Dracyr – Das Herz der Schatten
Eiskalter Schreck fuhr ihr in die Glieder. Wenn derjenige das Fläschchen entdeckt hatte, das sie darin versteckt hieltâ¦
Mit fliegenden Händen durchsuchte sie die Lade und, als sie nichts fand, auch die anderen beiden, in der wahnwitzigen Hoffnung, sich zu irren und das Gift anderswo versteckt zu haben.
Endlich sank sie auf ihr Bett und hob die zitternden Finger an die Lippen. Das Giftfläschchen war verschwunden.
Sie schrak aus ihrer erstarrten Haltung hoch, als die Tür sich öffnete. Damian stand dort, sah sie an. Sein Gesicht erschien angestrengt und müde, seine lichtgrauen Augen waren glanzlos. » Kay « , sagte er. » Komm bitte mit. Mein Vater möchte dich sehen. «
Sie erschrak. » Warum? « , fragte sie, während ihr Herz schneller schlug. Hatte jemand ihr Treffen mit Bradan belauscht? Oder war es ihr Fehlen bei der Ãbung, das nun bestraft werden würde? Wollte Lord Harrynkar sich für ihren letzten Zusammenstoà rächen? Sie stand auf und tastete nach ihrem Zopf. » Damian? «
Er sah sie nicht an, hielt nur die Tür für sie auf.
Kay rührte sich nicht vom Fleck. » Wenn du nicht mit mir sprichst, werde ich dir nicht folgen « , sagte sie.
» Ich müsste dich zwingen « , sagte er. » Mach es dir und mir nicht so schwer, Kay. Ich weià nicht, was er von dir will, er hat es mir nicht verraten. «
Sie konnte nicht erkennen, ob er sie anlog. Mit einem resignierten Seufzer zog sie ihre Jacke wieder an und folgte ihm aus dem Zimmer. » Wie ist die Ãbung gelaufen? « , fragte sie, nicht, weil es sie interessierte, sondern weil sie seine Stimme hören wollte. Er war so kalt und distanziert, etwas musste vorgefallen sei, und sie wollte wissen, was es gewesen war.
» Gut « , sagte er mit dieser leblosen Stimme. » Reibungslos. Morgen wirst du mit uns fliegen. «
Mehr sagte er nicht und sie fragte auch nicht weiter.
Es war das erste Mal, dass sie das Turmgemach betrat, in dem Lord Harrynkar residierte. Sie blieb an der Tür stehen, einige Atemzüge lang überwältigt von der Aussicht durch die umlaufenden Fenster. Dann fokussierte sich ihr Blick auf das Zentrum des Raumes, den düster aufragenden, in seiner Massigkeit an einen Monolithen erinnernden Dracyrlord. Er stand reglos neben einem schweren Eichentisch und sah sie an. Kay erwiderte seinen Blick und fand Paindals eisige Gleichgültigkeit und brennende Kälte darin gespiegelt. Sie zog die Jacke enger und neigte den Kopf. » Eure Lordschaft wollten mich sprechen « , sagte sie.
Er regte sich, als erwachte er aus einem tiefen Schlaf, und deutete auf einen schweren, hochlehnigen Stuhl. » Setz dich dorthin « , befahl er. Sein Blick glitt an ihr vorbei und ruhte auf seinem Sohn. » Du kannst gehen. «
» Ich würde es vorziehen zu bleiben « , erwiderte Damian.
» Wie du willst. « Der Dracyrlord wandte seine Aufmerksamkeit wieder Kay zu. » Du hast bei der Ãbung gefehlt. «
» Damian wollte zuerst die Fehler des letzten Manövers ausmerzen « , erwiderte Kay beherrscht.
Lord Harrynkar nickte. Er beugte sich vor und griff nach einer Karaffe, in der dunkelroter Wein schimmerte, dessen öliges Schwappen Kay an frisch vergossenes Blut erinnerte. Sie schluckte, als Lord Harrynkar ein Glas einschenkte und auf den Tisch stellte. Er setzte sich ihr gegenüber, umschloss das Glas mit seinen groÃen Händen und fixierte Kay währenddessen. Sie konnte nicht anders als ihn anzusehen, obwohl ihr Mund trocken war und ihr Herz schmerzhaft hämmerte. Sie hatte Angst und wusste nicht, was auf sie zukam.
» Du bist ungehorsam und aufrührerisch « , sagte er. » Du triffst dich mit Menschen, die gegen mich arbeiten und meinen Sturz planen. Du hast meinen Sohn verführt und mir entfremdet. Du hast bereits einmal versucht, mich zu töten. Was meinst du, sollte ich mit dir machen? «
Kay zwang sich, seinem Blick nicht auszuweichen. Sie hob das Kinn. » Ich bin eine der Neun « , erwiderte sie mit gespielter Zuversicht. » Ich denke, das ist die Antwort auf Eure Frage. «
Er lachte kurz und grollend. » Das ist nicht die Antwort, das ist die Krux « , erwiderte er. Er lachte wieder und reichte Kay zu ihrer Ãberraschung das Glas Wein. Sie nahm es entgegen und dankte, hob es an die Lippen und zögerte. Gormydas regte sich und stieà einen Warnruf aus, der ihre Finger beben lieÃ. Sie
Weitere Kostenlose Bücher