Dramatische Werke
Dir wird ein ruhigeres Loos! – Auch wir,
Ich und dein Vater, sahen schöne Tage,
Der ersten Jahre denk' ich noch mit Lust.
Da war er noch der fröhlich Strebende,
Sein Ehrgeiz war ein mild erwärmend Feuer,
Noch nicht die Flamme, die verzehrend rast.
Der Kaiser liebte ihn, vertraute ihm,
Und was er anfing, das mußt' ihm gerathen.
Doch seit dem Unglückstag zu Regensburg,
Der ihn von seiner Höh' herunterstürzte,
Ist ein unstäter, ungesell'ger Geist
Argwöhnisch, finster über ihn gekommen.
Ihn floh die Ruhe, und dem alten Glück,
Der eignen Kraft nicht fröhlich mehr vertrauend,
Wandt' er sein Herz den dunkeln Künsten zu,
Die Keinen, der sie pflegte, noch beglückt.
Gräfin.
Ihr seht's mit Euren Augen – Aber ist
Das ein Gespräch, womit wir ihn erwarten?
Er wird bald hier sein, wißt Ihr. Soll er sie
In diesem Zustand finden?
Herzogin.
Komm, mein Kind,
Wisch deine Thränen ab. Zeig deinem Vater
Ein heitres Antlitz – Sieh, die Schleife hier
Ist los – Dies Haar muß aufgebunden werden.
Komm, trockne deine Thränen. Sie entstellen
Dein holdes Auge – Was ich sagen wollte?
Ja, dieser Piccolomini ist doch
Ein würd'ger Edelmann und voll Verdienst.
Gräfin.
Das ist er, Schwester.
Thekla (zur Gräfin, beängstigt).
Tante, wollt Ihr mich Entschuldigen? (Will gehen.)
Gräfin.
Wohin? Der Vater kommt.
Thekla.
Ich kann ihn jetzt nicht sehn.
Gräfin.
Er wird Euch aber
Vermissen, nach Euch fragen.
Herzogin.
Warum geht sie?
Thekla.
Es ist mir unerträglich, ihn zu sehn.
Gräfin (zur Herzogin).
Ihr ist nicht wohl.
Herzogin (besorgt).
Was fehlt dem lieben Kinde?
(Beide folgen dem Fräulein und sind beschäftigt, sie zurückzuhalten. Wallenstein erscheint, im Gespräch mit Illo.)
Vierter Auftritt.
Wallenstein. Illo. Vorige.
Wallenstein.
Es ist noch still im Lager?
Illo.
Alles still.
Wallenstein.
In wenig Stunden kann die Nachricht da sein
Aus Prag, daß diese Hauptstadt unser ist.
Dann können wir die Maske von uns werfen,
Den hiesigen Truppen den gethanen Schritt
Zugleich mit dem Erfolg zu wissen thun.
In solchen Fällen thut das Beispiel Alles.
Der Mensch ist ein nachahmendes Geschöpf
Und wer der Vorderste ist, führt die Heerde.
Die Prager Truppen wissen es nicht anders,
Als daß die Pilsner Völker uns gehuldigt,
Und hier in Pilsen sollen sie uns schwören,
Weil man zu Prag das Beispiel hat gegeben.
– Der Buttler, sagst du, hat sich nun erklärt?
Illo.
Aus freiem Trieb, unaufgefordert kam er,
Sich selbst, sein Regiment dir anzubieten.
Wallenstein.
Nicht jeder Stimme, find' ich, ist zu glauben,
Die warnend sich im Herzen läßt vernehmen.
Uns zu berücken, borgt der Lügengeist
Nachahmend oft die Stimme von der Wahrheit
Und streut betrügliche Orakel aus.
So hab' ich diesem würdig braven Mann,
Dem Buttler, stilles Unrecht abzubitten;
Denn ein Gefühl, daß ich nicht meister bin,
Furcht möcht' ich's nicht gern nennen, überschleicht
In seiner Nähe schaudernd mir die Sinne
Und hemmt der Liebe freudige Bewegung.
Und dieser Redliche, vor dem der Geist
Mich warnt, reicht mir das erste Pfand des Glücks.
Illo.
Und sein geachtet Beispiel, zweifle nicht,
Wird dir die Besten in dem Heer gewinnen.
Wallenstein.
Jetzt geh und schick' mir gleich den Isolan
Hieher, ich hab' ihn mir noch jüngst verpflichtet.
Mit ihm will ich den Anfang machen. Geh!
(Illo geht hinaus; unterdessen sind die Uebrigen wieder vorwärts gekommen.)
Wallenstein.
Sieh da, die Mutter mit der lieben Tochter!
Wir wollen einmal von Geschäften ruhn –
Kommt! Mich verlangte, eine heitre Stunde
Im lieben Kreis der Meinen zu verleben.
Gräfin.
Wir waren lang nicht so beisammen, Bruder.
Wallenstein (bei Seite, zur Gräfin).
Kann sie's vernehmen? Ist sie vorbereitet?
Gräfin.
Noch nicht.
Wallenstein.
Komm her, mein Mädchen! Setz dich zu mir.
Es ist ein guter Geist auf deinen Lippen,
Die Mutter hat mir deine Fertigkeit
Gepriesen, es soll eine zarte Stimme
Des Wohllauts in dir wohnen, die die Seele
Bezaubert. Eine solche Stimme brauch'
Ich jetzt, den bösen Dämon zu vertreiben,
Der um mein Haupt die schwarzen Flügel schlägt.
Herzogin.
Wo hast du deine Zither, Thekla? Komm.
Laß deinen Vater eine Probe hören
Von deiner Kunst.
Thekla.
O meine Mutter! Gott!
Herzogin.
Komm, Thekla, und erfreue deinen Vater.
Thekla.
Ich kann nicht, Mutter –
Gräfin.
Wie? Was ist das, Nichte?
Thekla (zur Gräfin).
Verschont mich – Singen – jetzt – in dieser Angst
Der schwer beladnen Seele – vor ihm singen
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