Draculas Goldschatz - Gruselroman
dem Osten war, daß das bergumschlossene Hochland von Siebenbürgen Sonderentwicklungen begünstigte, und daß das fruchtbare Donaubecken zu allen Zeiten ein lohnendes Eroberungsziel darstellte; kein Wunder also, daß die zweieinhalbtausendjährige Geschichte des Landes vom Klang der Stierhörner und Trompeten und von den Todesschreien sterbender Römer, Slawen, Magyaren, Türken, Deutscher und Russen widerhallt. Aber das ist nur ein Aspekt, wie jeder weiß, der dieses reizvolle und an landschaftlichen Schönheiten reiche Land bereist hat. Und an Winterabenden, wenn es dunkel wird, können die bewaldeten Berge eine düstere Schwärze annehmen, wie man sie anderswo nicht finde...
„Mr. Sanchez - ist die Landschaft so, wie Sie sich an sie erinnern?“
Sie hatten Bukarest hinter sich gelassen und fuhren auf der Landstraße nach Piteschti. Es war eine Strecke von knapp hundert Kilometern in nordwestlicher Richtung, und sie würden etwas mehr als zwei Stunden dafür brauchen, in erster Linie wegen der zahlreichen Ortsdurchfahrten, aber auch wegen der Schaf- und Ziegenherden, der Pferdefuhrwerke und Radfahrer, die die Straße bevölkerten.
„Es ist dunkler“, erwiderte Sanchez.
„Ich fürchte, Sie werden die Entdeckung machen, daß auch Arefu düsterer geworden ist. Nicht nur in der äußeren Erscheinung, die von der Jahreszeit bestimmt wird, sondern auch im Geist.“ Er wandte sich zu Harmon. „Ich hätte dir vielleicht wegen der letzten Entwicklung telegrafieren sollen, aber ich dachte, es würde deinen Entschluß, zu kommen, nicht beeinflussen. Auf Draculas Berg ist wieder ein Mord geschehen.“
„Wann?“
„Vor vier Tagen. Ein junger Mann, der Bruder des eine Woche zuvor ermordeten Mädchens, wurde getötet.“
„Und die Umstände?“ fragte Harmon.
„Ganz ähnlich“, sagte Thorka. „Zerrissene Kehle, starker Blutverlust durch die durchtrennte Halsschlagader. Der Tod trat bei Nacht ein, genau wie in dem anderen Fall.“
„Gibt es irgendeinen Unterschied?“ sagte Harmon.
Thorka nickte. „Es gibt einen Überlebenden, einen Zeugen - obwohl man diesen Begriff mit Vorsicht gebrauchen muß. Leider befindet sich der junge Mann in einem sehr schlechten Zustand. Er kam schreiend in das Dorf, weckte fast alle Leute mit seinem Gebrüll auf. Manche sagten, er habe wie ein Wolf geheult, als ob er vorübergehend in dieses Tier verwandelt worden wäre.“
„Das war ein vorübergehender Zustand, nicht wahr?“
„Ja, aber soweit ich unterrichtet bin, ist er noch nicht zu einem vernünftigen Gespräch fähig. Ein unzusammenhängendes hysterisches Gebabbel scheint alles zu sein, was er bis zur Stunde von sich gibt; immerhin hat der vernehmende Polizeibeamte die Worte ‚Teufelin‘ und ‚Geisterfrau‘ herausgehört. Dies mag jedoch auf Einbildung zurückzuführen sein, denn in Arefu sprießen die Gerüchte wie anderswo das Frühlingsgras. Natürlich sind Radu Conescu und seine Nichte Hauptgegenstand der Gespräche. Der Name dieser Nichte ist übrigens Dava, ein ungewöhnlicher Name, aber sie scheint auch eine ungewöhnliche Frau zu sein. Sie soll etwas Geheimnisvolles an sich haben. In dieser Hinsicht ähnelt sie vielleicht deiner Assistentin, die uns im Lieferwagen folgt. Wie auch immer, ich möchte dieser Dame mit meinem Vergleich kein Unrecht antun.“
„Ktara“, sagte Harmon.
„Richtig, Ktara. Wie ich sagte, ich möchte ihr kein Unrecht antun, wenn ich sie mit Dava Conescu vergleiche. Ihre Schönheit übertrifft die der Conescu bei weitem. Auch scheint es, daß sie viel jünger ist.“
Thorkas Betonung der Worte ‚auch scheint es‘ entging weder Harmon noch Sanchez. Die Blicke, die sie wiederum austauschten, blieben dem alten Rumänen nicht verborgen. Mit zufriedenem Räuspern sagte er:
„Dein Telegramm, Damien, mit dem du deinen Besuch ankündigtest, behandelt die technischen Details sehr präzise, aber du sagtest nicht, was du über Conescu und seine Nichte herausgefunden hast.“
Harmon berichtete ausführlich, was er von dem Mann wußte. „Über die Frau wissen wir nichts, und das liegt in erster Linie daran, daß keine Fingerabdrücke von ihr vorliegen. In Conescus Unterlagen scheint jedenfalls keine Frau eine wesentliche Rolle zu spielen. Vielleicht erfahren wir mehr, wenn wir Gelegenheit erhalten, sie zu sprechen.“
„Vielleicht“, pflichtete ihm Thorka bei. „Und was die Ausgrabungen auf Draculas Berg betrifft - hast du eine Vorstellung, was dahinterstecken könnte?“
„Die
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