Drachenwege
Tarik schaute noch grimmiger drein als sonst, doch Dara stimmte zu, nachdem sie Kindan lange mit einem forschenden Blick gemustert hatte.
Erleichtert trug Kindan Meister Zist seine Erkenntnisse vor und war glücklich, als der Harfner ihn von seinen zusätzlichen Pflichten entband.
»Beschreibe mir das Haus«, verlangte Meister Zist danach von ihm.
Kindan begann, die Örtlichkeiten so zu schildern, wie er sie in Erinnerung hatte, doch der Harfner hob die Hand und gebot ihm Einhalt.
»Nein, ich will nicht wissen, wie es ausgesehen hat, als du selbst dort wohntest; ich möchte erfahren, welche Veränderungen sich seit Tariks Einzug ergeben haben.«
Kindan rang nach Worten, musste jedoch passen und schüttelte den Kopf.
»Ein Harfner muss lernen, ein guter Beobachter zu sein«, erklärte der Meister. »Gleichgültig, wohin du gehst, du musst die Augen weit aufsperren und dir alles genau merken.« Auf Meister Zists Fragen hin entsann sich Kindan allmählich an einzelne Dinge, die sich im Haus geändert hatten. Er war überrascht, wie viel er wusste, obwohl er das meiste gar nicht bewusst wahrgenommen hatte.
»Gut gemacht«, sagte Meister Zist schließlich. »Es ist spät geworden. Du solltest zu Bett gehen.«
Kindan setzte eine rebellische Miene auf, doch der Meister erstickte jeden Protest im Keim.
»Morgen Abend versammeln wir uns alle in der Festung«, erklärte er. »Wir feiern das Ende des Winters, und da ich dich als Trommler einsetzen möchte, musst du ausgeschlafen sein.«
Kindan war überrascht. Gleich nachdem er in Meister Zists Cottage gezogen war, hatte der Harfner ihm Unterricht im Trommeln erteilt; aber da sein Lehrer mit Lob geizte, wäre er nie auf den Gedanken gekommen, er würde ihn öffentlich auftreten lassen.
»Guck nicht so erstaunt«, wies Meister Zist ihn zurecht. »Schließlich kann ich nicht sämtliche Instrumente zugleich spielen. Und jetzt ab mit dir ins Bett! Morgen hast du einen arbeitsreichen Tag vor dir, der auch ohne die Feier am Abend anstrengend genug sein wird.«
* * *
Am nächsten Morgen war Dalor an der Reihe, den Ausguck auf der Hügelkuppe zu besetzen. Kindan, der von dem Harfner noch vor dem Morgengrauen geweckt worden war, musste die weiteren Wachen einteilen.
Nach einem hastig geschlürften Becher Klah - das Frühstück würden sie später einnehmen - marschierte er los. Er wollte sich mit Dalor am Anfang des Pfades treffen, der sich die Bergflanke hinaufzog.
Schnee bedeckte noch den Boden, obwohl es seit einer Siebenspanne nicht mehr geschneit hatte, und die allmählich steigenden Temperaturen hatten die feste Schneedecke in einen weichen Matsch verwandelt. Vorsichtig, um nicht auszurutschen, setzte Kindan einen Fuß vor den anderen, und er genoss das knirschende Geräusch, wenn seine Stiefel durch die dünne Eiskruste brachen, die sich in der kalten Nacht über dem Schnee gebildet hatte.
Als er an dem vereinbarten Treffpunkt ankam, war von Dalor nichts zu sehen. Kindan wartete ein Weilchen, dann entsann er sich, dass er noch weitere Pflichten hatte, und ging zur Festung.
Kaum hatte er die Tür geöffnet, da wusste er schon, dass hier etwas nicht stimmte. Die Luft war übersättigt mit einem eigentümlichen Geruch. Er hatte genug über die gefährliche Stickluft gehört, die sich in der Grube sammelte, um zu ahnen, was passiert war. Entweder war der Kamin verstopft, oder irgendetwas anderes hatte dafür gesorgt, dass die giftigen Gase, die beim Verbrennen von Kohle im Ofen entstanden, nicht abziehen konnten und sich im Haus verteilten.
Er musste sich tief hinunter bücken, denn am Boden war die Luft kühler und vielleicht noch atembar; und vor allen Dingen kam es jetzt darauf an, dass er rasch handelte.
»Hilfe, zu Hilfe!«, brüllte er aus voller Kehle. Er fing an, die Tür hin und her zu schwenken, damit die erwürgende Stickluft nach draußen dringen und frische Luft ins Haus ziehen konnte. Doch dieses Maßnahme genügte nicht. Irgendwie musste er Durchzug schaffen.
Von der Küchentür hetzte er ums Haus herum zur vorderen Eingangstür, während er die ganze Zeit über um Hilfe schrie.
Sowie er die schwere Eingangstür geöffnet hatte, schwenkte er sie einige Male auf und zu, um die Luft-zirkulation zu beschleunigen.
Meister Zist kam angerannt. »Junge, was ist los?«
»Stickluft!«, ächzte Kindan. »Ich roch es, als ich durch die Küche ins Haus ging. Als ich Dalor nicht traf, wollte ich ihn abholen. Ich habe Durchzug gemacht, aber hoffentlich ist
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