Dragon Kiss (epub)
deine Sippe stellen. Du hast mir das Leben gerettet, du schuldest mir nichts weiter.«
Er zog seinen majestätischen Kopf von ihr zurück. »Hier geht es nicht um Schulden, Annwyl. Ich kämpfe an deiner Seite, weil ich das so entschieden habe.«
Er ging weg von ihr. Rastlos wie er war, stand er diese Nacht nie lange still. Außerdem spürte sie seine Sorge und seinen Ärger. Und sie wusste, dass es sich irgendwie um sie drehte, aber nicht, was sie getan hatte. Es sei denn, natürlich … »Geht es um den Ritter?«
Der Drache blieb stehen, drehte sich aber nicht zu ihr um. »Wenn ich dich bitten würde, dich nicht mehr mit ihm zu treffen, würdest du es dann tun?«
Annwyl schloss die Augen. Am Ende stand nun also doch die Frage, die sie so lange schon gefürchtet hatte. Doch sie hatte nur eine Antwort für den Drachen. Nur eine Antwort, die keine Lüge war.
»Ja.«
»Warum?«
»Weil du mich darum bittest. Und ich bin dir – und nur dir – treu ergeben. Ich werde dir immer treu sein, Fearghus.«
»Weil ich dir das Leben gerettet habe?«
»Nein. Dafür schulde ich dir mein Leben. Wenn du mich mit einer Flammenkugel treffen wolltest, würde ich nicht versuchen, dich davon abzuhalten. Mein Leben gehört dir, du kannst es mir nehmen. Aber meine Treue nicht. Die muss man sich verdienen. Und das hast du getan.«
»Wie?«
»Du hast mir ein Gefühl der Sicherheit vermittelt, wie sonst keiner es tat.«
Annwyl schlenderte langsam zu ihm hinüber. Als sie vor ihm stand, legte sie ihre Hand auf seine Schnauze. Er schloss die Augen unter ihrer Berührung. »Dafür wirst du immer meine Treue haben.«
Sie ging um den Drachen herum und streckte ihre Arme so weit um seinen Hals wie sie konnte. Sie umarmte ihn, und wie immer ließ er sie gewähren. »Gute Nacht, mein Freund.«
»Gute Nacht, Annwyl.«
Sie ging zurück in ihr Gemach, konnte es sich aber nicht verkneifen, mit ihrer Hand über seine ledrigen Flügel und über die Schuppen seines Körpers zu streichen. Wie sie es jede Nacht tat.
Fearghus sah ihr nicht nach, wie er es sonst oft tat. Seine Gefühle waren ein einziges Durcheinander. Der Mann, den er tagsüber spielte, wetterte gegen die Tatsache, dass sie ihn so leicht aufgab. Der Drache zerbrach sich in größter Verwirrung den Kopf, weil sie bereit war, etwas für ihn aufzugeben, was sie eindeutig begehrte. Doch nicht ein einziges Mal hatte sie Liebe erwähnt. Nur Treue. Natürlich hatte er selbst auch nicht von Liebe gesprochen.
Diese kleine Menschenfrau schaffte es, ihn total durcheinanderzubringen, und er war sich nicht sicher, ob er ihr das jemals verzeihen konnte.
Sie sah zu, wie die Soldaten lautlos in die Schlucht strömten. Sie konnte ihre Angst riechen. Sie wollten nicht in der Finsteren Schlucht sein, kein vernünftiger Mensch hätte das gewollt. Also musste ihre Alternative noch viel schlimmer sein. Und als sie ihre Rüstungen erkannte, war ihr klar, dass es auch so war. Es waren Lorcans Männer. Er schickte sie in die Schlucht ihres Bruders. Schickte sie, um Annwyl zu finden.
Sie ließ sie weiter hereinkommen, sich von den Truppen entfernen, die möglicherweise in Sicherheit vor der Schlucht warteten. Sie wartete und beobachtete. Als die Zeit reif war, trat sie hinter sie und räusperte sich. Die Männer blieben stehen. Zuerst drehten sie sich nicht um. Aus Furcht, was sie sehen würden. Doch sie wartete; sie wusste, dass ihre menschliche Neugier die Oberhand gewinnen würde. Und so war es. Als sie ihre Augen sah, stieß Morfyd einen Feuerstrom aus, der sie zu Asche verglühte, bevor sie schreien konnten.
Gwenvael erschien an ihrer Seite; seine goldenen Schuppen glänzten hell im Mondlicht. Er schnüffelte und betrachtete die noch rauchenden Überreste der Soldaten.
Dann lächelte er seiner Schwester zu. »Abendessen!«
Es ging schon seit Tagen so. Die beiden waren pausenlos »dabei«. Wie zwei Tiere in der Paarungszeit. Gwenvael schüttelte angewidert den Kopf. Er wusste, was Lust war. Um genau zu sein, wusste er sie sehr zu schätzen. Aber Liebe? Ein rein menschliches Gefühl. Und obwohl er es genoss, sich als Mensch in der Stadt zu amüsieren, hatte er nicht vor, sein Leben zu einem Kuddelmuddel zu machen, wie sie es alle zu tun schienen.
Natürlich hätte er auch nie gedacht, dass Fearghus dem Zerstörer so etwas passieren könnte. Wenn es eines gab, worauf er bei seinem großen, wenig geselligen Bruder zählen konnte, dann war das seine anscheinend angeborene Fähigkeit,
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