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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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und den Winchestern aufbrechen. Sie warten, bis wir angegriffen und alle Wachen fortgelockt haben. Dann werden Sie sich um die Schweine kümmern und sie hierherbringen.«
    »Also dann«, fuhr er fort und drehte sich um. Mit der Schwanzspitze wischte er einen Flecken Erde glatt. »Minnow, zeig mir bitte mal, wie das Lager aussieht …«
     
    Einige Stunden vor der Abenddämmerung brachen sie auf: Minnow und Reedly waren sich ziemlich sicher gewesen, keinen Fleur-de-Nuit unter den Wachen gesehen zu haben. So konnten sie nachts angreifen, wenn alle schliefen und vollkommen überrascht werden würden und die Verfolgung sich schwierig gestalten dürfte, nachdem sie die Schweine an sich gebracht hatten. Die kleineren Drachen würden hinten fliegen, so viel war schon entschieden worden. Nach einigem Überlegen schickte Temeraire Armatius, einen ihrer Bunten Greifer, an die Spitze und entschied, dass er Gentius auf seinem Rücken tragen solle. Ballista und Majestatis sollten die beiden flankieren, und Requiescat würde dahinter folgen, rechts und links davon je ein Paar Gelbe Schnitter, die ihre Banner trugen.
    Diese waren nicht sonderlich prachtvoll, sondern lediglich Samtvorhänge, die an junge Schösslinge geknüpft worden waren. Aber schließlich verfügte jede Armee über Standarten, und Rot war eine Glück verheißende Farbe. Wenn der Stoff so hinter ihnen herflatterte, bot er einen hübschen Anblick, vor allem, wenn er von Gelben Schnittern getragen wurde und neben dem Orange und Rot von Requiescat leuchtete. Alle Drachen strahlten, als sich die Fahnen bauschten, und besonders die Schnitter waren hocherfreut und umklammerten sie voller Stolz. Selbst Requiescat drehte den Kopf, als sie vorbeiflogen, und bemerkte in Temeraires Richtung: »Gar nicht mal schlecht.« Dieser nickte nur steif; er war sich selbst nicht sicher, was aus seiner Kehle aufsteigen mochte, wenn er zu sprechen versuchte.
    Als sie das Lager erreichten, war die Sonne bereits hinter ihnen untergegangen, und man hatte überall zwischen den Zelten die kleinen Kochfeuer entzündet. »Gentius«, sagte Temeraire, »wenn ich brülle, dann wirst du als Erster vorstoßen. Zeig ihnen einfach
deine Flügel, und spuck in die Nähe der Kanonen. Dann flieg wieder zu Armatius, und ihr beide kehrt dann in unser Lager zurück. Du kannst nicht genug sehen, um noch einmal zu spucken, wenn wir anderen ebenfalls im Kampfgetümmel sind, aber das werden sie ja nicht wissen. Und ich wage zu behaupten, dass dein bloßer Anblick sie ordentlich aufschrecken wird.«
    »Ha, ha«, gluckste Gentius. »Dass ich in meinem Alter noch einmal in die Schlacht ziehe. Ich fühle mich wie frisch geschlüpft.« Und damit schüttelte er seine Flügel und machte sich bereit.
    Temeraire löste sich von den anderen und flog voraus in Richtung Lager, wo er noch weiter aufstieg und direkt über den Zelten in der Luft stand. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und so glaubte Temeraire nicht, dass man ihn bemerken würde. Es war sehr seltsam, sich so nah am Feind zu befinden und doch noch nicht zu kämpfen – und eine Schlacht erst dann zu beginnen, wenn er selbst es für richtig erachtete. Es war nicht nur ein angenehmes Gefühl. Ihm war es immer so selbstverständlich und natürlich erschienen, sich in ein Scharmützel zu werfen und dort den Nahkampf zu suchen, aber das war zu den Zeiten gewesen, da er nur für sich selbst verantwortlich gewesen war. Nun gab es so viele andere, die er in seine Überlegungen mit einbeziehen musste, und auch die Reaktionen des Feindes galt es im Vorfeld zu bedenken. Vielleicht, so dämmerte es ihm mit einem Mal, waren noch viele andere französische Drachen in der Nähe, die sie nur nicht gesehen oder gehört hatten, die aber plötzlich aus dem Nichts auftauchen und die Schlacht entscheiden könnten. Dann würden sie eine Niederlage erleiden, für die nur er verantwortlich wäre.
    Diese Vorstellung war weitaus verstörender, als es jeder gewöhnliche Kampf gewesen wäre, und Temeraire überlegte kurz, ob er nicht vielleicht zurückfliegen und die anderen nach ihrer Meinung fragen sollte. Er warf einen Blick zurück Richtung Nordwesten: Seine Kameraden konnte er gerade eben noch erkennen. Sie waren eine große Masse schwarzer Schatten, dunkler als die Bäume und die unter
ihnen liegenden Felder. Sie bewegten sich vorwärts, so langsam es ging, und ihre Flügel schlugen träge. Das ließ sie langsam dahingleiten und mit einem Mal wieder nach oben ziehen, sodass sie

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