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Dragon Touch

Dragon Touch

Titel: Dragon Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. A. Aiken
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bleibe, solange ihr mich braucht. Und ich werde tun, was ich kann.«
    Was im Moment gar nichts war, doch statt das zu sagen,
sagte er einfach: »Danke.«
    Briec starrte in das breite Kinderbett, in dem seine
Nichte und sein Neffe lagen, während um ihn herum Heilerinnen und Hebammen
geschäftig hin und her liefen.
    Sie waren beide extrem – er runzelte die Stirn – gut
entwickelte Babys. Sie sahen überhaupt nicht wie Neugeborene aus. Sie schienen
irgendwie älter zu sein. Um genau zu sein, kamen sie ihm auf vielerlei Weise eher
wie Drachenküken vor. Beide hatten volle Haarschöpfe – der Junge die braunen
Haare mit den hellbraunen Strähnen seiner Mutter und das Mädchen die pechschwarzen
Haare seines Vaters –, und ihre Augen waren offen und konnten fokussieren. Sie
konnten sich schon nach Dingen ausstrecken, die sie haben wollten und mit ihren
kleinen Händen greifen.
    Wirklich, hätte Briec es nicht besser gewusst, hätte er
geschworen, dass sie fast drei Monate alt und nicht erst vor weniger als einer
Stunde geboren worden waren.
    Annwyl
liegt im Sterben . Das hatte seine Schwester vor ein paar Minuten
gesagt. Sie hatten die Menschenkönigin aufgeschnitten, um an ihre Babys zu
kommen, und sie dann wieder zugenäht. Es war nicht diese Prozedur, die sie
umbrachte. Es kam selten vor, aber gut ausgebildete Heilerinnen und Hexen
hatten das auch schon früher getan, unter anderem auch Morfyd, die den meisten
Frauen im nahe gelegenen Dorf bei leichten und schweren Geburten geholfen
hatte.
    Nein, es war nicht diese Prozedur. Es waren die Babys gewesen.
Sie hatten ihrer Mutter buchstäblich das Leben ausgesaugt, während sie zu
schnell wuchsen und zu mächtig für ihren menschlichen Körper geworden waren.
Jetzt lag Annwyl fast nur noch als Skelett auf ihrem Bett, und die Haut, die
sich immer straff über ihre starken Muskeln gespannt hatte, hing ihr jetzt von
den Knochen.
    Unbeabsichtigt hatten die Babys ihr die Lebensenergie
ausgesaugt, und jetzt war das Einzige, das ihr Herz noch am Schlagen und die
Lungen am Atmen hielt, die Drachenkönigin. Die mächtigste Drachenhexe, die
Briec kannte.
    Endlich riss er seinen Blick von den schlafenden Babys los
und sah eine der Hebammen an. »Wo ist Talaith?«
    »Sie ist die Amme holen gegangen, die die Zwillinge nähren
wird, Mylord.«
    Briec nickte, doch er hatte die Amme schon vor dem Zimmer
gesehen, wo sie mit einer anderen Heilerin sprach.
    Mit einem letzten Blick auf seine Nichte und seinen Neffen
schlüpfte er aus dem Raum und war froh zu sehen, dass Wachen vor der Tür
postiert waren. Er sah in seinem Zimmer und in den Küchen nach, im Rittersaal
und der Bibliothek. Er ging hinaus und fing schließlich ihren Geruch auf. Er
folgte ihm durch den Wald zu einem kleinen See, an den wenige dachten, denn er
lag hinter den Bäumen und mehreren großen Felsblöcken verborgen. Manche Nacht waren
sie hierhergekommen, und Briec hatte Stunden damit verbracht, Talaith dazu zu
bringen, seinen Namen zu schluchzen.
    Jetzt schluchzte seine Talaith aus anderen Gründen.
    Sie kniete am See, den Oberkörper über die Beine gebeugt,
die Arme um ihre Taille geschlungen – und sie heulte. Sie heulte buchstäblich,
wie er es nie zuvor gehört hatte. Diese Frau, die durch die absolute Hölle und
zurück gegangen war, wehklagte um eine Freundin, die sie lieb gewonnen hatte
wie eine Schwester und um das Leid einer Familie, die sie inzwischen als ihre
eigene betrachtete.
    Briec kniete sich mit gespreizten Beinen neben sie, damit
er sie an sich ziehen konnte. Er hielt sie fest in den Armen und beugte sich
über sie, sodass sie spürte, dass er sie umfing. So wusste sie, dass sie das
nicht allein durchmachen musste.
    Ihre Hände klammerten sich an seine Arme, ihre kleinen
Finger gruben sich in das Kettenhemd, das er trug.
    Und er ließ sie weinen. Er ließ sie nicht nur für sich
selbst, sondern für sie alle weinen. Denn Talaith musste nichts anderes sein
als sie selbst. Sie war keine Monarchin. Sie hatte kein Königreich zu regieren.
Keine Politik, um die sie sich kümmern musste.
    Sie war ganz einfach eine Frau, deren Herz brach. Und
Briec war dankbar, dass zumindest eine von ihnen es zeigen konnte.
    Dagmar hatte sehr früh im Leben gelernt, dass Tiere mehr
fühlten und verstanden als Menschen ihnen zutrauten. Mit diesem Wissen ging sie
zu den Ställen, wo Annwyls Pferd stand. Sobald sie den mächtigen Hengst sah,
wusste sie, dass er es wusste. Er stand an die hintere Wand gedrängt, und

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