Draculas Darling
kann.«
»Genau.«
»Er kam aus dem Haus.«
»Muss er denn Pete Ritter besucht haben?«
»Muss nicht. Wäre aber möglich.«
»Könnte er Draculas Liebling sein?«
Suko lachte nicht über diese Frage. »Nein, vielleicht auch ja. So genau habe ich ihn nicht gesehen. Ist auch egal, John. Ich werde mal ein paar Schritte nach vorn gehen. Kann sein, dass er sich versteckt hat. So plötzlich kann fast keiner verschwinden. Und in einen Wagen ist er auch nicht gestiegen. Das hätten wir gehört und gesehen.«
Allmählich hatten mich Suko’s Vermutungen auch misstrauisch gemacht. Ich wollte meinen Freund nicht allein gehen lassen und schlug vor, ihn zu begleiten.
»Dann nimm du die Straße.«
»Okay.«
Ich trat auf die feuchte Fahrbahn. Rechts und auch links von mir standen die abgestellten Fahrzeuge der Bewohner. In dieser Lage kam mir die Stille noch intensiver vor. Nur aus der Ferne hörte ich das ewige Brausen des Londoner Verkehrs. Es wuchsen auch Bäume in der Nähe. Sie wechselten sich als Wächter mit den Straßenlaternen ab. Ihr kahles Astwerk schimmerte durch die Feuchtigkeit ölig.
Ich erhaschte einen Blick über die Autodächer hinweg und suchte nach der Gestalt des Fremden auf dem Gehsteig. Aber nur Suko war zu sehen, kein anderer.
Allmählich gelangte ich zu der Überzeugung, dass sich Suko geirrt hatte. Der Mann war ein Besucher gewesen, der das Haus um diese Zeit verlassen hatte. Er musste ja nicht unbedingt bei Pete Ritter gewesen sein.
Jemand ließ einen Automotor an.
Ich blieb mitten auf der Straße stehen, und auch Suko ging auf dem Gehsteig nicht weiter.
Vor uns wollte jemand wegfahren. Er musste aus der Parklücke scheren. Rote Rückleuchten gaben einen blutig-roten Schein ab. Das normale Licht verteilte seinen hellen Glanz und streifte die abgestellten Fahrzeuge ebenso wie das Straßenpflaster.
Der Fahrer hatte seinen Wagen in eine Parklücke gedrängt, die er nicht so leicht verlassen konnte. Er musste ein wenig rangieren, und das gab uns die Zeit, in seine Nähe zu kommen.
Ich lief auf der Straße weiter, Suko nahm den Gehsteig. Plötzlich hatte auch ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Es gab keinen Grund, der Fahrer des Wagens benahm sich völlig normal. Aber auf mein Gefühl konnte ich mich normalerweise verlassen.
Ich würde den Wagen an der Beifahrerseite erreichen. Suko konnte direkt mit dem Fahrer sprechen.
Das Auto kam frei.
Noch eine scharfe Drehung nach links, dann konnte es sich aus der Lücke schieben. Ich war so nahe heran gekommen, dass ich jetzt die Marke erkannte. Es war ein dunkler Toyota, der aus der Lücke gequält wurde. Die Reifen schmatzten über den Asphalt, und zwei Scheinwerfer schleuderten ihr Licht quer über die Fahrbahn.
Dann war ich da.
Wie ein Gespenst tauchte ich an der Beifahrerseite auf. Im gleichen Moment hatte der Mann das Auto gestoppt. Er sah mich nicht, weil er er sich um Suko kümmerte, der an der Fahrerseite aufgetaucht war. Das Fenster dort glitt nach unten, und ich hörte auf meiner Seite die Stimme des Fahrers.
Ich war in diesen Augenblicken hoch konzentriert und nahm jedes Detail auf. Ich sah den Mann, der mir den Rücken zudrehte, noch nicht angeschnallt war und eine schräge Sitzposition eingenommen hatte. Was gesprochen wurde, interessierte mich nicht. Ich achtete nur auf den rechten Arm des Mannes, der sich mit einer bestimmten Geste bewegte.
Die kam mir bekannt vor.
So verhielt sich jemand, der eine Waffe ziehen wollte!
Mit einem Ruck riss ich die Beifahrertür auf.
»Hände ruhig halten!«, schrie ich gegen den Rücken des Mannes...
***
Die meisten Menschen erstarren vor Schreck, wenn plötzlich ein derartiger Befehl erschallt. Damit hatte ich auch in diesem Fall gerechnet, aber ich irrte mich. Ich hatte es hier nicht mit einem normalen Menschen zu tun, sondern mit einem, der sich verdammt gut zu wehren wusste und so gut wie keine Schrecksekunde kannte.
Er fuhr auf dem Fahrersitz herum.
Er sah mich, und in der Bewegung hatte er seine Waffe gezogen. Mir fiel noch auf, dass der Lauf durch den Schalldämpfer verlängert war. Ich sah über der Waffe und dem Unterarm ein böses Gesicht und handelte genau richtig.
Mit der rechten Hand schlug ich zu.
Genau um eine Millisekunde früher, als der Typ abdrückte. Ich hörte den leisen Knall, hinter und zugleich neben mir jagte das Geschoss in die Windschutzscheibe, und zu einem zweiten Schuss ließ ich den Kerl nicht kommen.
Mit der Handkante traf ich sein rechtes Gelenk.
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