Dramatische Werke
erneuern.
Thekla.
Ich bin darauf gefaßt – Ich will gefaßt sein.
Wie fing das Treffen an? Vollenden Sie.
Hauptmann.
Wir standen, keines Ueberfalls gewärtig,
Bei Neustadt schwach verschanzt in unserm Lager,
Als gegen Abend eine Wolke Staubes
Aufstieg vom Wald her, unser Vortrab fliehend
Ins Lager stürzte, rief, der Feind sei da.
Wir hatte eben nur noch Zeit, uns schnell
Aufs Pferd zu werfen, da durchbrachen schon,
In vollem Rosseslauf daher gesprengt,
Die Pappenheimer den Verhack; schnell war
Der Graben auch, der sich ums Lager zog,
Von diesen stürm'schen Schaaren überflogen.
Doch unbesonnen hatte sie der Muth
Vorausgeführt den andern, weit dahinten
War noch das Fußvolk, nur die Pappenheimer waren
Dem kühnen Führer kühn gefolgt. –
(Thekla macht eine Bewegung. Der Hauptmann hält einen Augenblick inne, bis sie ihm einen Wink gibt, fortzufahren.)
Von vorn und von den Flanken faßten wir
Sie jetzo mit der ganzen Reiterei
Und drängten sie zurück zum Graben, wo
Das Fußvolk, schnell geordnet, einen Rechen
Von Piken ihnen starr entgegenstreckte.
Nicht vorwärts konnten sie, auch nicht zurück,
Gekeilt in drangvoll fürchterlicher Enge.
Da rief der Rheingraf ihrem Führer zu,
In guter Schlacht sich ehrlich zu ergeben,
Doch Oberst Piccolomini –
(Thekla, schwindelnd, faßt einen Sessel.)
Ihn machte
Der Helmbusch kenntlich und das lange Haar,
Vom raschen Ritte war's ihm losgegangen –
Zum Graben winkte er, sprengt, der Erste, selbst
Sei edles Roß darüber weg, ihm stürzt
Das Regiment nach – doch – schon war's geschehn!
Sein Pferd, von einer Partisan durchstoßen, bäumt
Sich wüthend, schleudert weit den Reiter ab,
Und hoch weg über ihn geht die Gewalt
Der Rosse, keinem Zügel mehr gehorchend.
(Thekla, welche die letzten Reden mit allen Zeichen wachsender Angst begleitet, fällt in ein Zittern, sie will sinken; Fräulein Neubrunn eilt hinzu und empfängt sie in ihren Armen.)
Neubrunn.
Mein theures Fräulein –
Hauptmann (gerührt).
Ich entferne mich.
Thekla.
Es ist vorüber – Bringen Sie's zu Ende.
Hauptmann.
Da ergriff, als sie den Führer fallen sahn,
Die Truppen grimmig wüthende Verzweiflung.
Der eignen Rettung denkt jetzt Keiner mehr.
Gleich wilden Tigern fechten sie; es reizt
Ihr starrer Widerstand die Unsrigen,
Und eher nicht erfolgt des Kampfes Ende,
Als bis der letzte Mann gefallen ist.
Thekla (mit zitternder Stimme).
Und wo – wo ist – Sie sagten mir nicht Alles.
Hauptmann (nach einer Pause).
Heut früh bestatteten wir ihn. Ihn trugen
Zwölf Jünglinge der edelsten Geschlechter,
Das ganze Heer begleitete die Bahre.
Ein Lorbeer schmückte seinen Sarg, drauf legte
Der Rheingraf selbst den eignen Siegerdegen.
Auch Thränen fehlten seinem Schicksal nicht,
Denn Viele sind bei uns, die seine Großmuth
Und seiner Sitten Freundlichkeit erfahren,
Und Alle rührte sein Geschick. Gern hätte
Der Rheingraf ihn gerettet, doch er selbst
Vereitelt' es; man sagt, er wollte sterben.
Neubrunn (gerührt zu Thekla).
Mein theures Fräulein – Fräulein, sehn Sie auf!
O, warum mußten Sie darauf bestehn!
Thekla.
– Wo ist sein Grab?
Hauptmann.
In einer Klosterkirche
Bei Neustadt ist er beigesetzt, bei man
Von seinem Vater Nachricht eingezogen.
Thekla.
Wie heißt das Kloster?
Hauptmann.
Sanct Kathrinenstift.
Thekla.
Ist's weit bis dahin?
Hauptmann.
Sieben Meilen zählt man.
Thekla.
Wie geht der Weg?
Hauptmann.
Man kommt bei Tirschenreut
Und Falkenberg durch unsre ersten Posten.
Thekla.
Wer kommandiert sie?
Hauptmann.
Oberst Seckendorf.
Thekla (tritt an den Tisch und nimmt aus dem Schmuckkästchen einen Ring).
Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn
Und mir ein menschlich Herz gezeigt – Empfangen Sie
(indem sie ihm den Ring gibt)
Ein Angedenken dieser Stunde – Gehn Sie.
Hauptmann (bestürzt).
Prinzessin –
(Thekla winkt ihm schweigend, zu gehen, und verläßt ihn. Hauptmann zaudert und will reden. Fräulein Neubrunn wiederholt den Wink. Er geht ab.)
Eilfter Auftritt.
Thekla. Neubrunn.
Thekla (fällt der Neubrunn um den Hals).
Jetzt, gute Neubrunn, zeige mir die Liebe,
Die du mir stets gelobt! Beweise dich
Als meine treue Freundin und Gefährtin!
– Wir müssen fort, noch diese Nacht.
Neubrunn.
Fort, und wohin?
Thekla.
Wohin? Es ist nur ein Ort in der Welt!
Wo er bestattet liegt, zu seinem Sarge!
Neubrunn.
Was könnten Sie dort wollen, theures Fräulein?
Thekla.
Was dort, Unglückliche! So würdest du
Nicht fragen, wenn du je gelobet. Dort,
Weitere Kostenlose Bücher