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Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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in der letzten Scene des vorigen Akts.
    Der alte Moor auf einem Stein sitzend. Räuber Moor gegenüber. Räuber hin und her im Wald.
    R. Moor.
Er kommt noch nicht? (Schlägt mit dem Dolch auf einen Stein, daß es Funken gibt.)
    D. a. Moor.
Verzeihung sei seine Strafe – meine Rache verdoppelte Liebe.
    R. Moor.
Nein, bei meiner grimmigen Seele! Das soll nicht sein. Ich will's nicht haben. Die große Schandthat soll er mit sich in die Ewigkeit hinüberschleppen! – Wofür hab' ich ihn dann umgebracht?
    D. a. Moor (in Thränen ausbrechend).
O mein Kind!
    R. Moor.
Was? – du weinst um ihn? – an diesem Thurme?
    D. a. Moor.
Erbarmung! o Erbarmung! (Heftig die Hände ringend.) Jetzt – jetzt wird mein Kind gerichtet!
    R. Moor (erschrocken).
Welches?
    D. a. Moor.
Ha! was ist das für eine Frage?
    R. Moor.
Nichts! nichts!
    D. a. Moor.
Bist du kommen, Hohngelächter anzustimmen über meinen Jammer?
    R. Moor.
Verrätherisches Gewissen! – Merket nicht auf meine Rede.
    D. a. Moor.
Ja, ich hab' einen Sohn gequält, und ein Sohn mußte mich wieder quälen, das ist Gottes Finger – O mein Karl! mein Karl! wenn du um mich schwebst im Gewand des Friedens! Vergib mir! oh vergib mir!
    R. Moor (schnell).
Er vergibt Euch. (Betroffen.) Wenn er's werth ist, Euer Sohn zu heißen – er muß Euch vergeben.
    D. a. Moor.
Ha! Er war zu herrlich für mich – Aber ich will ihm entgegen mit meinen Thränen, meinen schlaflosen Nächten, meinen quälenden Träumen, seine Kniee will ich umfassen – rufen – laut rufen: Ich hab' gesündigt im Himmel und vor dir. Ich bin nicht werth, daß du mich Vater nennst.
    R. Moor (sehr gerührt).
Er war Euch lieb, Euer andrer Sohn?
    D. a. Moor.
Du weißt es, o Himmel! Warum ließ ich mich doch durch die Ränke eines bösen Sohnes bethören? Ein gepriesener Vater ging ich einher unter den Vätern der Menschen. Schön um mich blühten meine Kinder voll Hoffnung. Aber – o der unglückseligen Stunde! – der böse Geist fuhr in das Herz meines zweiten: ich traute der Schlange – verloren meine Kinder beide. (Verhüllt sich das Gesicht.)
    R. Moor (geht weit von ihm weg).
Ewig verloren!
    D. a. Moor.
Oh, ich fühl' es tief, was mir Amalia sagte, der Geist der Rache sprach aus ihrem Munde: Vergebens ausstrecken deine sterbenden Hände wirst du nach einem Sohn, vergebens wähnen zu umfassen die warme Hand deines Karls, der nimmermehr an deinem Bette steht –
    R. Moor (reicht ihm die Hand mit abgewandtem Gesicht).
    D. a. Moor.
Wärst du meines Karls Hand! – Aber er liegt fern im engen Hause, schläft schon den eisernen Schlaf, höret nimmer die Stimme meines Jammers – Weh mir! Sterben in den Armen eines Fremdlings – Kein Sohn mehr – Kein Sohn mehr, der mir die Augen zudrücken könnte –
    R. Moor (in der heftigsten Bewegung).
Jetzt muß es sein – jetzt – Verlaßt mich (zu den Räubern). Und doch – kann ich ihm denn seinen Sohn wieder schenken? Ich kann ihm seinen Sohn doch nicht mehr schenken – Nein! ich will's nicht thun.
    D. a. Moor.
Wie, Freund? Was hast du da gemurmelt?
    R. Moor.
Dein Sohn – ja, alter Mann – (stammelnd) dein Sohn – ist – ewig verloren.
    D. a. Moor (in der fürchterlichsten Beklemmung gen Himmel sehend).
O nur diesmal! – laß meine Seele nicht matt werden – nur diesmal halte mich aufrecht!
    D. a. Moor.
Ewig, sagst du?
    R. Moor.
Frage nichts weiter! Ewig, sagt' ich.
    D. a. Moor.
Fremdling! Fremdling! Warum zogst du mich aus dem Thurme?
    R. Moor.
Und wie? – wenn ich jetzt seinen Sohn weghaschte – haschte, wie ein Dieb, und mich davon schlich' mit der göttlichen Beute? – Vatersegen, sagt man, geht niemals verloren.
    D. a. Moor.
Auch mein Franz verloren? –
    R. Moor (stürzt vor ihm nieder).
Ich zerbrach die Riegel deines Thurms – Gib mir deinen Segen!
    D. a. Moor (mit Schmerz).
Daß du den Sohn vertilgen mußtest, Retter des Vaters! – Siehe, die Gottheit ermüdet nicht im Erbarmen, und wir armseligen Würmer gehen schlafen mit unserm Groll. (Legt seine Hand auf des Räubers Haupt.) Sei so glücklich, als du dich erbarmest.
    R. Moor (weichmüthig aufstehend).
O – wo ist meine Mannheit? Meine Sehnen werden schlapp, der Dolch sinkt aus meinen Händen.
    D. a. Moor.
Wie köstlich ist's, wenn Brüder einträchtig beisammen wohnen, wie der Thau, der vom Hermon fällt auf die Berge Zion – Lern diese Wollust verdienen, junger Mann, und die Engel des Himmels werden sich sonnen in deiner Glorie. Deine Weisheit sei die

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