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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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Arbeitszimmer zur Beratung über unser weiteres Vorgehen zusammenkommen. Ich sehe augenblicklich nur ein einziges Problem, und es ist |468| mehr eine Ahnung als ein Faktum: Wir werden alle offen miteinander reden müssen, und dennoch fürchte ich, dass Mrs. Harkers Zunge auf irgendeine geheimnisvolle Weise gebunden sein könnte. Ich
weiß,
dass sie selbst ihre eigenen Schlüsse zieht, und nach all dem, was bisher gewesen ist, gehe ich davon aus, dass sie auch diesmal brillant und richtig sein werden. Aber sie wird ihnen diesmal vielleicht keinen Ausdruck geben können oder wollen. Ich habe diese meine Befürchtung van Helsing gegenüber angedeutet, und er versprach mir, sich mit mir darüber auszutauschen, wenn wir alleine sind. Ich fürchte fast, dass jenes furchtbare Gift in ihren Venen schon in ihr zu wirken beginnt. Der Graf verfolgte ja zweifellos eigene Zwecke, als er ihr die »Bluttaufe des Vampirs« gab, wie van Helsing dies nannte. Nun, vielleicht gibt es ja ein Gift, das aus dem Guten heraus entsteht – in einem Zeitalter, wo noch nicht einmal das Leichengift erforscht ist, sollten wir uns eigentlich über gar nichts wundern! Eines weiß ich aber: Wenn mich meine Ahnung bezüglich Mrs. Harkers Schweigen nicht täuscht, dann birgt das vor uns liegende Werk noch manche Schwierigkeiten und unbekannte Gefahren. Denn dieselbe Kraft, die ihr das Schweigen gebietet, kann sie wohl auch nach ihrem Willen sprechen lassen. Ich will nicht weiter daran denken, um der edlen Frau kein Unrecht zu tun.
    Van Helsing ist ein wenig früher als die anderen zu mir ins Arbeitszimmer gekommen. Ich werde ihn auf das Thema ansprechen …
     
    Später
    Der Professor kam, und wir haben über die Lage der Dinge gesprochen. Ich sah ihm sofort an, dass er etwas auf dem Herzen hatte, aber er zögerte lange, damit herauszurücken. Nachdem wir ein wenig drum herumgeredet hatten, sagte er plötzlich:
    »Freund John, ich muss etwas mit Ihnen allein besprechen, wenigstens fürs Erste. Später können wir dann auch die anderen ins |469| Vertrauen ziehen …« Er hielt inne, aber da auch ich schwieg, fuhr er fort:
    »Madame Mina, unsere arme, liebe Madame Mina verändert sich …« Als ich meine schlimmsten Befürchtungen so bestätigt hörte, rann mir ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Der Professor sagte:
    »Eingedenk unserer traurigen Erfahrungen mit Miss Lucy sollten wir diesmal gewarnt sein, bevor die Sache zu weit geht. Unsere Aufgabe ist gegenwärtig schwieriger als je zuvor, denn dieses neue Problem lässt wieder jede einzelne Stunde kostbar werden. Ich sehe, wie sich die Charakteristika des Vampirismus auf ihrem Gesicht zu zeigen beginnen. Noch ist es sehr wenig, aber es ist nicht zu leugnen, wenn man sie ohne Vorurteil anblickt. Ihre Zähne werden spitzer, und auch ihre Augen scheinen mir schon etwas härter als zuvor. Aber das ist noch nicht alles: Sie ist jetzt oft so schweigsam, genau wie seinerzeit Miss Lucy, die ja auch nicht sprach, und die das, was sie bekannt zu machen wünschte, sogar für später aufschrieb. Nun befürchte ich Folgendes: Wenn Madame Mina uns in der Hypnose sagen kann, was der Graf hört und sieht – muss es dann nicht umso wahrscheinlicher sein, dass auch
er
sie, wann immer er will, zwingen kann, ihm das zu verraten, was sie von uns weiß? Schließlich hat er sie zuerst hypnotisiert, hat ihr Blut getrunken und ihr das seine zu trinken gegeben!« Ich nickte zustimmend, und er fuhr fort:
    »Wenn das wirklich so ist, dann müssen wir alles daransetzen, um das zu verhindern! Wir müssen sie über unsere Absichten im Dunkeln lassen, denn das, was sie nicht weiß, kann sie ihm auch nicht verraten. Oh, das ist eine schmerzhafte Angelegenheit, allein der Gedanke daran bricht mir das Herz! Aber es muss sein. Wenn wir uns gleich treffen, werde ich ihr sagen, dass wir sie beschützen, aber dass sie aus einem Grund, den wir ihr leider nicht mitteilen können, von unseren Beratungen fernbleiben muss.« Er wischte sich die Stirn, auf der große Schweißperlen standen, |470| so sehr hatte ihn die grausame Notwendigkeit angegriffen, die ohnehin schon so geplagte Frau erneut kränken zu müssen. Ich glaubte, ihm dadurch etwas Trost spenden zu können, dass ich bemerkte, ich sei alleine bereits zu der gleichen Schlussfolgerung gekommen. Ich glaube, meine Worte befreiten ihn von quälenden Zweifeln.
    Die Zeit für unsere Versammlung ist nahe. Van Helsing ist weggegangen, um sich, wie er sagte, auf unser Treffen

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