Dramatische Werke
er Euch von Eurem Kaiser –
Von Eurer Rache hofft' er zu erlangen,
Was Eure wohlbewährte Treu ihn nimmer
Erwarten ließ bei ruhiger Besinnung.
Zum blinden Werkzeug wollt' er Euch, zum Mittel
Verworfner Zwecke Euch verächtlich brauchen.
Er hat's erreicht. Zu gut nur glückt' es ihm,
Euch wegzulocken von dem guten Pfade,
Auf dem Ihr vierzig Jahre seid gewandelt.
Buttler (mit der Stimme bebend).
Kann mir des Kaisers Majestät vergeben?
Octavio.
Sie thut noch mehr. Sie macht die Kränkung gut,
Die unverdient dem Würdigen geschehn.
Aus freiem Trieb bestätigt sie die Schenkung,
Die Euch der Fürst zu bösem Zweck gemacht.
Das Regiment ist Euer, das Ihr führt.
Buttler (will aufstehen, sinkt zurück. Sein Gemüth arbeitet heftig, er versucht zu reden und vermag es nicht. Endlich nimmer er den Degen vom Gehänge und reicht ihn dem Piccolomini.)
Octavio.
Was wollt Ihr? Faßt Euch!
Buttler.
Nehmt!
Octavio.
Wozu? Besinnt Euch!
Buttler.
Nehmt hin! Nicht werth mehr bin ich dieses Degens.
Octavio.
Empfangt ihn neu zurück aus meiner Hand
Und führt ihn stets mit Ehre für das Recht.
Buttler.
Die Treue brach ich solchem gnäd'gen Kaiser!
Octavio.
Macht's wieder gut. Schnell trennt Euch von dem Herzog.
Buttler.
Mich von ihm trennen!
Octavio.
Wie? Bedenkt Ihr Euch?
Buttler (furchtbar ausbrechend).
Nur von ihm trennen? O, er soll nicht leben!
Octavio.
Folgt mir nach Frauenburg, wo alle Treuen
Bei Gallas sich und Altringer versammeln.
Viel Andre bracht' ich noch zu ihrer Pflicht
Zurück, heut Nacht entfliehen sie aus Pilsen.
Buttler (ist heftig bewegt auf- und abgegangen und tritt zu Octavio, mit entschlossenem Blick).
Graf Piccolomini! darf Euch der Mann
Von Ehre sprechen, der die Treue brach?
Octavio.
Der darf es, der so ernstlich er bereut.
Buttler.
So laßt mich hier, auf Ehrenwort.
Octavio.
Was sinnt Ihr?
Buttler.
Mit meinem Regimente laßt mich bleiben.
Octavio.
Ich darf Euch traun. Doch sagt mir, was Ihr brütet?
Buttler.
Die That wird's lehren. Fragt mich jetzt nicht weiter!
Traut mir! Ihr könnt's! Bei Gott! Ihr überlasset
Ihn seinem guten Engel nicht! – Lebt wohl!
(Geht ab.)
Bedienter (bringt ein Billet).
Ein Unbekannter bracht's und ging gleich wieder.
Des Fürsten Pferde stehen auch schon unten. (Ab.)
Octavio (liest).
»Macht, daß Ihr fortkommt. Euer treuer Isolan.«
– O, läge diese Stadt erst hinter mir!
So nach dem Hafen sollten wir noch scheitern?
Fort, fort! Hier ist nicht länger Sicherheit
Für mich. Wo aber bleibt mein Sohn?
Siebenter Auftritt.
Beide Piccolomini.
Max (kommt in der heftigsten Gemüthsbewegung, seine Blicke rollen wild, sein Gang ist unstät; er scheint den Vater nicht zu bemerken, der von ferne steht und ihn mitleidig ansieht. Mit großen Schritten geht er durch das Zimmer, bleibt wieder stehen und wirft sich zuletzt in einen Stuhl, gerade vor sich hin starrend).
Octavio (nähert sich ihm).
Ich reise ab, mein Sohn.
(Da er keine Antwort erhält, faßt er ihn bei der Hand.)
Mein Sohn, leb wohl!
Max.
Leb wohl!
Octavio.
Du folgst mir doch bald nach?
Max (ohne ihn anzusehen).
Ich dir?
Dein Weg ist krumm, er ist der meine nicht.
(Octavio läßt seine Hand los, fährt zurück.)
O, wärst du wahr gewesen und gerade,
Nie kam es dahin, Alles stünde anders!
Er hätte nicht das Schreckliche gethan,
Die Guten hätten Kraft bei ihm behalten,
Nicht in der Schlechten Garn wär' er gefallen.
Warum so heimlich, hinterlistig lauernd,
Gleich einem Dieb und Diebeshelfer schleichen?
Unsel'ge Falschheit, Mutter alles Bösen!
Du jammerbringende, verderbest uns!
Wahrhaftigkeit, die reine, hätt' uns alle,
Die welterhaltende, gerettet. Vater!
Ich kann dich nicht entschuldigen, ich kann's nicht.
Der Herzog hat mich hintergangen, schrecklich;
Du aber hast viel besser nicht gehandelt.
Octavio.
Mein Sohn, ach, ich verzeihe deinem Schmerz.
Max (steht auf, betrachtet ihn mit zweifelhaften Blicken).
Wär's möglich, Vater? Vater? Hättest du's
Mit Vorbedacht bis dahin treiben wollen?
Du steigst durch seinen Fall. Octavio,
Das will mir nicht gefallen.
Octavio.
Gott im Himmel!
Max.
Weh mir! Ich habe die Natur verändert,
Wie kommt der Argwohn in die freie Seele!
Vertrauen, Glaube, Hoffnung ist dahin,
Dann Alles log mir, was ich hoch geachtet.
Nein! Nein! Nicht Alles! Sie ja lebt mir noch,
Und sie ist wahr und lauter, wie der Himmel.
Betrug ist überall und Heuchelschein
Und Mord und Gift und Meineid und Verrath;
Der einzig reine Ort ist unsre Liebe,
Der
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