Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenwege

Drachenwege

Titel: Drachenwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Todd McCaffrey
Vom Netzwerk:
war müde, und sein ganzer Körper schmerzte, als hätte er einen schlimmen Muskelkater. Seine Gliedmaßen fühlten sich an, als seien sie gestreckt worden. Er fragte sich, ob das mit der Zeitreise in die Vergangenheit zusammenhing oder eine Auswirkung seiner Nervosität war. Doch vor lauter Aufregung dachte er gar nicht daran, jemandem von seinem Unwohlsein zu erzählen.
    Aleesa hob skeptisch die Augenbrauen. »Es genügt nicht, wenn du es nur glaubst, mein Kleiner.«
    Die Whermeisterin war eine hagere, hoch gewachsene Frau, die Kindan überragte. Sie sprach nur das Nötigste. Kindan merkte, dass Natalon sich von ihr ein wenig eingeschüchtert fühlte.
    Um sich zu beruhigen, holte er tief Luf. »Ich ver-beuge mich vor der Königin und begebe mich dann zum Gelege. Wenn sie es zulässt, darf ich mir ein Ei aussuchen und es mitnehmen. Danach mache ich vor der Königin eine zweite Verbeugung und verlasse rückwärts gehend die Brutstätte.«
    »Hoffentlich ist die Königin dir wohlgesonnen«, warf Natalon ein. »Für Aleesa hängt eine Menge davon ab -
    ein Kohlevorrat, der für einen ganzen Winter reicht.«
    Kindan schluckte trocken.
    »Denk daran, dass du zügig voranschreitest. Du darfst nicht trödeln«, ermahnte der Harfner ihn.
    »Wenn du die Höhle betrittst«, erklärte Aleesa und deutete auf einen Felsspalt in der senkrecht aufragenden Klippe, »biegst du nach rechts ab.«
    Die Öffnung im Gestein war gerade breit genug, dass ein Wachwher hindurchpasste, und gerade mal so hoch, dass Kindan beim Passieren den Kopf nicht einzuziehen brauchte. Als der Junge dem Gang in das Innere des Felsmassivs folgte, merkte er, dass kaum ein Meter geradlinig verlief. Mal stieg der Boden an, dann wieder senkte er sich, und der kurze Tunnel schlängelte sich in engen Kurven.
    Kindan wunderte sich, dass die Meisterin Aleesa, die aussah, als litte sie unter der schmerzhaften Ge-lenkfäule, diese schwierige Strecke, auf der sie bei ihrer Größe wohl kriechen musste, zu bewältigen vermochte.
    Doch dann fiel ihm ein, dass sie vermutlich viele Helfer hatte, die die täglich anfallende Pflege der Wachwhere übernahmen.
    Als er schließlich die dunkle Kaverne mit der Brutstätte erreichte, staunte er, wie angenehm es hier roch.
    Offenbar legte Aleesa viel Wert auf Sauberkeit. Er räusperte sich und stieß die leisen, zirpenden Laute aus, die sein Vater immer von sich gegeben hatte, wenn er Dasks Stall betrat.
    Zu seiner Überraschung vernahm er hinter sich Aleesas Stimme, die seine Begrüßung offenbar hören konnte. »Nun ja, wenigstens weißt du, wie du dich einem Wachwher zu nähern hast.«
    Vor ihm öffnete sich ein Augenpaar, und in der dämmrigen Beleuchtung sah er die Königin, aber nicht ihr Gelege. Aleesa hatte von zwölf Eiern gesprochen, und nun musste er die Königin darum bitten, dass sie ihm eines davon überließ. Zwei Leute, die mit dem gleichen Ansinnen gekommen waren, hatte sie bereits abgelehnt.
    Kindan fuhr fort, die Königin mit zwitschernden und tschilpenden Lauten zu locken. Er tat es mit Inbrunst und bemühte sich, höflich und drängend zugleich zu klingen. Für ihn hing viel davon ab, dass er Erfolg hatte.
    Er wollte Natalon beweisen, dass er zum Wher-Führer taugte, und dass das Camp nicht umsonst diese große Menge Kohle zur Verfügung stellte.
    Indem Kindan versuchte, sich die Königin geneigt zu machen, wuchs seine Zuversicht. Er wusste mehr über den Umgang mit einem Wachwher, als er gedacht hatte.

    Vielleicht steckte wirklich ein Körnchen Wahrheit in der Vermutung, dass sich bestimmte Eigenschaften vom Vater auf den Sohn vererben und er der geborene Wher-Führer war. Und tatsächlich überschlugen sich in seinem Kopf die Ideen - ihm fiel ein, was er in diesem Augenblick tun musste.
    Als er der Königin so nahe gekommen war, dass er sie berühren konnte, streckte er die rechte Hand nach ihr aus. Am Handballen befand sich eine winzige, kaum sichtbare Narbe. An der Stelle hatte sein Vater seine Haut eingeritzt, bis Blut herausquoll, und den alten Dask das Blut auflecken lassen.
    Kindan änderte die Töne, die er von sich gab, und das hohe Zirpen senkte sich zu einem sanften, ruhigen Trillern. Gleichzeitig hielt er der Königin die Hand unter die Nase. Die Zunge des Tieres schnellte aus dem Maul und beleckte den Handballen. Es war ein angenehmes Gefühl, denn die Zunge war nicht etwa feucht, sondern trocken. Dasks Zunge hatte sich manchmal schleimig angefühlt, und mitunter hatte Kindan sich davor geekelt.

Weitere Kostenlose Bücher