Drachenwege
anderen Wachwhere unterrichten.
Unter Einbeziehung ihrer Wher-Führer, natürlich.«
»Mir scheint, bei Kisk ist die telepathische Fähigkeit bereits sehr ausgeprägt«, warf Nuella ein. »Immerhin erzählte sie Kindan von eurem Besuch und konnte sogar mitteilen, dass zwei Drachenreiter eintreffen würden ...«
»Woher wusste Kindan, was Kisk ihm sagte?«, fragte J'lantir.
»Nun ja, irgendwie übermittelte sie mir diese Botschaft, wie es genau funktionierte, ist mir selbst schlei-erhaft«, gab Kindan zu.
»Feuerechsen sprechen auf ähnliche Weise mit Menschen«, sagte Meister Zist. »Jedenfalls mit ihren Besit-zern.«
»Genau«, bestätigte J'lantir. »Und Wachwhere scheinen viel intelligenter zu sein. Jetzt kommt es darauf an, Kindan und Kisk zu schulen, damit sie diese Kontakt-aufnahme vervollkommnen. Tier und Mensch müssen den Inhalt der Nachricht, die übermittelt wird, immer präzise verstehen, egal, wer mit wem spricht.«
»Wenn das klappen würde, wäre es ein ungeheurer Fortschritt«, erklärte M'tal.
»Danach gehen wir dazu über, die anderen Wachwhere und ihre Wher-Führer zu trainieren«, fügte J'lantir hinzu.
»Ich finde, ein Harfner sollte diesen Prozess begleiten«, kommentierte Meister Zist trocken.
»Ich möchte auch helfen«, warf Nuella ein. Kindan hörte sich das Gespräch an, und er war ganz und gar nicht überrascht, welche Wende es nahm.
* * *
Im Verlauf der nächsten Tage führten Nuella und J'lantir unzählige Diskussionen darüber, wie man einen Wachwher trainieren sollte. Es ging darum, ein Voka-bular zu erstellen, damit der Wher-Führer mit seinem Schützling richtig kommunizieren konnte. Kisk musste zum Beispiel lernen, einem Drachen korrekt Meldung zu erstatten, damit er wusste, wer sie war und an welchem Ort sie sich gerade befand. Begriffe wie
»Notfall«, »Feuer«, »Hilfe«, »Heiler«, und
»Überschwemmung«
mussten in eine Sprache
umgesetzt werden, die einem Drachen sowie einem Wachwher verständlich war. Eine Weile debattierten das Mädchen und der Drachenreiter, ob es wichtiger sei, dass Kisk die Vokabel »Lawine« lernte oder mit Zahlen umgehen konnte.
Kindan kam sich beinahe überflüssig vor, wenn die beiden die Köpfe zusammensteckten und eifrig argu-mentierten, sich stritten, dann einigten und zum nächsten Thema überwechselten. Manchmal unterbrachen sie ihr Gespräch und baten Kindan, mit Kisk einen Test durchzuführen. Am unangenehmsten war es ihm jedoch, wenn sie ihn aufforderten, zu einem bestimmten Punkt seine eigene Meinung beizusteuern und ihren Streit zu schlichten. Doch Kindan war von Meister Zist in der hohen Kunst der Diplomatie unterwiesen worden und verstand es, sich geschickt vor einer endgültigen Antwort zu drücken.
Nach den Debatten endete der Abend oftmals damit, dass Nuella sich zu Kisk ins Stroh legte und einschlief.
J'lantir verabschiedete sich, ehe der Hahn zum ersten Mal krähte, und Kindan konnte vor Müdigkeit nicht mehr klar denken.
Am Ende der dritten Sitzung verkündete J'lantir, dass er eine Zeit lang in seinem Weyr bleiben müsste. Er wollte seinem Weyrführer Bericht erstatten, sich um die Ausbildung seines Geschwaders kümmern und eine Ruhepause einlegen. Nuella machte ein so enttäuschtes Gesicht, dass J'lantir sie tröstend an sich drückte.
»Sei nicht traurig, ich bin bald zurück«, versprach er.
Kindan dachte sich, Nuella sei enttäuscht, weil ihr die Arbeit mit Kisk und J'lantir viel Freude bereitete. Bis zur Rückkehr des Drachenreiters würde sie sich gewiss langweilen und womöglich eine schlechte Laune an den Tag legen.
»J'lantir«, sagte Kindan beim Abschied, »hältst du es für möglich, dass Kisk lernen könnte, genau wie ein Drache ins Dazwischen zu gehen?« Mit dieser Frage beschäftigte er sich bereits seit geraumer Zeit.
»Hmm«, biummte J'lantir versonnen. »Feuerechsen sind dazu imstande. Eigentlich spricht nichts dagegen, dass auch ein Wachwher ins Dazwischen eintauchen kann.«
»So einfach ist das nicht«, meldete sich Nuella in schläfrigem Ton. Kindan erschrak. Er hatte angenommen, das Mädchen würde fest schlummern und könnte sie nicht hören. »Um genauso zu agieren wie ein Drache, müsste ein Wachwher seinen Bestimmungsort sehen. Aber diese Tiere nehmen die Umwelt nicht in konkreten Bildern wahr, so wie wir oder die Drachen, sondern sie orientieren sich nach allem, was Wärme abstrahlt.«
Kindan riss verblüfft die Augen auf.
»Ich verstehe, was sie meint«, klärte JTantir ihn
Weitere Kostenlose Bücher