Dramatische Werke
entdeck' ich mich – der Unschuld,
Der lautern, unentheiligten Natur
Entdeck' ich mich. An diesem Hof bist du
Die Würdigste, die Einzigste, die Erste,
Die meine Seele ganz versteht. – Ja denn!
Ich leugn' es nicht – ich liebe!
Prinzessin.
Böser Mensch!
So schwer ist das Geständniß dir geworden?
Beweinenswürdig mußt' ich sein, wenn du
Mich liebenswürdig finden solltest?
Carlos (stutzt).
Was?
Was ist das?
Prinzessin.
Solches Spiel mit mir zu treiben!
O wahrlich, Prinz, es war nicht schön. Sogar
Den Schlüssel zu verleugnen!
Carlos.
Schlüssel! Schlüssel!
(Nach einem dumpfen Besinnen.)
Ja so – so war's. – Nun merk' ich – – O mein Gott!
(Seine Kniee wanken, er hält sich an einen Stuhl und verhüllt das Gesicht.)
Prinzessin (Eine lange Stille von beiden Seiten. Die Fürstin schreit laut und fällt).
Abscheulich! Was hab' ich gethan!
Carlos (sich aufrichtend, im Ausbruch des heftigsten Schmerzes).
So tief
Herabgestürzt von allen meinen Himmeln! –
O, das ist schrecklich!
Prinzessin (das Gesicht in das Kissen verbergend).
Was entdeck' ich? Gott!
Carlos (vor ihr niedergeworfen).
Ich bin nicht schuldig, Fürstin – Leidenschaft –
Ein unglücksel'ger Mißverstand – Bei Gott!
Ich bin nicht schuldig.
Prinzessin (stößt ihn von sich).
Weg aus meinen Augen,
Um Gottes willen –
Carlos.
Nimmermehr! In dieser
Entsetzlichen Erschüttrung Sie verlassen?
Prinzessin (ihn mit Gewalt wegdrängend).
Aus Großmuth, aus Barmherzigkeit, hinaus
Von meinen Augen! – Wollen Sie mich morden?
Ich hasse Ihren Anblick! (Carlos will gehen.) Meinen Brief
Und meinen Schlüssel geben Sie mir wieder.
Wo haben Sie den andern Brief?
Carlos.
Den andern?
Was denn für einen andern?
Prinzessin.
Den vom König.
Carlos (zusammenschreckend).
Von wem ?
Prinzessin.
Den Sie vorhin von mir bekamen.
Carlos.
Vom König? und an wen? an Sie?
Prinzessin.
O Himmel!
Wie schrecklich hab' ich mich verstrickt! Den Brief!
Heraus damit! ich muß ihn wieder haben.
Carlos.
Vom König Briefe, und an Sie?
Prinzessin.
Den Brief!
Im Namen aller Heiligen!
Carlos.
Der einen
Gewissen mir entlarven sollte – diesen?
Prinzessin.
Ich bin des Todes! – Geben Sie!
Carlos.
Der Brief –
Prinzessin (in Verzweiflung die Hände ringend).
Was hab' ich Unbesonnene gewagt!
Carlos.
Der Brief – der kam vom König? – Ja, Prinzessin,
Das ändert freilich Alles schnell – Das ist
(den Brief frohlockend emporhaltend)
Ein unschätzbarer – schwerer – theurer Brief,
Den alle Kronen Philipps einzulösen
Zu leicht, zu nichtsbedeutend sind. – Den Brief
Behalt' ich (Er geht.)
Prinzessin (wirft sich ihm in den Weg).
Großer Gott, ich bin verloren!
Neunter Auftritt.
Die Prinzessin allein.
(Sie steht noch betäubt, außer Fassung; nachdem er hinaus ist, eilt sie ihm nach und will ihn zurückrufen.)
Prinz, noch ein Wort. Prinz, hören Sie – Er geht!
Auch das noch! Er verachtet mich – Da steh' ich
In fürchterlicher Einsamkeit – verstoßen,
Verworfen – (Sie sinkt auf einen Sessel. Nach einer Pause.)
Nein! Verdrungen nur, verdrungen
Von einer Nebenbuhlerin. Er liebt.
Kein Zweifel mehr. Er hat es selbst bekannt.
Doch wer ist diese Glückliche? – So viel
Ist offenbar – er liebt, was er nicht sollte.
Er fürchtet die Entdeckung. Vor dem König
Verkriecht sich seine Leidenschaft – Warum
Vor diesem, der sie wünschte? – Oder ist's
Der Vater nicht, was er im Vater fürchtet?
Als ihm des Königs buhlerische Absicht
Verrathen war – da jauchzten seine Mienen,
Frohlockt' er, wie ein Glücklicher... Wie kam es,
Daß seine strenge Tugend hier verstummte?
Hier? eben hier? Was kann denn er dabei,
Er zu gewinnen haben, wenn der König
Der Königin die –
(Sie hält plötzlich ein, von einem Gedanken überrascht – Zu gleicher Zeit reißt sie die Schleife, die ihr Carlos gegeben hat, von dem Busen, betrachtet sie schnell und erkennt sie.)
Jetzt endlich, jetzt – Wo waren meine Sinne?
Jetzt gehen mir die Augen auf – Sie hatten
Sich lang geliebt, eh der Monarch sie wählte.
Nie ohne sie sah mich der Prinz. – Sie also,
Sie war gemeint, wo ich so grenzenlos,
So warm, so wahr mich angebetet glaubte?
O, ein Betrug, der ohne Beispiel ist!
Und meine Schwäche hab' ich ihr verrathen –
(Stillschweigen.)
Daß er ganz ohne Hoffnung lieben sollte!
Ich kann's nicht glauben – Hoffnungslose Liebe
Besteht in diesem Kampfe nicht. Zu schwelgen,
Wo unerhört der glänzendste Monarch
Der Erde schmachtet –
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