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Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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dort
Ist Alles, was noch übrig ist von ihm,
Der einz'ge Fleck ist mir die ganze Erde.
O, halte mich nicht auf! Komm und mach' Anstalt!
Laß uns auf Mittel denken, zu entfliehen.
    Neubrunn.
Bedachten Sie auch Ihres Vaters Zorn?
    Thekla.
Ich fürchte keines Menschen Zürnen mehr.
    Neubrunn.
Den Hohn der Welt! Des Tadels arge Zunge!
    Thekla.
Ich suche Einen auf, der nicht mehr ist.
Will ich denn in die Arme – o mein Gott!
Ich will ja in die Gruft nur des Geliebten.
    Neubrunn.
Und wir allein, zwei hilflos schwache Weiber?
    Thekla.
Wir waffnen uns, mein Arm soll dich beschützen.
    Neubrunn.
In dunkler Nachtzeit?
    Thekla.
Nacht wird uns verbergen.
    Neubrunn.
In dieser rauhen Sturmnacht?
    Thekla.
Ward ihm sanft
Gebettet unter den Hufen seiner Rosse?
    Neubrunn.
O Gott! – Und dann die vielen Feindesposten!
Man wird uns nicht durchlassen.
    Thekla.
Es sind Menschen.
Frei geht das Unglück durch die ganze Erde.
    Neubrunn.
Die weite Reise –
    Thekla.
Zählt der Pilger Meilen,
Wenn er zum fernen Gnadenbilde wallt?
    Neubrunn.
Die Möglichkeit, aus dieser Stadt zu kommen?
    Thekla.
Gold öffnet uns die Thore. Geh nur, geh!
    Neubrunn.
Wenn man uns kennt?
    Thekla.
In einer Flüchtigen,
Verzweifelnden sucht Niemand Friedlands Tochter.
    Neubrunn.
Wo finden wir die Pferde zu der Flucht?
    Thekla.
Mein Kavalier verschafft sie. Geh und ruf ihn!
    Neubrunn.
Wagt er das ohne Wissen seines Herrn?
    Thekla.
Er wird es thun. O geh nur! Zaudre nicht.
    Neubrunn.
Ach! und was wird aus Ihrer Mutter werden,
Wenn Sie verschwunden sind?
    Thekla (sich besinnend und schmerzvoll vor sich hinschauend).
O meine Mutter!
    Neubrunn.
So viel schon leidet sie, die gute Mutter,
Soll sie auch dieser letzte Schlag noch treffen?
    Thekla.
Ich kann's ihr nicht ersparen! – Geh nur, geh!
    Neubrunn.
Bedenken Sie doch ja wohl, was Sie thun!
    Thekla.
Bedacht ist schon, was zu bedenken ist.
    Neubrunn.
Und sind wir dort, was soll mit Ihnen werden?
    Thekla.
Dort wird's ein Gott mir in die Seele geben.
    Neubrunn.
Ihr Herz ist jetzt voll Unruh, theures Fräulein,
Das ist der Weg nicht, der zur Ruhe führt.
    Thekla.
Zur tiefen Ruh, wie er sie auch gefunden.
– O eile, geh! Mach' keine Worte mehr!
Es zieht mich fort, ich weiß nicht, wie ich's nenne,
Unwiderstehlich fort zu seinem Grabe!
Dort wird mir leichter werden, augenblicklich!
Das herzerstickende Band des Schmerzens wird
Sich lösen – Mein Thränen werden fließen.
O geh, wir könnten längst schon auf dem Weg sein.
Nicht Ruhe find' ich, bis ich diesen Mauern
Entronnen bin – sie stürzen auf mich ein –
Fortstoßend treibt mich eine dunkle Macht
Von dannen – Was ist das für ein Gefühl!
Es füllen sich mir alle Räume dieses Hauses
Mit bleichen, hohlen Geisterbildern an –
Ich habe keinen Platz mehr – Immer neue!
Es drängt mich das entsetzliche Gewimmel
Aus diesen Wänden fort, die Lebende!
    Neubrunn.
Sie setzen mich in Angst und Schrecken, Fräulein,
Daß ich nun selber nicht zu bleiben wage.
Ich geh' und rufe gleich den Rosenberg.
(Geht ab.)
Zwölfter Auftritt.
    Thekla.
    Thekla.
Sein Geist ist's, der mich ruft. Es ist die Schaar
Der Treuen, die sich rächend ihm geopfert.
Unedler Säumniß klagen sie mich an.
Sie wollten auch im Tod nicht von ihm lassen,
Der ihres Lebens Führer war – Das thaten
Die rohen Herzen, und ich sollte leben!
– Nein! Auch für mich ward jener Lorbeerkranz,
Der deine Todtenbahre schmückt, gewunden.
Was ist das Leben ohne Liebesglanz?
Ich werf' es hin, da sein Gehalt verschwunden.
Ja, da ich dich, den Liebenden, gefunden,
Da war das Leben etwas. Glänzend lag
Vor mir der neue goldne Tag!
Mir träumte von zwei himmelschönen Stunden.
    Du standest an dem Eingang in die Welt,
Die ich betrat mit klösterlichem Zagen,
Sie war von tausend Sonnen aufgehellt,
Ein guter Engel schienst du hingestellt,
Mich aus der Kindheit fabelhaften Tagen
Schnell auf des Lebens Gipfel hinzutragen.
Mein erst Empfinden war des Himmels Glück,
In dein Herz fiel mein erster Blick!
    (Sie sinkt hier in Nachdenken und fährt dann mit Zeichen des Grauens auf.)
    – Da kommt das Schicksal! – roh und kalt
Faßt es des Freundes zärtliche Gestalt
Und wirft ihn unter den Hufschlag seiner Pferde –
– Das ist das Loos des Schönen auf der Erde!
Dreizehnter Auftritt.
    Thekla. Fräulein Neubrunn mit dem Stallmeister.
    Neubrunn.
Hier ist er, Fräulein, und er will es thun.
    Thekla.
Willst du uns Pferde schaffen, Rosenberg?
    Stallmeister.
Ich will sie schaffen.
    Thekla.

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