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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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zumindest in Nähe der Autobahn sehr schmal. Hinter der Leitplanke ist durchgehend Gebüsch. Es gibt nur einen Streifen von wenigen Metern Breite, der Einblick auf die Wiese gewährt. Kein Autofahrer nimmt das im Vorbeifahren wahr. Niemand erkennt Details, wenn er zufällig den Blick in diese Richtung wendet. Meine Vermutung ist, dass diese Herren eine Panne simuliert und sich dann jenseits der Leitplanke im Grünen getroffen haben, um ihre Geschäfte zu tätigen. Sie erreichen diese Stelle übrigens nicht über irgendeine andere Straße. Man kommt nur über die Autobahn dorthin. Verkehrstechnisch ist der Treffpunkt nicht ungeschickt gewählt. Man kann in Fahrtrichtung Süden eine Vielzahl von Zielen ansteuern. Außer der für uns bedeutsamen Stadt Frankfurt bieten sich München, Basel, Kassel und viele andere Städte an. Man wird sich nicht zufällig in der Nähe bedeutsamer Autobahnkreuze getroffen haben.«
    Wanninger nahm das Foto in die Hand. Seine Schlussfolgerungen schienen zwingend. Er brachte seinen Beweis in das Nebenzimmer zurück, dann setzte er sich wieder zu Marie und Stephan, schlug entspannt die Beine übereinander und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf.
    »Es ist immer gut, Zweifel zu haben«, war er überzeugt. »Der Zweifel ist in unserer Arbeit so etwas wie die Angst im täglichen Leben. Er ist eine Art Lebensversicherung, vorausgesetzt, der Zweifel beschränkt sich auf ein vernünftiges Maß und wuchert nicht zu einer Größe an, in der er uns zu lähmen beginnt. Der Zweifel soll uns nützlich sein, aber er darf uns nicht beherrschen. Wenn ich auf jeden Zweifel höre und ihn als Schranke begreife, bringe ich nichts auf den Weg. Ich habe große Skandale aufgedeckt, weil ich die letzten bestehenden Zweifel beiseitegewischt habe. Sie waren nicht groß genug, um das Gesamtergebnis meiner Arbeit in Frage zu stellen. Man muss sich letztlich die Frage stellen, ob der bestehende Restzweifel vernünftigerweise das Gesamtergebnis kippt. Und wenn das nicht der Fall ist, dann ist es eine gleichermaßen mutige wie vernünftige Entscheidung, diesen Restzweifeln Schweigen zu gebieten.« Er unterbrach und überzeugte sich, dass ihm Marie und Stephan gedanklich folgten.
    »Ich möchte vor diesem Hintergrund etwas zu den Fingerabdrücken sagen, von denen Sie heute im Gespräch mit der Polizei etwas erfahren haben«, setzte er wieder an.
    »Woher wissen Sie denn davon?«, fragte Marie verwundert. »Das ist gerade erst knapp zwei Stunden her.«
    »Natürlich!«, besänftigte Wanninger. »Aber Sie können sich doch denken, dass Frau van Eyck mich angerufen hat, nachdem Sie mit ihr gesprochen haben. Es ist ganz deutlich: Sie haben Zweifel, Herr Knobel! Und ich gestehe, dass man Zweifel haben darf. Aber wir müssen auch prüfen, ob diese Zweifel begründet sind. Und ich bin recht schnell, nämlich eigentlich in der kurzen Zeit zwischen dem Telefonat mit Frau van Eyck und Ihrer Ankunft bei mir zu dem Schluss gekommen, dass all das, was Ihre Zweifel auslöst, im Grunde nur meine Theorie bestärkt.«
    Er lehnte sich vor, nahm jetzt nur einen kleinen Schluck und wischte sich genüsslich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Wie oft fassen Sie denn unter Ihren Badezimmerschrank oder an die Innenseite des Schlafzimmerschranks?«, wollte er wissen.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Stephan.
    Wanninger lächelte. »Die Frage ist doch klar formuliert«, befand er. »Beantworten Sie sie einfach!«
    »Man macht so etwas nicht bewusst«, meinte Marie. »Deshalb ist es kaum möglich, diese Frage zu beantworten.«
    »Das ist ja erstaunlich«, entgegnete Wanninger überlegen. »Erinnern Sie sich denn daran, überhaupt jemals an diesen Stellen die Schränke berührt zu haben?«
    Er blickte Stephan lauernd an.
    »Die Wahrheit ist doch, dass Sie die Schränke nie dort anfassen, weil es dafür überhaupt keinen Grund gibt. Selbstverständlich öffnen Sie einen Badezimmerschrank nur an den Griffleisten, und bei einem Schlafzimmerschrank fassen Sie ebenfalls nur an die Türgriffe oder vielleicht an den Schlüssel. Ausgerechnet im Haushalt der Lieke van Eyck und dem Büro der Unternehmensberatung van Eyck scheint das ganz anders zu sein, und wie aus heiterem Himmel finden sich dort Fingerabdrücke an Stellen, die kein Mensch im normalen Alltag berührt. – Wissen Sie«, er trank wieder, und Marie registrierte, dass die Abstände, in denen er zum Glas griff, kürzer wurden, »ich war ganz begeistert, als ich von den van Eycks vorhin

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