Dramatische Werke
geh' ich
Aus Spanien und sehe meinen Vater
Nicht wieder – nie in diesem Leben wieder.
Ich schätz' ihn nicht mehr. Ausgestorben ist
In meinem Busen die Natur – Sei'n Sie
Ihm wieder Gattin. Er hat einen Sohn
Verloren. Treten Sie in Ihre Pflichten
Zurück – Ich eile, mein bedrängtes Volk
Zu retten von Tyrannenhand. Madrid
Sieht nur als König oder nie mich wieder.
Und jetzt zum letzten Lebewohl! (Er küßt sie.)
Königin.
O Carl!
Was machen Sie aus mir? – Ich darf mich nicht
Empor zu dieser Männergröße wagen;
Doch fassen und bewundern kann ich Sie.
Carlos.
Bin ich nicht stark, Elisabeth? Ich halte
In meinen Armen Sie und wanke nicht.
Von dieser Stelle hätten mich noch gestern
Des nahen Todes Schrecken nicht gerissen.
(Er verläßt sie.)
Das ist vorbei. Jetzt trotz' ich jedem Schicksal
Der Sterblichkeit. Ich hielt Sie in den Armen
Und wankte nicht. – Still! Hörten Sie nicht etwas?
(Eine Uhr schlägt.)
Königin.
Nichts hör' ich, als die fürchterliche Glocke,
Die uns zur Trennung läutet.
Carlos.
Gute Nacht, denn, Mutter.
Aus Gent empfangen Sie den ersten Brief
Von mir, der das Geheimniß unsers Umgangs
Laut machen soll. Ich gehe, mit Don Philipp
Jetzt einen öffentlichen Gang zu thun.
Von nun an, will ich, sei nichts Heimliches
Mehr unter uns. Sie brauchen nicht das Auge
Der Welt zu scheuen – Dies hier sei mein letzter
Betrug.
(Er will nach der Maske greifen. Der König steht zwischen ihnen.)
König.
Es ist dein letzter!
(Die Königin fällt ohnmächtig nieder.)
Carlos (eilt auf sie zu und empfängt sie mit den Armen).
Ist sie todt?
O Himmel und Erde!
König (kalt und still zum Großinquisitor).
Cardinal, ich habe
Das Meinige gethan. Thun Sie das Ihre. (Er geht ab.)
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1 Die erste Ausgabe enthält hier noch folgende Stelle:
Der Landmann rühme sich des Pflugs und gönne
Dem König, der nicht Landmann ist, die Krone.
In seiner Werkstatt träume sich der Künstler
Zum Bildner einer schönern Welt. Den Flug
Des Denkers hemme ferner keine Schranke
Als die Bedingung endlicher Naturen.
Nicht in der Vatersorge stillem Kreis
Erscheine der gekrönte Fremdling. Nie
Erlaub' er sich, der Liebe heilige
Mysterien unedel zu beschleichen.
Die Menschheit zweifle, ob er ist. Belohnt
Durch eignen Beifall, berge sich der Künstler
Der angenehm betrogenen Maschine.
Wallenstein
Ein dramatisches Gedicht.
1799
Teil 1: Wallensteins Lager
Die Piccolomini
Teil 2: Wallensteins Tod
@
Erster Theil.
Wallensteins Lager.
@
Kapuziner
Prolog.
Gesprochen bei Wiedereröffnung der Schaubühne in Weimar im October 1798.
Der scherzenden, der ernsten Maske Spiel,
Dem ihr so oft ein willig Ohr und Auge
Geliehn, die weiche Seele hingegeben,
Vereinigt uns aufs neu in diesem Saal –
Und sieh! er hat sich neu verjüngt, ihn hat
Die Kunst zum heitern Tempel ausgeschmückt,
Und ein harmonisch hoher Geist spricht uns
Aus dieser edeln Säulenordnung an
Und regt den Sinn zu festlichen Gefühlen.
Und doch ist dies der alte Schauplatz noch,
Die Wiege mancher jugendlichen Kräfte,
Die Laufbahn manches wachsenden Talents.
Wir sind die Alten noch, die sich vor euch
Mit warmem Trieb und Eifer ausgebildet.
Ein edler Meister stand auf diesem Platz,
Euch in die heitern Höhen seiner Kunst
Durch seinen Schöpfergenius entzückend.
O! möge dieses Raumes neue Würde
Die Würdigsten in unsre Mitte ziehn
Und eine Hoffnung, die wir lang gehegt,
Sich uns in glänzender Erfüllung zeigen.
Ein großes Muster weckt Nacheiferung
Und gibt dem Urtheil höhere Gesetze.
So stehe dieser Kreis, die neue Bühne
Als Zeugen des vollendeten Talents.
Wo möcht' es auch die Kräfte lieber prüfen,
Den alten Ruhm erfrischen und verjüngen,
Als hier vor einem auserles'nen Kreis,
Der, rührbar jedem Zauberschlag der Kunst,
Mit leisbeweglichem Gefühl den Geist
In seiner flüchtigsten Erscheinung hascht?
Denn schnell und spurlos geht des Mimen Kunst,
Die wunderbare, an dem Sinn vorüber,
Wenn das Gebild des Meißels, der Gesang
Des Dichters nach Jahrtausenden noch leben.
Hier stirbt der Zauber mit dem Künstler ab,
Und wie der Klang verhallet in dem Ohr,
Verrauscht des Augenblicks geschwinde Schöpfung,
Und ihren Ruhm bewahrt kein dauernd Werk.
Schwer ist die Kunst, vergänglich ist ihr Preis,
Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze;
Drum muß er geizen mit der Gegenwart,
Den Augenblick, der sein ist, ganz erfüllen,
Muß seiner Mitwelt mächtig sich versichern
Und im Gefühl der
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