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Dragon Touch

Dragon Touch

Titel: Dragon Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. A. Aiken
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die
Stute in der Box neben ihm drückte ihren majestätischen Kopf an seinen Hals.
    Vorsichtig öffnete Dagmar das Gatter zu seiner Box und
trat hinein, wobei sie das Gatter sorgfältig wieder hinter sich schloss. Dies
war definitiv eine der Situationen, in denen ihr Vater sie an den Haaren ziehen
und ihr sagen würde, sie solle nicht dumm sein, doch wenn es um Tiere ging,
folgte Dagmar immer ihren Instinkten – und diese hatten sie noch nie im Stich
gelassen.
    Sie näherte sich dem riesigen Tier und wunderte sich, wie
Annwyl je auf ihm sitzen, geschweige denn kämpfen konnte. Sie bewegte sich
umsichtig und tat ihr Bestes, ihn nicht zu erschrecken. Die Stute beobachtete
sie genau, um zu sehen, was sie vorhatte.
    Als sie neben ihm stand, streckte Dagmar die Hand aus und
streichelte seine Flanke. Der Hengst bewegte sich unruhig, schlug aber nicht
aus.
    Sie hielt die Felldecke hoch, die sie in den Armen hielt,
und zeigte sie der Stute. Mit sanften braunen Augen blinzelte sie Dagmar an.
    Dagmar wünschte sich wirklich, es wäre ein Hund. Hunde
waren so leicht zu verstehen. Doch Pferde waren anders, und das wusste sie. Sie
wusste auch, dass das Pferd in den nächsten Tagen vergessen werden würde,
obwohl es Annwyl genauso liebte wie alle anderen. Das Band zwischen einem Pferd
und seinem Reiter war dasselbe wie zwischen Hund und Herrchen. Es ging über das
bloße Dasein als Haustier hinaus. Es war eine Partnerschaft, in der einer dem
anderen vertraute. Von allen Bindungen, die sie kannte, war es die
unzerstörbarste und die am wenigsten gewürdigte.
    Tief Luft holend, hob Dagmar die Felldecke hoch, die sie
aus Annwyls Zimmer mitgenommen hatte, und legte sie dem Hengst langsam auf den
Rücken. Sie rückte sie zurecht, damit sie hoch auf seinen Schultern lag und er
ihren Duft aufnehmen konnte.
    Der Hengst hob seinen Kopf über den seiner Gefährtin,
seine schwarzen Augen sahen zu Dagmar hinab. Nach einer Weile senkte er den
Kopf und kam mit seinem Maul näher. Sie hob die Hand und streichelte ihn.
    »Es tut mir so leid«, sagte sie leise, und er schloss die
Augen.
    Als sie ging, achtete sie darauf, das Gatter wieder fest
hinter sich zu schließen. Draußen sah sie sich um. Es war spät, und sie hatte
noch nichts gegessen, aber sie war eigentlich nicht besonders hungrig. Auch
müde war sie nicht.
    Mit einem Seufzen machte sie sich auf den Rückweg zum
Schloss, hielt aber inne, als sie ein Schnüffeln hörte. Sie folgte dem Geräusch
um die Ställe herum, und was sie immer für ein schrecklich hartes Herz gehalten
hatte, schmolz in ihrer Brust.
    Sie kauerte sich neben ihn, obwohl sie eigentlich nicht
wusste, warum. Er war so groß, dass sie die sitzende Gestalt auch stehend nicht
um viel überragte.
    Dagmar legte eine Hand auf sein Knie und lächelte in die
feuchten silbernen Augen, die sie unter langen, dunkelblauen Wimpern ansahen.
    »Es tut mir so leid«, sagte sie noch einmal, auch wenn sie
sich bewusst war, dass Worte im Augenblick nichts ausrichten konnten.
    »Ich werde sie vermissen«, sagte Éibhear, während er
versuchte, sich die Tränen wegzuwischen. »Ich werde sie so schrecklich
vermissen.«
    »Ich weiß. Ich kenne sie kaum, und ich weiß jetzt schon,
dass ich sie vermissen werde.«
    Er zuckte verlegen die Achseln. »Aber ihr flennt wahrscheinlich
nicht.«
    »Mein Vater hat einmal geweint. Er weiß nicht, dass ich es
weiß, aber meine alte Amme hat es mir erzählt, bevor sie starb.«
    »Warum hat er geweint?«
    »Weil meine Mutter bei meiner Geburt gestorben ist. Sie
hat die Wahl getroffen, mich zu retten. Genau wie Annwyl es getan hat, um ihre Babys
zu retten.«
    Er nickte. »Ich weiß, dass es ihre Entscheidung war und
dass sie niemals eine andere getroffen hätte. Nicht Annwyl. Sie würde alles
aufs Spiel setzen für die, die sie liebt.«
    Der große blaue Drache in Menschengestalt ließ seinen Kopf
gegen die Wand hinter sich sinken. »Aber Fearghus … Er wird nie darüber
hinwegkommen. Nicht ganz.«
    »Und du kannst nichts weiter tun als für ihn da zu sein.
Damit er weiß, dass er nicht allein ist.«
    »Das werde ich.« Er versuchte noch einmal, sich das
Gesicht trocken zu wischen, und Dagmar zog ein sauberes Taschentuch aus der
Tasche ihres Kleides und wischte ihm die Tränen ab.
    »Du wirst es doch niemandem sagen, oder?«, fragte er.
»Dass du mich weinen gesehen hast.«
    Dagmar setzte sich auf ihre Fersen und sagte: »Dein
Geheimnis wird für immer sicher bei mir sein, Éibhear der Blaue.«
    Gwenvael

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