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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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Agatha
     
    PS: Mein Patient schläft, deshalb öffne ich den Brief noch einmal, um einiges hinzuzufügen. Er hat mir viel von Ihnen erzählt, vor allem, dass Sie in Kürze die Seine werden sollen. Alles Gute für Sie beide! Er hatte ein furchtbares Nervenfieber, wie unser Doktor meint, und seine Fieberfantasien waren grässlich: von Wölfen und Gift und Blut, von Gespenstern und Dämonen – ich fürchte mich davor, Ihnen all dies detaillierter zu berichten. Seien Sie äußerst behutsam mit ihm und schützen Sie ihn vor jeder Aufregung; die Spuren einer solchen Krankheit, wie sie ihn erfasst hat, verwischen sich nicht so leicht. Wir hätten gerne schon eher geschrieben, aber wir wussten ja nicht an wen, denn er hatte gar nichts bei sich, was uns auch nur den geringsten Anhaltspunkt geboten hätte. Er kam mit dem Zug von Klausenburg an, und der Stationsvorsteher hat berichtet, dass er dort in den Bahnhof gestürmt sei und eine Fahrkarte »nach Hause« verlangt hätte. Seinem rüden Auftreten nach hielt man ihn für einen Engländer und gab ihm ein Billett bis zur Endstation des nächsten abgehenden Zuges.
    Seien Sie versichert, dass er in guten Händen ist. Er hat hier alle Herzen durch seine Güte und Vornehmheit gewonnen. Es geht |149| ihm wirklich schon besser, und ich habe keine Zweifel, dass er in einigen Wochen wiederhergestellt sein wird. Seien Sie aber dennoch vorsichtig. Ich bitte Gott, den Hl. Joseph und die Hl. Maria, dass Ihnen beiden noch viele, viele glückliche Jahre beschieden sein mögen!
     
    Dr. Sewards Tagebuch
     
    19. August
    Eine seltsame, plötzliche Veränderung an Renfield letzte Nacht. Gegen acht Uhr begann er zu toben und umherzuschnüffeln wie ein Hund auf der Fährte. Der Pfleger war von seinem Gebaren überrascht und ermunterte ihn zu reden, da er mein Interesse für den Fall kannte. Der Patient ist gewöhnlich höflich gegen den Pfleger, manchmal sogar unterwürfig, aber diese Nacht, sagte mir der Mann, war er überaus anmaßend. Er wollte nicht einmal mit ihm sprechen. Alles, was er sagte, war:
    »Ich wünsche nicht, mit Ihnen zu verkehren. Sie sind jetzt gar nichts mehr, denn der Meister ist nahe!«
    Der Pfleger glaubte, es sei eine plötzliche religiöse Wahnvorstellung, die ihn ergriffen habe. Wenn es so ist, dürfen wir uns auf einiges gefasst machen, denn ein kräftiger Mann mit Mordmanie und religiösem Wahn ist äußerst gefährlich – es ist dies eine wirklich unheimliche Kombination. Um neun Uhr suchte ich ihn persönlich auf. Er benahm sich gegen mich wie gegen den Pfleger, in seinem neuen Selbstgefühl kam ihm der Unterschied zwischen mir und dem Bediensteten gar nicht zu Bewusstsein. Sein Betragen macht tatsächlich den Eindruck religiösen Größenwahns, und bald wird er sich wohl einbilden, Gott selbst zu sein. Für ein allmächtiges Wesen, wie er es zu sein vermeint, ist der Unterschied zwischen mir und dem Pfleger natürlich vernachlässigbar – wie sich diese Wahnsinnigen doch selbst verlieren können! Der Gott, den die menschliche Eitelkeit schuf, kennt keinen Unterschied zwischen Adler und Sperling.
    |150| Eine halbe Stunde oder länger steigerte sich die Erregung Renfields immer weiter. Ich wollte ihn nicht merken lassen, dass ich ihn überwachte, aber ich beobachtete ihn dennoch scharf. Plötzlich kam der verschmitzte Zug in sein Gesicht, den man immer bemerkt, wenn ein Irrer auf eine Idee kommt. Kopf und Hals zeigten die charakteristische Haltung, die alle Irrenwärter nur allzu genau kennen. Er wurde ganz ruhig, setzte sich in tiefer Ergebung auf den Bettrand und starrte mit glanzlosen Augen ins Leere. Ich hätte gerne gewusst, ob seine Apathie echt oder nur gespielt war, und versuchte daher, ihn in ein Gespräch über seine Ideen zu verwickeln – ein Thema, das bisher nie verfehlt hatte, seine lebhafte Aufmerksamkeit zu erregen. Zuerst antwortete er gar nicht, dann sagte er schließlich mürrisch:
    »Zum Henker mit all dem! Was geht’s mich an?«
    »Wie bitte?«, fragte ich. »Sie werden mir doch nicht weismachen wollen, dass Sie sich nicht mehr um Ihre Spinnen kümmern?« (Spinnen sind gegenwärtig sein Steckenpferd, und sein Notizbuch füllt sich mit Kolonnen kleiner Zahlen.) Darauf entgegnete er mit den rätselhaften Worten:
    »Die Brautjungfern erfreuen die Augen desjenigen, der seine Braut erwartet. Doch naht die Braut ihm dann, so gehören seine Blicke alleine ihr.«
    Weiter erklären wollte er sich nicht, und er blieb die ganze Zeit, die ich bei ihm

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