Drake (German Edition)
sie froh darüber, auf Titan seinem leidenschaftlichen Werben nicht nachgegeben zu haben.
Dann diese Rede! Das, was er dabei vorgebracht hatte, war ein primitives Einpeitschen von Phrasen. Zugegeben, er hatte sie mit viel Hingabe und Überzeugungskraft vorgetragen, aber jedem halbwegs vernünftig denkenden Menschen wäre die Oberflächlichkeit nicht entgangen. Tamini war in seinem Denken um keinen Deut besser als Sternberg und seinesgleichen.
Apropos seinesgleichen. Verotroicx fehlte ihr. Auch sie war ihm gegenüber aufgrund von Standesdünkel abweisend gewesen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie unmöglich sie sich ihm gegenüber bisher verhalten hatte. Dabei passte seine ironische und gradlinige Art viel besser zu ihr als das hochherrschaftliche Getue eines Sergio Tamini oder eines Hyatt Sternberg.
Caitlyn Mulholland zwischen den Welten.
Trotzdem konnte sie nicht verstehen, warum der Kanadier zusammen mit Sternberg die Unit Eleven verlassen hatte. Wobei sie ahnte, dass sie ihm wahrscheinlich unrecht tat, denn Scott Cohen hatte ihr berichtet, dass Verotroicx eines seltsamen Energieausschlages wegen das Schiff aufgesucht hatte. Vielleicht hatte er das Schiff nicht mehr rechtzeitig verlassen können. Außerdem war er in Begleitung von Victoria Lacey, und von ihr konnte Caitlyn sich schon gar nicht vorstellen, dass sie Sternberg freiwillig gefolgt war.
Bei Werfel lag der Fall schon anders. Werfel war kompetent und gleichzeitig unsicher, was sein Verhältnis gegenüber Sternberg betraf. Vielleicht war er einfach einem Befehl seines Chefs gefolgt. Oder er wollte seiner Liebsten nahe sein.
Sie lächelte verhalten. Der Ruf der Liebe war eben noch stärker als ein Befehl. Trotzdem, Werfel fehlte ihr auch. Er mochte ein arger Kotzbrocken sein, aber selbst er hätte Tamini einiges unter die Nase gerieben.
So gesehen war sie jetzt alleine unter lauter Jasagern.
Alleine zwischen den Welten.
Die Erde war nicht mehr ihre Welt und die Unit Eleven ebenso wenig.
Sie zündete sich eine Zigarette an und aktivierte wieder ihren Frame.
Auf dem Schiff liefen die Vorbereitungen für einen Durchgang an.
Alle waren auf ihrem Platz.
Alles schien wie früher.
Wieder einmal Orange Stage. Irene Koss SERVICE berichtete routinemäßig über den Status des Schiffes und kommentierte die Eingangsmeldungen der unterschiedlichen Units. Ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Bisher hatte Caitlyn diese Augenblicke immer genossen und aufmerksam verfolgt, wie die Rädchen der gigantischen Maschinerie ins Laufen kamen. Nur dann, wenn ihre Nervosität überhandzunehmen drohte, war sie ins Herz des Schiffes, direkt zu MOSES gegangen, um dort die letzten Momente des Überganges alleine zu erleben.
Verotroicx musste ähnlich gefühlt haben, als sie ihn dort angetroffen hatte. Wahrscheinlich waren sie beide seelenverwandter, als sie es damals wahrhaben wollte.
Wieder lächelte sie. Dieses Kompliment, das er ihr gemacht hatte, indem er sie mit dem Unfassbaren verglichen hatte.
Sie hatte es nicht vergessen. Nur war sie damals zu nervös gewesen, um sie selbst zu sein und sich auf einen Flirt einzulassen. Es war der falsche Zeitpunkt und der falsche Ort gewesen. Ein halbherziger Rechtfertigungsversuch. Er hatte sie in diesem Moment schlichtweg gestört, war in ihren Bereich eingedrungen und hatte es auch noch gewagt, sich auf ihr Niveau zu begeben.
»Caitlyn, du bist eine arrogante dumme Kuh!«, rief sie laut aus. Ärgerlich stand sie auf und ging in die kleine Küche unweit ihres Büros. Unschlüssig las sie die Angebote von verschiedenen Mahlzeiten auf einem speziellen Frame. Hunger hatte sie nicht direkt, aber sie wollte sich mit irgendetwas ablenken. Wo hatten eigentlich die Mädchen gegessen? Eine Küche oder eine Messe hatte sie in den Räumen nicht entdeckt, allerdings hatte sie auch nicht danach gesucht.
Kurz entschlossen verließ sie die Küche wieder und steuerte die Unterkünfte an, die nach wie vor leer und verlassen waren. Aufmerksam schlenderte sie durch die Räume. Schlafen, Duschen, Ankleiden. Natürlich, die Messe lag gleich neben den Ankleideräumen. Sie war aber viel zu klein für dreißig Personen. Wahrscheinlich hatten die Mädchen im Schichtbetrieb hier gearbeitet und würden auch wieder im Schichtbetrieb hier arbeiten, wenn sie mit Sternberg zurückkehrten. Falls sie sich trauten. Besonders begeistert würde die Besatzung sie nicht empfangen. Tamini hatte ganze Arbeit geleistet und nicht unerwähnt gelassen, was er von Sternbergs
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