Draculas Darling
seiner Reichweite gelangt, und sie kroch auf allen Vieren von ihm weg.
Suko setzte sich hin.
Verdammt, ihm taten die Knochen weh, aber das ließ sich verkraften. Auch die Beule an seinem Knie war jetzt unwichtig geworden, er musste die Frau haben. Die weibliche Mischung aus Vampir und Mensch war einige Schritte zur Seite gekrochen. Sie kniete auf dem Boden und stöhnte vor sich hin.
Sie hatte nicht gesehen, dass Suko aufgestanden war. Sie musste es gespürt haben. Langsam drehte sich Thelma Fox um. Sie blieb dabei am Boden.
Von oben herab schaute der Inspektor auf ihr Gesicht. Sie sah nichts mehr. Ihre Augen waren eingedrückt. Er sah eine mit Blutfäden durchzogene Masse in den Augenhöhlen.
Ihren Mund hielt sie weit offen. Sie röchelte. Der Mund bewegte sich zitternd. Einen Arm hob sie vom Boden ab und ließ ihn in der Nähe kreisen. Mit der Hand tastete sie nach Suko, weil sie ihn nicht sehen konnte.
»Du bist da! Ich spüre dich! Du bist in der Nähe, verdammt noch mal! Ich merke es genau...«
Suko gab keine Antwort. Er zog seine Beretta. Er wusste, dass es sein musste, denn diese Frau würde sich nicht mehr zurück in einen normalen Menschen verwandeln. Auch Suko war nur ein Mensch mit allen Vor- und Nachteilen. Es gab Situationen, in denen er seinen Beruf hasste. Diese hier gehörte dazu.
Er hasste es, aber musste es tun.
Thelma konnte ihn nicht sehen, auch wenn sie sich ihm zugedreht hatte. Er spürte noch immer den Hass, den sie ihm entgegenbrachte. Sie wollte sein Leben vernichten.
»Es geht nicht anders«, sagte er, »tut mir Leid.«
Dann schoss er.
Die Kugel traf die kniende Frau mitten ins Herz. Sie zuckte noch mal zusammen, sie schrie auf, aber es war nur ein leiser Laut, der aus ihrer Kehle drang. Das meiste davon erstickte im Hals. Dann brach sie zusammen, als hätte man ihr den Arm unter dem Körper weggeschlagen.
Der Inspektor holte tief Luft. Er drehte sich mit einer schwerfälligen Bewegung herum. Plötzlich merkte er seinen Körper wieder. Das heißt, er spürte überall die Schmerzen, die sich von den Schultern bis zu den Beinen hinzogen. Seine Glieder schienen mit Metall gefüllt zu sein. Ihm war übel. Ihn schwindelte. Seine Ohren brannten, als wären sie von Flammen gepeinigt worden. Mühsam legte er den Kopf zurück, um in die Höhe zu schauen.
Er sah seinen Freund John Sinclair unbeweglich am Geländer stehen. Aus Spaß hatte er sich nicht so hingestellt, denn schräg hinter ihm war eine andere Gestalt zu sehen.
Düster, drohend...
Suko hatte sie noch nie zuvor gesehen, aber er wusste, dass es nur Jordan sein konnte...
***
Was störte mich mehr? Die Waffenmündung in meinem Nacken oder der Geruch des Blutsaugers?
Einen kleinen Vorteil gab es. Suko hatte den Kampf gegen die Frau gewonnen und sie mit einer Kugel aus seiner Beretta erledigt. Es gab die Clique der Ausputzer nicht mehr, und wir hatten Draculas Darling sogar die Arbeit abgenommen. Oder ihn um ein weiteres Vergnügen gebracht, dass konnte man sehen wie man wollte.
Ich hatte ihn noch nicht gesehen, nur gespürt. Die Waffenmündung drückte ziemlich hart gegen meinen Nacken, und eigentlich wartete ich auf den Schuss, doch Jordan ließ sich Zeit.
Meine eigene Beretta lag am Boden. Er hatte mir befohlen, sie fallen zu lassen.
»Glaubst du jetzt, dass du gewonnen hast?«, fragte er höhnisch.
»Nein«, sagte ich, »das glaube ich nicht. In diesem Fall hat keiner gewonnen. Wie es aussieht, sind wir alle Verlierer. Es ist zuviel gestorben worden.«
»Das passiert nun mal beim großen Aufräumen. Dagegen kann man nichts machen. Aber du bist für mich interessant. Ich spüre dich. Ich merke, dass du etwas an dir hast. Ich kann es nicht erklären, aber es ist für mich nicht gut. Was ist es?«
»Willst du es sehen?«
»Ja.«
»Darf ich mich drehen?«
»Langsam – nur sehr langsam.«
Bevor ich es tat, warf ich einen letzten Blick nach unten. Suko stand dort und sah zu mir hoch. Ich wusste, dass er darauf wartete, eingreifen zu können, aber er hielt sich zurück. Er musste es tun. Bei einer falschen Bewegung und sei es auch nur das Greifen nach seinem Stab, würde Jordan schießen.
Der Druck war aus meinem Nacken verschwunden. Den winzigen Pluspunkt setzte ich auf meine Seite. Ich wusste nicht, ob er tatsächlich das Kreuz sehen wollte, denn es konnte ihn nur vernichten. Wahrscheinlich aber war er größenwahnsinnig geworden, sonst hätte er sich nicht über alle hinweggesetzt.
Ich sah ihn zum ersten Mal –
Weitere Kostenlose Bücher