Dramatische Werke
hab' ich tiefer nie
Gefühlt, als eben jetzt –
(Mit einem Blick der Wehmuth auf dem Marquis verweilend.)
Marquis.
Der Prinz denkt edel
Und gut. Ich hab' ihn anders nie gefunden.
König.
Ich aber hab' es – Was er mir genommen,
Kann keine Krone mir ersetzen – eine
So tugendhafte Königin
Marquis.
Wer kann
Es wagen, Sire?
König.
Die Welt! Die Lästerung!
Ich selbst! – Hier liegen Zeugnisse, die ganz
Unwidersprechlich sie verdammen; andre
Sind noch vorhanden, die das Schrecklichste
Mich fürchten lassen – Aber, Marquis – schwer,
Schwer fällt es mir, an eines nur zu glauben.
Wer klagt sie an? – Wenn sie sie fähig sollte
Gewesen sein, so tief sich zu entehren,
O, wie viel mehr ist mir zu glauben dann
Erlaubt, daß eine Eboli verleumdet?
Haßt nicht der Priester meinen Sohn und sie?
Und weiß ich nicht, daß Alba Rache brütet?
Mein Weib ist mehr werth, als sie alle.
Marquis.
Sire,
Und etwas lebt noch in des Weibes Seele,
Das über allen Schein erhaben ist
Und über alle Lästerung – es heißt
Weibliche Tugend.
König.
Ja! Das sag' ich auch.
So tief, als man die Königin bezichtigt,
Herab zu sinken, kostet viel. So leicht,
Als man mich überreden möchte, reißen
Der Ehre heil'ge Bande nicht. Ihr kennt
Den Menschen, Marquis. Solch ein Mann hat mir
Schon längst gemangelt, Ihr seid gut und fröhlich,
Und kennet doch den Menschen auch – drum hab'
Ich Euch gewählt –
Marquis (überrascht und erschrocken).
Mich, Sire?
König.
Ihr standet
Vor Eurem Herrn und habt nichts für Euch selbst
Erbeten – nichts. Das ist mir neu – Ihr werdet
Gerecht sein. Leidenschaft wird Euren Blick
Nicht irren – Dränget Euch zu meinem Sohn,
Erforscht das Herz der Königin. Ich will
Euch Vollmacht senden, sie geheim zu sprechen.
Und jetzt verlaßt mich! (Er zieht eine Glocke.)
Marquis.
Kann ich es mit einer
Erfüllten Hoffnung? dann ist dieser Tag
Der schönste meines Lebens.
König (reicht ihm die Hand zum Kusse).
Er ist kein
Verlorner in dem meinigen.
(Der Marquis steht auf und geht. Graf Lerma tritt herein.)
Der Ritter
Wird künftig ungemeldet vorgelassen.
Vierter Akt.
Saal bei der Königin.
Erster Auftritt.
Die Königin. Die Herzogin Olivarez. Die Prinzessin von Eboli. Die Gräfin Fuentes und noch andere Damen.
Königin (zur Oberhofmeisterin, indem sie aufsteht).
Der Schlüssel fand sich als nicht? – So wird
Man die Schatulle mir erbrechen müssen,
Und zwar sogleich –
(Da sie die Prinzessin von Eboli gewahr wird, welche sich ihr nähert und ihr die Hand küßt.)
Willkommen, liebe Fürstin.
Mich freut, Sie wieder hergestellt zu finden –
Zwar noch sehr blaß –
Fuentes (etwas tückisch).
Die Schuld es bösen Fiebers,
Das ganz erstaunlich an die Nerven greift.
Nicht wahr, Prinzessin?
Königin.
Sehr hab' ich gewünscht,
Sie zu besuchen, meine Liebe – Doch
Ich darf ja nicht.
Olivarez.
Die Fürstin Eboli
Litt wenigstens nicht Mangel an Gesellschaft.
Königin.
Das glaub' ich gern. Was haben Sie? Sie zittern.
Eboli.
Nichts – gar nichts, meine Königin. Ich bitte
Um die Erlaubniß, wegzugehen.
Königin.
Sie
Verhehlen uns, sind kränker gar, als Sie
Uns glauben machen wollen? Auch das Stehn
Wird Ihnen sauer. Helfen Sie ihr, Gräfin,
Auf dieses Tabouret sich niedersetzen.
Eboli.
Im Freien wird mir besser. (Sie geht ab.)
Königin.
Folgen Sie
Ihr, Gräfin – Welche Anwandlung!
(Ein Page tritt herein und spricht mit der Herzogin, welche sich alsdann zur Königin wendet.)
Olivarez.
Der Marquis
Von Posa, Ihre Majestät – Er kommt
Von Seiner Majestät dem König.
Königin.
Ich
Erwart' ihn.
(Der Page geht ab und öffnet dem Marquis die Thüre.)
Zweiter Auftritt.
Marquis von Posa. Die Vorigen .
(Der Marquis läßt sich auf ein Knie vor der Königin nieder, welche ihm einen Wink gibt, aufzustehen.)
Königin.
Was ist meines Herrn Befehl?
Darf ich ihn öffentlich –
Marquis.
Mein Auftrag lautet
An Ihre königliche Majestät allein.
(Die Damen entfernen sich auf einen Wink der Königin.)
Dritter Auftritt.
Die Königin. Marquis von Posa .
Königin (voll Bewunderung).
Wie? Darf ich meinen Augen trauen, Marquis?
Sie an mich abgeschickt vom König?
Marquis.
Dünkt
Das Ihre Majestät so sonderbar?
Mir ganz und gar nicht.
Königin.
Nun, so ist die Welt
Aus ihrer Bahn gewichen. Sie und er –
Ich muß gestehen –
Marquis.
Daß es seltsam klingt?
Das mag wohl sein. – Die gegenwärt'ge Zeit
Ist noch an mehrern Wunderdingen
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