaft Menschen und Drachen dabei tötet«, sagte er kühl. »Und überhaupt werden wir ebenfalls bezahlt, und ich bin zum Oberst ernannt worden.«
»Na, da gratuliere ich aber«, sagte der Papillon. »Wie viel habt ihr denn bislang bekommen?« Als Temeraire eine verlegene, stotternde Antwort gab, fuhr der Papillon fort: »Also, ich bin mir sicher, der Kaiser würde euch sofort bezahlen und euch auch einen höheren Rang verleihen.«
Ein leises, nachdenkliches Gemurmel erhob sich. Temeraire hob den Kopf und stupste Roland an, die gerade grantig Schulaufgaben mit Demane und Sipho erledigte, was jedoch weniger aus ihrem eigenen Antrieb geschah, sondern weil Sipho hartnäckig darauf bestand. Er begann bereits, sowohl sie als auch seinen älteren Bruder zu überflügeln, da Roland nie besonders großes Interesse am Lernen gezeigt hatte.
»Sie sollten besser Laurence Bescheid sagen, dass dieser französische Drache alle möglichen Versprechungen macht, die ich für sichere Lügen halte, nur damit wir uns in den Dienst Napoleons stellen. Bitten Sie Laurence, rasch zu kommen und dieser Sache ein
Ende zu bereiten«, schloss er flehentlich, denn er wusste nicht, was er dem französischen Drachen entgegnen sollte. Dieser bot alles an, wofür sich Temeraire eingesetzt hatte, nur dass er selbst es nicht von Napoleon haben wollte, der in England eingefallen war, allen so viele Schwierigkeiten gemacht und Lien freie Hand gelassen hatte.
»Oh, ich gehe sofort«, stieß Roland erleichtert aus und schoss davon; Demane war nicht weniger erpicht darauf zu verschwinden und schloss sich an.
»Und wer überprüft jetzt meine Aufgaben?«, rief Sipho ihnen unglücklich hinterher.
Laurence war nicht weiter als bis zur großen Eingangshalle der Festung gekommen. Viele Offiziere standen dort in Grüppchen beisammen und sprachen mit gedämpften Stimmen, die von der hohen, gewölbten Decke zurückgeworfen und zu einem hohlen, unverständlichen Gemurmel verwandelt wurden. Einige Augenblicke lang zögerte Laurence am Eingang: Er kannte nur wenige Gesichter und noch weniger, zu denen er sich gesellen wollte. Dann entdeckte er Riley in einer Ecke.
Riley hatte einen benommenen, erschöpften Ausdruck auf seinem Gesicht und eröffnete das Gespräch vollkommen taktlos mit: »Hallo,
Weitere Kostenlose Bücher