Dramatische Werke
meine Tochter?
Thekla.
Der dieses Unglückswort aussprach –
Herzogin.
O, denke nicht daran, mein Kind! Hinweg
Von diesem Bilde wende die Gedanken.
Wallenstein.
Laßt ihren Kummer reden! Laßt sie klagen!
Mischt eure Thränen mit den ihrigen.
Denn einen großen Schmerz hat sie erfahren;
Doch wird sie's überstehn, denn meine Thekla
Hat ihres Vaters unbezwungnes Herz.
Thekla.
Ich bin nicht krank. Ich habe Kraft, zu stehn.
Was weint die Mutter? Hab' ich sie erschreckt?
Es ist vorüber, ich besinne mich wieder.
(Sie ist aufgestanden und sucht mit den Augen im Zimmer.)
Wo ist er? Man verberge mir ihn nicht.
Ich habe Stärke genug, ich will ihn hören.
Herzogin.
Nein, Thekla! Dieser Unglücksbote soll
Nie wieder unter deine Augen treten.
Thekla.
Mein Vater –
Wallenstein.
Liebes Kind!
Thekla.
Ich bin nicht schwach,
Ich werde mich auch bald noch mehr erholen.
Gewähren Sie mir eine Bitte!
Wallenstein.
Sprich!
Thekla.
Erlauben Sie, daß dieser fremde Mann
Gerufen werde, daß ich ihn allein
Vernehme und befrage.
Herzogin.
Nimmermehr!
Gräfin.
Nein! Das ist nicht zu rathen! Gibt's nicht zu!
Wallenstein.
Warum willst du ihn sprechen, meine Tochter?
Thekla.
Ich bin gefaßter, wenn ich Alles weiß.
Ich will nicht hintergangen sein. Die Mutter
Will mich nur schonen. Ich will nicht geschont sein.
Das Schrecklichste ist ja gesagt, ich kann
Nichts Schrecklichers mehr hören.
Gräfin und Herzogin (zu Wallenstein).
Thu es nicht!
Thekla.
Ich wurde überrascht von meinem Schrecken,
Mein Herz verrieth mich bei dem fremden Mann,
Er war ein Zeuge meiner Schwachheit, ja,
Ich sank in seine Arme – das beschämt mich.
Herstellen muß ich mich in seiner Achtung,
Und sprechen muß ich ihn, nothwendig, daß
Der fremde Mann nicht ungleich von mir denke.
Wallenstein.
Ich finde, sie hat Recht – und bin geneigt,
Ihr diese Bitte zu gewähren. Ruft ihn.
(Fräulein Neubrunn geht hinaus.)
Herzogin.
Ich, deine Mutter, aber will dabei sein.
Thekla.
Am liebsten spräch' ich ihn allein. Ich werde
Alsdann um so gefaßter mich betragen.
Wallenstein (zur Herzogin).
Laß es geschehn. Laß sie's mit ihm allein
Ausmachen. Es gibt Schmerzen, wo der Mensch
Sich selbst nur helfen kann, ein starkes Herz
Will sich auf seine Stärke nur verlassen.
In ihrer , nicht an fremder Brust muß sie
Kraft schöpfen, diesen Schlag zu überstehn.
Es ist mein starkes Mädchen, nicht als Weib,
Als Heldin will ich sie behandelt sehn.
(Er will gehen.)
Gräfin (hält ihn).
Wo gehst du hin? Ich hörte Terzky sagen,
Du denkest morgen früh von hier zu gehn,
Uns aber hier zu lassen.
Wallenstein.
Ja; ihr bleibt
Dem Schutze wackrer Männer übergeben.
Gräfin.
O, nimm uns mit dir, Bruder! Laß uns nicht
In dieser düstern Einsamkeit dem Ausgang
Mit sorgendem Gemüth entgegen harren.
Das gegenwärt'ge Unglück trägt sich leicht;
Doch grauenvoll vergrößert es der Zweifel
Und der Erwartung Qual dem weit Entfernten.
Wallenstein.
Wer spricht von Unglück? Beßre deine Rede.
Ich hab' ganz andre Hoffnungen.
Gräfin.
So nimm uns mit. O, laß uns nicht zurück
In diesem Ort der traurigen Bedeutung,
Denn schwer ist mir das Herz in diesen Mauern,
Und wie ein Todtenkeller haucht mich's an;
Ich kann nicht sagen, wie der Ort mir widert.
O, führ' uns weg! Komm, Schwester, bitt' ihn auch,
Daß er uns fortnimmt! Hilf mir, liebe Nichte!
Wallenstein.
Des Ortes böse Zeichen will ich ändern,
Er sei's, der mir mein Theuerstes bewahrt.
Neubrunn (kommt zurück).
Der schwed'sche Herr!
Wallenstein.
Laßt sie mit ihm allein. (Ab.)
Herzogin (zu Thekla).
Sieh, wie du dich entfärbtest! Kind, du kannst ihn
Unmöglich sprechen. Folge deiner Mutter.
Thekla.
Die Neubrunn mag denn in der Nähe bleiben.
(Herzogin und Gräfin gehen ab.)
Zehnter Auftritt.
Thekla. Der schwedische Hauptmann. Fräulein Neubrunn.
Hauptmann (naht sich ehrerbietig).
Prinzessin – ich – muß um Verzeihung bitten,
Mein unbesonnen rasches Wort – Wie konnt' ich –
Thekla (mit edlem Anstand).
Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn,
Ein unglücksvoller Zufall machte Sie
Aus einem Fremdling schnell mir zum Vertrauten.
Hauptmann.
Ich fürchte, daß Sie meinen Anblick hassen,
Denn meine Zunge sprach ein traurig Wort.
Thekla.
Die Schuld ist mein. Ich selbst entriß es Ihnen,
Sie waren nur die Stimme meines Schicksals.
Mein Schrecken unterbrach den angefangnen
Bericht. Ich bitte drum, daß Sie ihn enden.
Hauptmann (bedenklich).
Prinzessin, es wird Ihren Schmerz
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