Drake Schwestern 01-02 - Daemmerung des Herzens-06.07.12-OK
geschrieben hat, war dabei, sie hat
alles mit angesehen, sie hat die Schreie gehört und sie hat sie sterben sehen.
Ihre Gefühle sind in dem Buch festgehalten. Ich kann es nicht lesen, Sarah.« Es
klang wie ein Flehen.
Matt hätte sie gern getröstet. Der Drang war so
stark, dass er tatsächlich ein paar Schritte auf sie zuging, bevor ihm klar
wurde, dass er nicht nur Elles Gefühle, sondern auch die ihrer Schwestern
wahrnahm. Sie eilten alle an ihre Seite. Sarah nahm ihr das Buch aus den Händen
und Kate schlang ihre Arme um Elle. Die anderen berührten sie, um sie zu
entlasten, indem sie einen Teil der sehr starken Gefühle aus einer längst vergangenen
Zeit auf sich nahmen, die den Seiten des Tagebuchs immer noch anhafteten.
»Tut mir leid, Schätzchen«, sagte Sarah liebevoll,
»ich hätte daran denken sollen. Du hast ohnehin schon so viel durchgemacht.
Kate, glaubst du, du kannst dir in etwa ein Bild davon machen, was anschließend
passiert ist? Ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht so wichtig
wäre.« Sie hielt Kate das Buch hin.
Matt hätte ihr das Buch am liebsten aus den Händen
gerissen und es an die Wand geworfen. »Kate hat mit diesem Ding auch schon
genug durchgemacht, Sarah. Du kannst nicht noch mehr von ihr verlangen.« Er war
wütend. Jetzt reichte es ihm. »Elle ist dort draußen beinah gestorben. Ohne
Jackson wäre sie jetzt tot. Du machst dir keine Vorstellung davon, was für ein
Wunder es war, dass sie nicht auf den Grund des Meeres gestürzt ist.«
Kate legte ihm eine Hand auf den Arm, um ihn zu
beschwichtigen. Sarah nickte. »Mir ist bewusst, was ich verlange, Matthew, und
ich kann dir nicht vorwerfen, dass du wütend bist. Es wäre mir auch am
liebsten, wenn Kate dieses Tagebuch nicht anrühren müsste, aber wir müssen
wissen, warum dieser Geist tut, was er tut. Ansonsten stirbt vielleicht
tatsächlich jemand. Wir müssen es wissen.«
Kate nahm Sarah das Buch aus der Hand. Matt
murmelte einen Schwall von Flüchen vor sich hin und wandte sich von den
Schwestern ab. Ein Gefühl von Hilflosigkeit befiel ihn. In dieser Situation
nutzten ihm seine ganze Spezialausbildung und sein Geschick im Überlebenskampf
überhaupt nichts. Da er Kate nicht ansehen wollte, weil ihm vor der Anspannung
und der Erschöpfung graute, die er in ihren Zügen lesen würde, heftete er
seinen Blick starr auf die Moosbeerkerze und die Unmengen von Wachs, die an ihr
hinabrannen. Während er die Kerze anstarrte, schlug ihm das Herz plötzlich im
Hals. Er ging einen Schritt auf die Kerze zu und sah sie voller Entsetzen an.
»Katie.« Er flüsterte ihren Namen, denn sie war seine Welt, sein ganzes Glück.
Und er brauchte sie.
Kate legte einen Arm um ihn. Er konnte seinen Blick
nicht von dem Gesicht lösen, das sich im Wachs gebildet hatte, und er betete,
dass er sich irrte. Und doch wusste er, dass ein Irrtum ausgeschlossen war.
Kate sah das Gesicht an und schnappte nach Luft. »Danny. Es ist Danny.«
13.
Denn mein letztes
Geschenk ist für einen bestimmt,
Der mit Liebe und Sorgfalt sich des Landes annimmt.
Kennt auf Schritt und
auf Tritt dieser Junge das Land,
Kann sich doch nicht entzieh'n meiner knochigen Hand.
Matt packte Kate an den Schultern und schob sie zur
Seite. Sie wollte ihn festhalten, aber er lief bereits mit schnellen Schritten
auf die Haustür zu.
»Danny ist auf der Probe für den Umzug«, rief ihm
Kate ins Gedächtnis zurück. Sie rannte hinter ihm her, warf das Tagebuch auf
den Fußboden und versuchte, mit ihm Schritt zu halten. Hannah schnappte Kates
Mantel und eilte hinter den beiden her.
Der Nebel behinderte Matts Sicht, aber er konnte
die Frauen hören. »Geh zurück ins Haus und bleib dort, Kate. Es ist zu
gefährlich.« Seine Stimme war grimmig. Gebieterisch. Kate erschauerte. Das
klang überhaupt nicht nach ihrem Matthew.
»Ich komme mit. Nimm den Pfad, der den Hügel
hinunterführt. Wenn wir die Schnellstraße genau neben den drei Redwood-Bäumen
überqueren wie beim letzten Mal, ist es nicht weit zu der Abkürzung, die in die
Stadt führt.« Kate folgte ihm weiterhin. Hannah nahm ihre Hand und hielt sich
daran fest.
»Verflucht noch mal, Kate, hör dieses eine Mal auf
mich. Ich muss Danny finden und ich kann es nicht gebrauchen, mir gleichzeitig
Sorgen darüber zu machen, was dir gerade zustößt.«
Kate wünschte, seine Stimme hätte wütend geklungen,
aber Matts Tonfall war kalt. Eiskalt. Sie schloss ihre Finger fester um Hannahs
Hand und lief auf
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