Drake Schwestern 07 - Sturm der Gefuehle-01.07.12
fühlen, wie sehr dich deine Schwestern lieben?«
»Ich kann an nichts anderes denken als an das, was er mir angetan hat und was er mir genommen hat.«
»Du gestattest dir keine Gefühle.« Er fuhr langsam die Auffahrt hinunter, um ihr Zeit zu geben, es sich noch einmal anders zu überlegen, doch als sie nichts sagte, bog er auf die schmale Schnellstraße mit Blick auf das Meer ein und fuhr schneller.
Elle antwortete nicht. Stattdessen vergrub sie sich tiefer in der Decke, schloss die Augen und erlaubte sich, sich treiben zu lassen. Ihr Kopf tat weh und jede Bodenunebenheit verursachte ihr solche Schmerzen, dass sie kaum Luft bekam. Sie wollte sich wie ein verwundetes Tier in einer Höhle verkriechen. Die Welt erschien ihr zu groß und zu ungeschützt, als wüsste sie nicht, wie sie sich darin bewegen sollte. Sie konnte den Sog des Hauses fühlen. Es wollte, dass sie zurückkam. Der Wind berührte ihr Gesicht durch das offene Fenster und wollte sie anlocken, rief mit zarten weiblichen Stimmen nach ihr, und sie hasste sich dafür, dass sie ihre Schwestern zum Weinen brachte.
Sie konnte Stavros fühlen, seine Stimme hören. Er war in ihrem Kopf, in ihrem Körper und vielleicht sogar in ihrer Seele und sie würde niemals in der Lage sein, ihn von dort zu vertreiben. Die vielen Male, die er sie berührt hatte ... ihr wehgetan hatte ... sie gezwungen hatte, Dinge zu tun ...
»Lass das sein, Kleines«, sagte Jackson behutsam. »Damit ist dir nicht geholfen.«
»Ich fühle ihn von Kopf bis Fuß auf meiner Haut. Und in mir. Wie soll ich jemals von ihm fortkommen?« In ihrer Stimme schwang Verzweiflung mit. Sie war sich nicht bewusst, dass ihre Fingernägel an ihrer Haut zogen, als versuchte sie Stavros abzureißen.
Jackson streckte einen Arm aus und legte seine Handfläche leicht auf ihre Hand, damit sie stillhielt. Augenblicklich war ihr Inneres von ihm durchdrungen. Von seinem Geruch. Seiner Kraft. Er ließ sich auf ganz ähnliche Weise in ihr Inneres strömen, wie sie es vor so vielen Jahren bei ihm getan hatte, als er in Kriegsgefangenschaft gewesen war. Ein Opfer brutaler Foltern und anderer unsäglicher Dinge. Er hatte dicht vor der seelischen Zerrüttung gestanden, als sie zu ihm gekommen war. Und als nichts mehr von ihm übrig gewesen war, hatte sie sein Inneres mit ihrer ganzen Person ausgefüllt, mit ihrer Kraft und ihrem einzigartigen Duft. Mit ihrem Selbsterhaltungstrieb, dem Willen zu überleben. Sie hatte ihm alles gegeben, was ihre Persönlichkeit ausmachte.
Jetzt gab er sich ihr genauso vollständig hin, füllte jeden Winkel ihres Inneren aus, tränkte jede Zelle mit seiner ausgeprägten Männlichkeit, mit sämtlichen Gefühlen. Er behielt nichts für sich. Nicht einmal die Einzelheiten seiner Gefangennahme und seiner Folter, nicht einmal die schlimmsten der verdorbenen Taten, die an ihm begangen worden waren. Er öffnete sich ihr und verbarg auch nicht seine rohe, ungeschlachte Sinnlichkeit und seine Befürchtungen vor ihr, nach allem, was sie erlebt hatte, könnte sie sich von ihm überfordert fühlen. Er weihte sie in sein Leben ein und in seine Gedanken, ließ sie die trostlose, leidvolle Kindheit und seine wilden Zeiten im Bayou sehen, aber auch die Gewalttätigkeit in den Motorradfahrerlagern, in denen sein Vater ihn großgezogen hatte. Er hielt nichts vor ihr geheim, und Elle sog seine Kraft in sich auf und genoss seine Ehrlichkeit ihr gegenüber.
Er wusste, dass er ihr nichts anderes geben konnte als das, was er war. Er hatte die Momente verkommener Brutalität gemeinsam mit ihr durchlebt, als Stavros einen Mann getötet hatte, den er ihr gegen ihren Willen aufgedrängt hatte. Er wusste, dass ihr davor graute, Stavros würde sie finden und sie gewaltsam zurückholen - nein, jeden töten, den sie liebte. Und dadurch, dass sie bei ihm war, brachte sie sein Leben in Gefahr, tauschte sein Leben gegen das ihrer Schwestern ein.
»Es tut mir leid, Jackson. Es tut mir wirklich leid. Ich bin nicht stark genug, um allein zu sein, und du bist der Einzige, den ich habe, der vielleicht eine Chance gegen ihn hat. Jonas muss bei Hannah bleiben, sonst ginge ich zu ihm ...«
»Tu das nicht, Kleines«, beschwichtigte er sie. »Wir hängen gemeinsam drin, und so war es von Anfang an, ob wir es wahrhaben wollten oder nicht.«
»Er wird dich töten. Das ist dir doch klar, oder nicht?« Ihre Stimme zitterte schon allein bei dem Gedanken an Stavros, und sie fühlte sich innerlich zerfetzt. Sie klammerte sich an
Weitere Kostenlose Bücher