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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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Dasein vernichten kann, auf das wir es ja abgesehen haben. Wenn ich darüber hinaus aber auch seine Seele für alle Ewigkeiten ins brennende Höllenfeuer schleudern könnte – ich würde nicht zögern!«
    »Oh, still, still! In Gottes Namen! Sage nicht solche Dinge, Jonathan, mein Gatte, du bringst Furcht und Schrecken über mich! Glaube mir, Liebster, ich habe heute den ganzen langen Tag darüber nachgedacht, dass … vielleicht … eines Tages … auch ich ein solches Mitleid nötig haben könnte, und dass ein anderer es mir dann verweigern könnte – mit dem gleichen Recht, wie du es jetzt für dich beanspruchst. Oh, mein geliebter Mann, wie gerne hätte ich dir diesen Gedanken erspart, wenn es denn einen anderen Weg gegeben hätte. Ich bete, dass Gott deine unbedachten Worte nicht auf die Waagschale legt, dass er sie als die Klage des gebrochenen Herzens eines leidgeprüften Mannes nimmt. Oh Gott, lass diese armen weißen Haare dafür Zeugnis ablegen, was er gelitten hat, der sein ganzes Leben nichts Unrechtes getan hat und über den so viel Leid hereingebrochen ist!«
    Uns Männern standen die Tränen in den Augen, und als wir sie nicht mehr zu unterdrücken vermochten, weinten wir offen. Auch sie weinte, als sie sah, dass ihr Bitten nicht ohne Erfolg war. Ihr Mann sank neben ihr auf die Knie, schlang seine Arme um sie und verbarg sein Gesicht in den Falten ihres Kleides. Van Helsing gab uns ein Zeichen, und wir stahlen uns aus dem Raum, die beiden liebenden Herzen mit ihrem Gott allein lassend.
    Bevor die Harkers sich schließlich zur Ruhe begaben, riegelte der Professor ihr Zimmer gegen das Eindringen des Vampirs ab und versicherte Mrs. Harker, dass sie friedlich schlafen könne. |450| Sie zwang sich dazu, ihm zu glauben, und gab sich – offensichtlich aus Rücksicht auf ihren Gatten – den Anschein von Zuversicht. Es war dies sicher ein harter innerer Kampf für sie, aber ich glaube, er war nicht ohne Erfolg. Van Helsing hatte jedem von ihnen eine Handglocke hingestellt, um uns im Notfall rufen zu können. Als sie sich zurückgezogen hatten, verständigte ich mich mit Quincey und Godalming über eine Nachtwache. Wir teilten die Stunden unter uns auf, um über die arme, geschlagene Lady zu wachen. Die erste Wache fiel auf Quincey, daher werden wir Übrigen so rasch wie möglich ins Bett gehen. Godalming ist gerade verschwunden, denn er hat die zweite Wache. Nun, da meine Arbeit getan ist, werde ich auch gehen.
     
    Jonathan Harkers Tagebuch
     
    3./4. Oktober, kurz vor Mitternacht
    Der vergangene Tag schien nicht enden zu wollen. Ich sehnte mich nach Schlaf, denn ich hatte den blinden Glauben, dass nach dem Aufwachen alle Dinge anders sein würden, und dass jede Veränderung eine Veränderung zum Besseren wäre. Bevor wir auseinandergingen, diskutierten wir noch unsere nächsten Schritte, aber wir kamen zu keinem Ergebnis. Alles, was wir wussten, war, dass uns noch eine Kiste mit Erde fehlte. Deren Ort aber war nur dem Grafen bekannt. Wenn er sich dazu entschließen sollte, in seinem Versteck einfach liegen zu bleiben, so könnte er uns über Jahre in Ungewissheit lassen, und in der Zwischenzeit … Nein, das wäre zu schrecklich, ich wage noch nicht einmal jetzt daran zu denken. Eines weiß ich aber: Wenn es je eine vollkommene Frau gegeben hat, dann ist dies mein armer, zu Unrecht gestrafter Liebling. Ich liebe sie für ihr süßes Mitleid gestern Abend noch hundertmal mehr, ein Mitleid, das meinen eigenen Hass gegenüber diesem Monster jämmerlich erscheinen lässt. Gott wird nicht zulassen, dass die Welt durch den Verlust |451| eines solchen Geschöpfes wie Mina verarmt. Daraus schöpfe ich Hoffnung. Wir alle treiben nun auf Klippen zu, und der Glaube ist unser einziger Anker. Gott sei Dank, Mina schläft, und sie schläft traumlos. Ich fürchte mich, mir vorzustellen, was sie auf der Grundlage so schrecklicher Erinnerungen träumen könnte. Seit Sonnenuntergang ist sie nun ruhig. Vorhin lag für einen kurzen Moment so etwas wie Frieden auf ihrem Gesicht, es war wie der endlich anbrechende Frühling nach den Stürmen des März. Zuerst dachte ich, es wäre das weiche, rote Licht der untergehenden Sonne, aber nun glaube ich, dass es eine tiefere Bedeutung haben muss. Ich selbst bin nicht eigentlich müde, aber ich bin erschöpft, zu Tode erschöpft. Ich muss daher versuchen zu schlafen, denn morgen geht es weiter, und es wird keine Ruhe geben bis …
     
    Später
    Ich muss eingeschlafen sein, denn ich

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