Drachenzauber
antwortete. »Am Tag, bevor Tosten zu uns kam, hörte ich von einem Freund, der König wolle uns alle zu sich rufen. Tosten sagte, Jakoven habe Ward bereits abholen lassen.«
Tisala, die unbemerkt hinter Stala stand, hatte vergessen, wie wirkungsvoll Wards Vetter seine Stimme und sein Gesicht einsetzen konnte. Der wohltönende Bariton bewirkte ein angenehmes Flattern ihres Herzens, und sein Gesicht verband die besten Züge der Hurogs mit ungewöhnlich goldfarbener Haut und rötlichem Haar. Anders als Ward sah Beckram sehr gut aus - sie hatte irgendwo gehört, dass er Wards Schwester geheiratet hatte.
»Wir haben beschlossen, sie von Ciarra wegzufüh-ren und herauszufinden, ob Hurog noch in Sicherheit ist, bevor wir uns einholen lassen«, sagte Duraugh.
»Hast du von Oreg gehört?«
Stala nickte, obwohl Tisala keine Boten gesehen hatte und es hier auch keinen Brieftaubenschlag zu geben schien. Vielleicht hatte Oreg als Zauberer andere Kommunikationsmöglichkeiten - obwohl der Zauberer ihres Vaters so etwas nicht konnte.
»Er sagt, sie seien zwei Tage vor Estian. Ward geht es gut. Oreg sagt, Ward habe den General bereits für sich gewonnen, obwohl keiner von ihnen, vielleicht mit Ausnahme von Garranon, weiß, womit sie es zu tun haben.«
»Er versucht doch nicht, sich wieder dumm zu stellen?«, fragte Beckram.
Stala verdrehte die Augen. »Natürlich nicht, aber du weißt doch, wie er ist. Selbst ohne das Theater halten die meisten Leute ihn nicht für besonders klug.«
»Es liegt an den Augen«, fügte Tisala hinzu, denn sie war zu dem Schluss gekommen, dass sie sich nun ebenfalls zu Wort melden sollte. »Sie sind reizend, aber es sind nicht die Augen eines intelligenten Mannes.«
Tosten grinste unter dem Dreck zu ihr hin. »Nein, es liegt daran, dass er so verdammt lange braucht, um irgendwas zu sagen. Onkel Duraugh, Beckram, darf ich euch Wards Kriegermaid und Haverness’
Tochter Tisala vorstellen. Tisala, du bist Beckram sicher schon begegnet, obwohl du es vielleicht vergessen hast.« Sein Ton machte klar, dass ihm sehr bewusst war, dass keine Frau, die seinem Vetter je begegnet war, ihn vergessen würde. »Und das hier ist mein Onkel Lord Duraugh. Er sieht zwar aus wie ein Shavig-Mann, hat aber seinen Sitz in Tallven, was dem Kämmerer des Königs bei offiziellen Essen immer gewaltige Probleme macht - soll er ihn zu den Tallvens oder den Shavig-Leuten setzen?«
Lord Duraugh schob seine Müdigkeit beiseite und verbeugte sich mit gewohnter Höflichkeit. »Meine Dame.«
Tisala lächelte. Sie erwiderte die Verbeugung.
Frauen, die größer als sechs Fuß waren, wirkten lächerlich, wenn sie auf und ab wackelten, also vermied sie es für gewöhnlich zu knicksen. Sie erinnerte sich, Lord Duraugh und seinen Sohn ein paarmal in Estian gesehen zu haben, aber sie bezweifelte, dass die beiden sich an sie erinnerten.
»Meine Dame«, sagte Beckram.
»Ich gratuliere Euch zu der bevorstehenden Geburt Eures Kinds, Lord Beckram.«
Ein strahlendes Lächeln erhellte sein müdes Gesicht. »Danke! Ich würde meinen rechten Arm dafür geben, jetzt bei Ciarra zu sein, aber ich will Ward nicht opfern - und Ciarra würde das auch nicht zulassen. Meine Mutter ist bei ihr, und sie ist meiner Frau vollkommen ergeben. Auch abgesehen von Wards Ärger hätten wir sie mehr in Gefahr gebracht, wenn wir geblieben wären - die Männer des Königs werden sich nicht in Iftahar herumtreiben, wenn sie uns verfolgen.« Er wandte sich Lord Duraugh zu. »Vater, wir haben nicht viel Zeit. Was tun wir jetzt?«
»Stala«, sagte Lord Duraugh. »Ich werde dich hier lassen müssen. Es hat keinen Sinn, den Jungen zu retten und währenddessen Hurog überrennen zu lassen. Wie viele Männer brauchst du?«
»Du hast fünfzig dabei, und wir können so viele und noch fünfzig mehr auf ausgebildeten, gut ausge-ruhten Pferden stellen«, erwiderte Stala. Sie ließ sich nicht anmerken, ob es ihr etwas ausmachte, in der Burg zurückgelassen zu werden. »Danach blieben noch hundert hier - mehr, als ich brauche. Wenn ihr wollt, können wir noch ein paar mehr Pferde von der Weide holen …«
»Nein«, sagte Duraugh. »Ich will ohnehin nicht mehr als hundert in Estian unterbringen und durchfüttern müssen. Es ist zu teuer und unnötig. Ich muss einen gewissen Eindruck machen, aber wenn der König uns gefangen nehmen will, sind auch zweihundert noch zu wenig.«
»Was die Kosten angeht«, sagte Tosten, »so weiß ich, dass du nicht viel aus Iftahar
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