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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Ich wusste nicht, dass Sie dieses Ding an die Polizei gegeben haben.«
    »Es war nur eine Idee«, antwortete er ausweichend. »Ich hielt es zu diesem Zeitpunkt nicht für wichtig.«
    »Sehen Sie!« Anne van Eyck entspannte sich. »Dann wissen Sie ja, dass man nicht immer alles für so wichtig hält, dass man es sofort erzählt.«
    Sie entließ Stephan mit dieser freundschaftlichen Belehrung.

16
    Marie und Stephan waren kaum zu Hause angelangt, als Gisbert Wanninger anrief und darauf drängte, dass sie ihn noch in seinem Studio im Kreuzviertel besuchen sollten. Es dauere nicht lange, haspelte er erregt, aber es gäbe Neuigkeiten, die sie unbedingt erfahren müssten.
    »Sagen Sie nicht, dass das auch Zeit bis morgen hat«, lachte er eigenartig schrill. »Alles hat immer Zeit bis morgen, aber dieser Satz ist in meinem Beruf tödlich. Und Sie sollten diesen Satz in Ihrem Job ebenfalls streichen, Herr Knobel! Ich habe zugleich ein neues Mandat für Sie. Also kommen Sie bitte!«
    Wanningers Euphorie wirkte unbekümmert und naiv angesichts der bei Marie und Stephan vorherrschenden Gedanken, die immer wieder daran Anstoß nahmen, dass Anne van Eyck niemanden zu benennen vermochte, der der unbekannte Bekannte gewesen sein konnte, der seine Fingerabdrücke an ungewöhnlichen Stellen auf dem Hof der van Eycks hinterlassen hatte. Wanningers Neuigkeiten zu erfahren, barg die Chance, sich neu zu orientieren, die Ergebnisse des heutigen Tages zu bewerten und einordnen zu können. Und es winkte ein neues Mandat …
    Der Journalist empfing sie frisch geduscht. Er hatte ein weißes T-Shirt angezogen, auf dem der Spruch ›Kill your idols‹ und darunter ein Bild von dem gekreuzigten Jesus Christus prangte. Marie fand das Motiv geschmacklos, aber sie wusste, dass die Provokation eines der wesentlichen Instrumente war, derer sich Gisbert Wanninger auf dem Höhepunkt seiner Karriere bedient hatte und die er selbst als Stilmittel verstand.
    Diesmal führte er seine Gäste in die kleine Küche seines Büros, deren Einrichtung im Wesentlichen aus einem alten Esstisch und drei hölzernen schmucklosen Stühlen, einer Kaffeemaschine auf einem Regal, einer Ansammlung von Süßigkeitstüten und Keksdosen und Tetrapackungen mit haltbarer Milch und einem Kühlschrank beschränkte, der, wie Wanningers gezielter Griff ins Innere zeigte, hauptsächlich der Lagerung von Weißwein diente, von dem er eine Flasche entkorkte und auf den Tisch stellte. Marie nahm zur Kenntnis, dass er in seinem Büro zu allen Tageszeiten dem Alkohol frönte, aber jetzt tat er es mit einer befreiten Leichtigkeit, die vermuten ließ, dass er tatsächlich etwas Wesentliches herausgefunden hatte.
    Sie setzten sich an den Tisch. Wanninger schenkte allen in bereitstehende Gläser ein. Es waren Werbegeschenke einer nahen Weinhandlung.
    »Sie sprachen von einem neuen Mandat«, hob Stephan an, ungeschickt früh, weil sein betontes Interesse offenbarte, wie dringend er sich aus wirtschaftlichen Gründen um neue Aufträge bemühen musste.
    Wanninger durchschaute ihn sofort.
    »Der eine kämpft um Mandate, der andere um Reportagen und Berichte, die er gewinnbringend an die Medien verkaufen kann. So ist das eben, Herr Knobel, und es ist ein Zeichen unserer Zeit, dass alle um ihre Existenz kämpfen müssen. Es gibt keine Selbstläufer mehr. Vor 30 oder 40 Jahren hatte man ein gesichertes Auskommen, wenn man Anwalt wurde. Der große Kuchen musste nicht so viele Anwälte ernähren. Bei uns Journalisten war das nicht anders. Die Technik war noch nicht so entwickelt. Nachrichten wurden auf heute archaisch wirkenden technischen Wegen übermittelt. Ein Journalist, der wachsam durch die Welt ging und Augen und Ohren am Puls der Zeit hatte, hatte ausgesorgt. Ich ging zu den Geschichten und bereitete sie auf. Heute ist das anders. Auch unser Kuchen ist nicht größer geworden. Aber es gibt viel mehr, die davon satt werden müssen. Und leider sind es nicht nur Leute meiner Profession, sondern auch immer mehr Laien. Es gibt Medien, die ihre Nutzer auffordern, sich journalistisch zu betätigen. Unsere Zeit ist scheiße, Herr Knobel, das wissen wir alle, aber es sagen längst nicht alle. Früher hätte ich über die, die im öffentlichen Anstellungsverhältnis stehen, die Nase gerümpft. Langweilig! Angepasst! Spießertum, Staatsdiener. Ich hätte kotzen können. Heute beneide ich so Menschen wie Sie, Frau Schwarz. Aber ich würde es nie öffentlich sagen.«
    Er leerte sein Glas in einem Zug und

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