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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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du vor ihm in Whitby eintreffen konntest?«
    Da flackerten seine Augen in plötzlicher Wut rot auf. Er schrie »Nein!« und hieb die Faust mit solcher Wucht auf einen kleinen
     Tisch, dass die Platte in tausend Stücke zerbarst. Erschrocken sprang ich auf und schrie vor Angst. Hinter mir krachte mein
     Stuhl zu Boden. Zum ersten Mal seit meiner Ankunft fragte ich mich, ob ich vielleicht das verborgene Fläschchen mit dem Weihwasser
     brauchen würde, das ich mitgebracht hatte.
    Entsetzliches Schweigen hatte sich über uns gesenkt. Mit furchtsam klopfendem Herzen beobachtete ich ihn. Er stand wie angewurzelt
     da und rang um Selbstbeherrschung. Seine Augen waren inzwischen wieder blau und schauten entrückt in die Ferne. Schließlich
     entspannten sich seine Gesichtszüge, und er blickte mir in die Augen. Eine tiefe Ruhe lag in seiner Stimme, als er ein wenig
     verlegen und mit unverhohlener Zuneigung zu mir sagte: »Verzeih mir. Vielleicht findet sich ein Körnchen Wahrheit in dem,
     was du gesagt hast, selbst wenn ich es mir damals nicht eingestanden habe.«
    Zumindest ist er Manns genug, es zuzugeben, überlegte ich. Ich fand es abscheulich, was er getan hatte. Mir machte der Gedanke
     schrecklich zu schaffen, dass Jonathan letztlich |316| meinetwegen so gelitten hatte. Und doch … als Dracula nun zu mir herüber kam, meinen Stuhl aufhob und mir die Hand hinstreckte,
     lag so viel Entschuldigung, so viel Flehen in seinem Blick, dass ich ihm nur zu gern verzeihen wollte. Er führte mich zu einem
     bequemen Sessel am Kamin. Ich setzte mich, versuchte mich zu beruhigen und sagte leise: »Ant worte mir ehrlich. Hast du aus den gleichen Gründen auch versucht, Jonathan in den Wahnsinn zu treiben?«
    Dracula schüttelte den Kopf und antwortete mit tiefster Aufrichtigkeit: »Nein. Was immer hinter meinem Wunsch gesteckt haben
     mag, die Abreise von Herrn Harker zu verzögern, ich habe nicht absichtlich danach getrachtet, seine geistige Gesundheit zu
     gefährden. Im Gegenteil, ich wollte ihn schützen. Ungefähr zu dieser Zeit hat er sich gewaltsam Zugang zu einem Flügel der
     Burg verschafft, vor dem ich ihn ausdrücklich gewarnt hatte. Meine grässlichen Schwestern fanden ihn dort und versuchten ihn
     zu verführen. Ich rettete ihn in allerletzter Minute, denke ich. Natürlich hat er sich nie bei mir dafür bedankt. Ich fürchte,
     von diesem Zeitpunkt an begann sich sein Verstand zu umnebeln. Er schien Zweifel an seiner eigenen Fähigkeit zu bekommen,
     die Wirklichkeit wahrzunehmen.«
    »Mit gutem Grund, wenn man bedenkt, was er beobachten musste! Er sah, wie sich deine Schwestern vor ihm in Luft auflösten.
     Dich hat er zweimal dabei beobachtet, wie du, einer Eidechse gleich, über die Mauern der Burg krochst!«
    Dracula schaute mich verwundert an. »Einer Eidechse gleich?«
    »Er sah, wie du aus einem Fenster gestiegen und kopfüber die senkrechte Burgmauer hinuntergeklettert bist, ehe du in einem
     Loch verschwandest. Das zweite Mal trugst du gar seinen eigenen Reiseanzug!«
    »Seinen Reiseanzug?«
    »Ja! Warum hast du das gemacht?«
    Er verstummte kurz und runzelte nachdenklich die Stirn. |317| »Er hat gesagt, ich sei kopfüber geklettert? Er hat also mein Gesicht eigentlich gar nicht sehen können?«
    »Ich nehme an, dass ihm das nicht möglich war.«
    Er nickte. »Eine meiner Schwestern muss ihm da einen üblen Streich gespielt haben. Die drei haben mir auch schon Kleider gestohlen,
     sich darin kostümiert und so ihre Erscheinung verändert, wenn sie auf Beutezug waren, um die Leute zu erschrecken.«
    Diese Erklärung machte mich stutzig. »Wenn es eine deiner Schwestern war, dann hat ihn das wirklich zu Tode erschreckt.«
    »Und doch habe ich nichts davon geahnt.« Dracula schüttelte wütend den Kopf. »Als ich seine Angst spürte, hätte ich mir wohl
     mehr Mühe geben müssen, seine Furcht zu zerstreuen. Doch ich bezweifle, ob er in seiner selbst geschaffenen Panik und seinem
     zunehmenden Hass gegen mich überhaupt bereit gewesen wäre, mir zuzuhören. Als er schließlich den Wunsch äußerte, mich zu verlassen,
     sorgte ich mich, dass er ganz allein im Dunklen über die lange Straße wandern würde. Aber ich hatte keinerlei Absicht, ihn
     aufzuhalten.«
    »Du hast die Wölfe vor das Burgtor gerufen!«
    »Ich habe die Wölfe nicht gerufen, doch ich spürte, dass sie dort warteten. Ich wollte sie beruhigen und überreden, Herrn
     Harker auf seinem Fußweg zu begleiten. Aber er schrak ja voller Angst

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