Dragon Touch
Füße. Dann wartete sie, dass die Show
begann.
Und sie musste nicht lange warten.
Kikka schlich auf Zehenspitzen aus den Schatten, sah sich
nach allen Seiten um und vergewisserte sich, dass keiner sie sehen konnte. Doch
sie trug den teuren Umhang, den sie sich unbedingt hatte kaufen müssen. Er war
hellgelb, und obwohl es dunkel draußen war, kam genug Licht aus den Gebäuden,
dass sie sich abhob wie ein Fleck auf einer der verdammten Sonnen.
Dummes
Ding .
Seit sie in die Reinholdt-Festung gekommen war, um Eymund
zu heiraten, hatte Kikka es sich zur Aufgabe gemacht, Dagmar kirre zu machen.
Sie vertraute ihr nicht, mochte sie nicht und fühlte sich von ihr bedroht. Aber
das war schon in Ordnung, denn Dagmar ging es andersherum genauso. Der
Unterschied war nur, dass Kikka dumm war. Dagmar fragte sich manchmal, ob in
ihrem hohlen kleinen Kopf überhaupt ein Gehirn steckte. Während Kikka Sigmar
bezirzte, Dagmar wegzuschicken und ihren Mann dazu verführte, sie dabei zu
unterstützen, hatte Dagmar eine hübsche und immer länger werdende Liste von
Kikkas Liebhabern der letzten fünf Monate angelegt, inklusive Orte, Zeiten und
Stellungen.
Natürlich hätte sie Kikkas Hurerei schon vor Ewigkeiten
aufdecken können, doch warum Energie verschwenden? Wichtiger war, dass Kikka
ihren Bruder mit noch mehr Blagen glücklich machte, während Sigmar sich weniger
Sorgen um den Zustand der Ehen seiner Söhne machen musste und sich mehr um
wichtigere Dinge wie Jökull kümmern konnte.
Außerdem konnte sie vor sich selbst zugeben, während sie
da oben auf dem Kasernendach saß, dass Kikka ihr eine Form der Unterhaltung
verschaffte, der Dagmar anders nicht hätte frönen können.
Sie sah gerne zu. Es war eine Charakterschwäche, aber sie
setzte sie nur gegen diejenigen ein, die versuchten, ihr wegzunehmen, wofür sie
all die Jahre so schwer gekämpft hatte. Solange Kikka erfolglos blieb, waren
ihre Geheimnisse bei Dagmar sicher aufgehoben.
Kikka schlüpfte ins Zimmer des Stallmeisters. Pferde waren
so wichtig in den Nordländern und wurden von den Kriegern so verehrt, dass die
Position des Stallmeisters unglaublich gut bezahlt wurde und oft ein Haus auf
dem Gelände mit einschloss.
Glücklicherweise besaß das kleine Haus dieses Stallmeisters
hübsche Fenster, deren kleine hölzerne Fensterläden er nie schloss. Als er mit
eindeutigen Absichten auf Kikka zuging, griff Dagmar in ihre Tasche und zog die
speziell hergestellten Augengläser heraus, die Bruder Ragnar ihr vor Jahren
geschenkt hatte. Anders als die, die sie im Gesicht trug, waren diese hier viel
größer, sie musste sie mit beiden Händen halten. Außerdem trug sie sie nicht
direkt, sondern hielt sie nur vor die Augen; das Leder, mit denen sie ummantelt
waren, lag gut in der Hand. Während ihre normalen Augengläser lediglich dazu
dienten zu sehen, was sie normalerweise nicht vor sich sehen konnte, konnte sie
mit diesen hier viel weiter sehen … und faszinierende Details dazu.
Sie grinste, als sie sah, wie der Stallmeister Kikka das
Kleid vom Leib riss. Wie würde das Mädchen den Zustand seines Kleides erklären,
wenn es in die Festung zurückkehrte? Und sie musste inzwischen wissen, dass
Eymund es merken würde, dass schon wieder ein Kleid »versehentlich« beschädigt
worden war. Ihr Bruder war knausrig mit seinem Geld, und Kikkas Reiz auf ihn
hatte schon lange nachgelassen. Sehr zu Kikkas wachsender Bestürzung, wenn
Dagmar richtig riet. Die Diener erzählten Dagmar von bösen Streits und davon,
dass ihr Bruder mehr und mehr Zeit mit seinen Kameraden und Brüdern in den
örtlichen Schenken verbrachte – und mit den Schenkmädchen.
Nachdem er Kikkas Kleid und Unterkleid aufgerissen hatte,
legte der Stallmeister Valtemar sie über seinen Arm und schwelgte in ihren absurd
großen Brüsten. Während Dagmar zusah und sich dabei großartig amüsierte, verzog
sie dennoch ein wenig das Gesicht über seine Darbietung.
»Schlechte Technik, oder?«
Gleichzeitig beschämt und geschockt, ließ Dagmar die
dicken Augengläser in ihren Schoß sinken und wandte den Kopf nach links. Sie
blinzelte, sah hinter sich, dann nach rechts.
»Er gibt sich Mühe, aber er … na ja … schlabbert auch ein
bisschen.«
Wieder schaute sie nach links. Doch alles, was sie sehen
konnte, waren in der Nähe die Dächer anderer Gebäude und in der Ferne die
Baumwipfel. Aber obwohl sie neben sich nichts sehen konnte, spürte sie dennoch …
Als sie die Hand ausstreckte, traf sie etwas Hartes
Weitere Kostenlose Bücher