Drachenwege
ein Drache, aber in wesentlichen Punkten ganz verschieden«, kommentierte er versonnen. Er sah zu M'tal hinüber. »Sämtliche Wachwhere, die ich bis jetzt gesehen habe, weisen viel kräftigere Muskeln auf als selbst der durchtrainierteste Drache.«
»Das ist mir auch aufgefallen«, räumte M'tal ein.
J'lantir massierte leicht Kiks Stummelflügel, setzte eine nachdenkliche Miene auf und sagte: »Lolanth, bitte Kisk, die Schwingen zu spreizen.«
Kindan dachte sich, dass der Drachenreiter seine Frage laut ausgesprochen hatte, um die anderen zu warnen. Sie sollten sich nicht erschrecken, wenn Kisk damit begann, jähe Bewegungen zu vollführen.
Der Wachwher tschilpte glücklich und entfaltete die kurzen Schwingen.
»Die Flügel sind sehr klein«, bemerkte J'lantir. Er wandte sich an Kindan. »Und dein Vater ist tatsächlich auf einem Wachwher geflogen?«
»Ja«, bestätigte Kindan.
»Erstaunlich«, rief J'lantir aus. »Nicht einmal Meis-
terin Aleesa hat behauptet, das Wachwhere fliegen können.«
»Mir scheint, dass die Harfner nicht die einzigen sind, die nützliches Wissen über Wachwhere vergessen haben«, meinte M'tal und blickte Meister Zist dabei neckend an. Zist zuckte lediglich die Achseln. M'tal richtete das Wort wieder an seinen Kameraden. »Ich frage mich, ob man einem Wachwher beibringen kann, mit einem Drachen komplexe Informationen auszutauschen.«
»Aber Kisk hat doch gerade mit Lolanth gesprochen.«
»Das stimmt, aber sie hat in erster Linie reagiert, als er sich mit ihr in Verbindung setzte. Kann sie einen Drachen mit seinem Namen ansprechen? In einem Notfall wäre das sehr wichtig«, erklärte M'tal.
J'lantir schürzte nachdenklich die Lippen. Nach einer Weile sah er den Weyrführer von Benden überrascht an.
»Das leuchtet mir ein. Bei einem unverhofften Fädenfall könnten Wachwhere uns rechtzeitig warnen. Die Idee ist wirklich ausgezeichnet. Vielleicht wurden sie sogar aus diesem speziellen Grund gezüchtet...«
»Es wird aber nicht funktionieren«, warf Nuella ein.
»Wie bitte?«, fragte J'lantir verdutzt.
»Wachwhere sind nachtaktiv«, erläuterte Nuella.
»Tagsüber wären sie kaum imstande, Alarm zu schlagen.«
»Und wenn es ein akuter Notfall wäre ...«, spekulierte J'lantir.
M'tal schüttelte den Kopf. »Nein, das Mädchen hat Recht. Es wären zu viel Unwägbarkeiten im Spiel, wenn man sich bezüglich des Fädenfalls auf den Warnruf eines Wachwhers verließe.«
»Aber nachts könnten sie um Hilfe rufen, wenn Bei-stand erforderlich ist«, hielt Kindan dagegen.
M'tal nickte. »Das wäre sehr nützlich. Außerdem könnten sie über Wetterbedingungen berichten.«
»Daran hatte ich noch gar nicht gedacht«, bekannte J'lantir.
»Für die kleineren, abgeschieden liegenden Siedlungen wäre es schon eine große Hilfe, wenn ein Wachwher mit einem Drachen in Verbindung träte, um eine wichtige Meldung zu machen«, sagte Meister Zist.
»Falls es zum Beispiel ein Unglück gegeben hätte und Eile Not tut.«
»Einige Festungen, die im Winter regelmäßig ein-geschneit waren, hielten früher Wachwhere«, bemerkte M'tal. »Wäre es damals schon bekannt gewesen, dass sie mit Drachen kommunizieren können, wären viele Menschenleben gerettet worden.«
»Nun ja«, warf J'lantir ein, »offenbar ist es der Mühe wert, diesen Punkt näher auszuloten. Wann beginnen wir mit den Experimenten?«
»Von mir aus möglichst bald«, erwiderte M'tal und sah dabei Kindan an. »Wenn es dir Recht ist, Junge.
Natürlich muss man berücksichtigen, dass du deinen Schlaf brauchst...«
Kindan lachte. »Nachts schlafe ich nicht mehr, seit ich mich um Kisk kümmere.«
M'tal nickte und schaute ernst drein. »Offen gestanden benötige ich ein wenig Ruhe. Mein Weyr liegt in einer anderen Zeitzone als euer Camp. Bei uns bricht die Nacht wesentlich früher herein.«
»Das Gleiche gilt für mich«, warf J'lantir ein. »Aber ich kann sicher die Zeit erübrigen, um mit Kindan und Kisk zu arbeiten, ohne meine Pflichten im Ista Weyr zu vernachlässigen.«
»Bei dir ist das etwas anderes«, wandte sich Meister Zist an M'tal. »Du bist immerhin Weyrführer.«
»Nicht mehr lange, und es wird Frühling«, gab M'tal zu bedenken. »Wenn wir bis dahin den Wachwheren in Benden beibringen, sich mit Drachen zu verständigen, dürfte das für viele Menschen eine willkommene Hilfe sein.«
»Also gut«, sagte J'lantir. Er blickte in die Runde.
»Nicht nur Kisk muss lernen, mit Drachen zu sprechen, wir müssen auch die
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