Draculas Darling
gelitten, denn als der Fremde vorging, vernahm sie kein Geräusch, obwohl er normal auftrat.
Sie war das Ziel...
Der Eindringling ging langsam. Er wusste genau, was er tat. In seinem irgendwie unechten Gesicht bewegte sich nichts. Das Lächeln und das Zeigen der Zähne wirkte überaus fremd. Er näherte sich ihr wie der große Sieger.
Lorna tat nichts. Ich bin eine Puppe!, schoss es ihr durch den Kopf. Er kann mit mir machen, was er will. Ich werde mich nicht wehren können. Ich werde auch keine Hilfe bekommen. Ich kann nicht mal schreien, um meinen Mann zu Hilfe zu holen.
Der Fremde näherte sich. Er ging locker. Er hielt den Mund offen und grinste dabei. Sein langer Mantel schwang bei jeder Bewegung vor und zurück. In seinen Augen lag kein Gefühl. Sie waren wie Punkte, die sich auf ein Ziel eingependelt hatten. Er starrte sie an. Sein Blick zwang sie fast nieder, und Lorna fühlte sich klein und immer kleiner werdend.
Vor ihr blieb er stehen. Er strömte einen bestimmten Geruch ab. Es konnte ein alter Geruch sein, der seinen Ursprung in irgendwelchen Höhlen hatte. Altes Wasser und Moder rochen so. Einfach widerlich.
»Ich bin Jordan!«
Er hatte nur diesen einen kurzen Satz ausgesprochen, damit Lorna Bescheid wusste. Den Namen hatte sie noch nie zuvor gehört. Er hätte sich auch als Miller oder Smith vorstellen können, das wäre auch egal gewesen. Auch ihr Mann, der mit vielen Leuten in Verbindung kam, hatte diesen Namen noch nie erwähnt, und Lorna wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie hob nur die Schultern an. Das war alles, was sie zustande brachte.
»Ich habe einen Job!«, sprach er weiter. »Ich habe einen guten Job bekommen, und ich habe bei deinem Mann angefangen. Aber ich wusste nicht, dass du so schnell hier erscheinen würdest. Es ist mein Glück und dein Pech.« Er streckte seine linke Hand aus und legte die Finger unter Lorna’s Kinn, das er dann leicht anhob.
Sie konnte den Schauder nicht vermeiden, der bei der Berührung über ihren Körper rann. Lorna hatte sich nie darüber Gedanken gemacht, wie sich ein Vampir anfühlte. Ob kalt, ob warm oder einfach nur neutral. Seine Haut war glatt, und er ließ ihr Kinn auch nicht los, sondern hob den Kopf noch weiter an, damit sie ihm in die Augen schauen konnte.
Er faszinierte sie. Er hypnotisierte sie. Hier kam alles zusammen, und Lorna spürte, dass ihre Knie zu zittern begannen. Dagegen wehren konnte sie sich nicht. Der andere hatte plötzlich eine schreckliche Macht über sie, die er auch nie abgeben würde. Er würde sie nehmen. Er würde das tun, was seine Pflicht war.
Lorna war eine relativ kleine Frau mit rundlicher Figur und leicht rötlich gefärbten Haaren. Keine Laufsteg-Schönheit, sondern ein normaler Mensch mit allen Vor- und Nachteilen. Sie liebte ihr Geigenspiel, ihr Leben verlief normal. Sie hatte nie daran gedacht, auszubrechen, aber in diesen langen Sekunden wurde ihr plötzlich ganz anders. Sie fühlte sich auf eine bestimmte Art und Weise begehrt, was ihr noch nie so widerfahren war. Und sie wunderte sich darüber, dass sie nicht von einer starken Angst überfallen wurde. Allein ihre Bewegungsunfähigkeit war ihr fremd.
»Du willst es doch!«, flüsterte Jordan. »Du willst doch, dass ich dich nehme...«
Die Zustimmung war in ihren Augen zu lesen. Sie tat nichts, als der Eindringling seine Hände um ihre Hüften legte und sie in die Höhe zog.
Plötzlich schwebte sie über dem Boden, und das blieb auch so, als der Vampir mit ihr auf die Treppe zuging. Schon jetzt war ein Schwindel über sie gekommen, gegen den sie sich nicht wehren konnte. Es konnte an ihr selbst liegen, aber auch durch das Tragen entstanden sein. Der Fremde bettete sie auf die Stufen der Treppe und schwebte über ihr wie ein Gespenst.
Für einen Moment wunderte sich Lorna noch, dass sie nicht schrie und sich nicht wehrte. Ihr kam gar nicht der Gedanke daran. Sie war der Faszination erlegen, und die erste Angst war längst aus ihr verschwunden.
Sie spürte nicht den Druck der Stufen in ihrem Rücken, sie schaute nur nach vorn und sah das Gesicht des Fremden. Seine Augen, die so zwingend schauten. Sie nahm den Geruch wahr und schmeckte ihn sogar auf ihrer Zunge, so nah war ihr die Gestalt.
Das Gesicht verzerrte und die Haut verschob sich, als er den Mund weit öffnete. Er schien so nach Luft schnappen zu wollen, aber er brauchte nicht zu atmen.
Im Gegensatz zu Lorna!
Bei ihr war alles anders oder normal menschlich. Sie konnte atmen, sie
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