Draculas Darling
genau überlegt. Wir müssen Jordan loswerden, wenn alles vorbei ist. Er kann uns erpressen und uns auch angreifen...«
»Weiter!«, sagte Chapman, als er sah, dass sein Gegenüber ins Stocken geriet.
Dann redete Pete Ritter. Es gab nur diese Alternative. Er war sich durchaus bewusst, dass er sich um Kopf und Kragen reden konnte, aber er hatte es einmal angefangen und musste es auch durchziehen, egal, was Chapman dazu sagte und wie er sich entschied. Noch hoffte er, dass der Mann einsichtig war, aber darauf setzen konnte er nicht.
Chapman unterbrach ihn mit keinem Wort. In seinen Augen stand nicht zu lesen, ob er Ritter glaubte oder nicht. Und als Pete geendet hatte, war er in Schweiß gebadet und machte den Eindruck, als würde er bald zusammenbrechen.
»Jetzt weißt du alles«, flüsterte er und sackte im Stehen beinahe zusammen. Er schleppte sich auf den Sessel zu, über dessen Lehne sein Jackett hing. Dort fand er eine Stütze und atmete keuchend ein und aus.
Chapman sagte nichts. Er schwieg fast eine Minute lang, obwohl ihn Pete bittend anschaute.
»Sag doch was...«
Chapman zuckte die Achseln. »Eine hübsche Geschichte«, erklärte er. »Sie ist in der Tat außergewöhnlich und aus deiner Sicht sogar verständlich, Pete...«
»Aber?«
Chapman schaute wieder in die feuchten Augen des anderen. »Genau das ist der Punkt, mein Freund. Sie ist ausschließlich für dich wichtig, aber nicht für mich. Ich kann sie so nicht nachvollziehen. Du hättest zuvor mit mir darüber sprechen können, dann wäre vielleicht alles anders gekommen. Du hast es nicht getan, und deshalb bist du für mich auch ein Verräter.«
»Nein, nein, nein!« Ritter schüttelte den Kopf. »Begreife das doch, Chapman, wir müssen Zusammenhalten. Wir sind Menschen, aber Jordan ist kein Mensch.«
»Das ist mir schon klar. Nur gehe ich bei meinen Aktionen davon aus, dass alles der Sache dienen sollte. So sehe ich das in diesem Fall. Du hast der Sache an sich keinen großen Gefallen getan. Das kann ich nicht hinnehmen, auch wenn wir in den vergangenen Jahren gut zusammengearbeitet haben.«
»Bitte, ich...«
Chapman lächelte. Zugleich hob er bedauernd die Schultern. In seinen Augen stand nicht mehr die Kälte. Jetzt schienen Funken in den Pupillen zu tanzen.
Vorfreude auf den Schuss.
»Das war’s dann, Pete!«
Der Schuss war kaum zu hören, weil der Schalldämpfer ihn zu stark schluckte.
Die Kugel traf Pete Ritter genau zwischen die Augen...
***
Der Mörder war mit sich zufrieden. Er hatte nichts verlernt. Er schaute zu, wie Pete Ritter noch auf den Füßen stand. Er hatte beide Hände um die obere Kante der Rückenlehne geklammert und schaffte es tatsächlich noch, sich daran festzuhalten.
Allerdings nur für wenige Sekunden. Dann rann ein Zittern durch seinen Körper, und einen Augenblick später brach er zusammen. Er sackte in die Knie und fiel zugleich nach hinten. Mit einem dumpf klingenden Geräusch schlug er auf den Teppich.
Chapman schüttelte nur den Kopf. »So ein Idiot«, sagte er zu sich selbst.
»Einer, der alles falsch macht. Zum Teufel mit ihm. Dabei hätte es noch so gut weiterlaufen können.«
Chapman glaubte, dass Ritter ihm die ganze Wahrheit gesagt hatte. Sein Plan war ja im Prinzip nicht schlecht gewesen, nur hätte er sich nicht an die Bullen wenden müssen. Sie mit ins Spiel zu nehmen war eine Torheit gewesen, die nur tödlich enden konnte.
Auf leisen Sohlen schlich Chapman durch das Zimmer. Er trug hauchdünne fleischfarbene Handschuhe und brauchte keine Angst vor Fingerabdrücken zu haben.
Im Arbeitszimmer blieb er vor dem Schreibtisch aus dem achtzehnten Jahrhundert stehen. Der Computer passte nicht dazu, aber ohne ihn kam heute kaum jemand aus.
Er dachte nach.
Nein, Ritter war nicht so verrückt gewesen, sein Wissen in irgendwelche E-Mails umzusetzen. Das glaubte er einfach nicht. Er würde auch keine Diskette mit Informationen hinterlassen haben, denn so etwas belastete nur ihn selbst.
Dennoch schaute er sich einige Disketten von außen an. Er las die Beschriftungen und war zufrieden. Die Inhalte hatten mit dem normalen Job des Mannes zu tun gehabt.
Chapman war auch klar, dass Ritters Tod Staub aufwirbeln würde. Besonders bei den beiden Jägern vom Yard. Nur würden die sich wundern, wenn Ritter mit einem Loch in der Stirn gefunden wurde und sein Hals keinen Vampirbiss zeigte. Da würden die Bullen schon anfangen zu recherchieren, und deshalb suchte auch Chapman auf Hinweise, die eine
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