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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Franzosen. Laurence fragte sich, ob Wellesley mit einer solchen Aufstellung nicht den Kampfeswillen seiner Soldaten stärken wollte, denn ihnen würde keine andere Rückzugsmöglichkeit bleiben, als mitten durch die vor ihnen stehenden französischen Truppen.
    »Oberst Featherstone und Oberst Bree, Sie werden das Zentrum übernehmen. Ihre Position ist die entscheidende. Sie müssen sie halten, bis Sie ein Signal bekommen«, erklärte Wellesley. »Wenn Sie sich geschlagen geben, ehe der richtige Moment gekommen ist, dann wird Napoleon unsere Streitkraft spalten und mühelos vernichten. Also dürfen Sie unter keinen Umständen vorrücken. Ihre einzige Aufgabe ist es, einen Block zu bilden und die Stellung zu halten. Oberst Rethlow, Sie werden sie mit der Artillerie unterstützen. Die Kavallerie wird auf beiden Flanken mit dem Rest unserer Infanterie Position beziehen, nämlich hier und hier«, zeigte er, »und das Korps wird jeden Versuch seitens der Franzosen, unser Zentrum aus der Luft anzugreifen, zunichtemachen. Ich hoffe, Sie sind sich im Klaren«, fuhr er fort, »dass alles darauf hinausläuft, die Stellung zu halten, bis die Franzosen den Großteil ihrer Kraft verpulvert haben, und ihre Attacken mit unserem Zentrum aufzufangen, bis das Signal gegeben wird. Wenn der Befehl zum Rückzug erfolgt, werden wir uns nach und nach an beiden Flanken zurückziehen …« Die zwei Adjutanten brachten eine weitere Karte zum Vorschein, auf der neue Positionen eingezeichnet waren. Nun blieb den Franzosen ebenjene Position im Zentrum überlassen, die zuvor so hartnäckig verteidigt worden war. »… und ihn von seiner Unterstützung aus der Luft oder sonstigen Reserven, die er zurückgehalten hat, abschneiden, und dann werden wir ihm in den Rücken fallen. General Paget, es wird Ihre Aufgabe sein sicherzustellen, dass sich Bonaparte selbst im Innern des Kessels aufhält. General Ollen, Ihre Artillerie richtet sich unmittelbar gegen Bonapartes Reserven statt gegen den Kern seiner Streitmacht, sodass diese nicht zur Verstärkung herangezogen werden können. Unser Ziel, Gentlemen, ist es, diesen Tyrannen festzusetzen
und dem endlosen Krieg ein Ende zu bereiten. Mit nichts weniger werde ich mich zufriedengeben, und ich versichere Ihnen, dass Ihre Lordschaften meinen Plan unterstützen.«
    Mit diesem knappen, wenig beruhigenden Schlachtplan schloss er und entließ sie mit den Worten: »Oberst Featherstone, auf ein Wort, bitte.« Er zog den Offizier beiseite und sprach unter vier Augen mit ihm, was all die anderen Offiziere des Generalstabs ausschloss, die ganz offenkundig ebenfalls auf ein Wort gehofft hatten, vermutlich sogar auf mehr als eins.
    Laurence ging hinaus zu Temeraire, der mit Bedauern zuließ, dass man ihm ein Tragegeschirr anlegte. »Wir nehmen diese Kompanie mit an Bord«, erklärte er, als Laurence näher kam, »jedenfalls wurde mir das mitgeteilt …« Steif nickte der Infanterieoffizier Laurence zu und legte die Hand an den Hut.
    »Sehr gut«, antwortete Laurence und versuchte, seine Zweifel zum Schweigen zu bringen. Es klang nach einem erschreckenden Risiko, die eigene Streitmacht in dieser Weise aufzuteilen, das Zentrum Napoleon zu überlassen und dann alle eigenen Kräfte zwischen ihn und seine Reservetruppen zu bringen, um so von beiden Seiten angegriffen zu werden. Wenn es auch die Chance erhöhte, Napoleon gefangen zu nehmen, so erhöhte es auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Franzosen sie einfach überrennen würden. Aber Wellesley war kein Narr, und wenn er all diese Schwachpunkte und Gefahren seines sorgfältig geplanten Vorgehens in Kauf nahm, dann hatte er sicher seine Gründe. Er hatte keine Mühen gescheut, allen Fragen und jedem Protest, der seinetwegen ans Ministerium hätte gerichtet werden können, auszuweichen, indem er diese Konferenz so lange hinauszögerte, bis man bereits mit der Truppenaufstellung begann. Es blieb nun nichts anderes mehr übrig, als ihm zu vertrauen.
     
    Die Intensität der Aufregung, die Temeraire verspürte, erschien beinahe wie ein Schmerz: Seine Halskrause schwoll an, wann immer einige Minuten vergingen, ohne dass er bewusst versuchte, sie wieder
zu glätten und anzulegen, und sie schnürte einen pochenden Ring um seinen Hals. Er versuchte hin und wieder, sich hinzulegen und ein bisschen auszuruhen, aber das war unmöglich: keine elendigen Ausfälle mehr gegen Verpflegungstrupps, kein Verstecken und kein Herumtragen von Soldaten, sondern endlich eine richtige

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