Dramen
bemächtigt, behält auch für den Verwöhntesten seinen Reiz.
Scholz
Woher sollte ich denn verwöhnt sein! Ich habe von meinem Leben bis heute buchstäblich noch nichts genossen.
v. Keith
Der Gesellschaft werden wir uns auf dem Tanzboden erwehren müssen! An solchen Orten wirkt mein Erscheinen wie das Aas auf die Fliegen. Aber dafür, daß du dich selbst vergißt, stehe ich dir gut. Du wirst dich noch in drei Monaten selbst vergessen, wenn du an unseren heutigen Abend zurückdenkst.
Scholz
Ich habe mich schon allen Ernstes gefragt, ob nicht mein ungeheurer Reichtum vielleicht der einzige Grund meines Unglücks ist.
v. Keith
empört
Das ist Gotteslästerung!
Scholz
Ich habe tatsächlich schon erwogen, ob ich nicht wie auf meinen Adel auch auf mein Vermögen verzichten soll. Solang ich lebe, wäre mir dieser Verzicht aber nur zugunsten meiner Familie möglich. Eine nützliche Verfügung über mein Eigentum kann ich allenfalls, nachdem mein Leben an ihm zuschanden geworden, auf dem Sterbebette treffen. Hätte ich von Jugend auf um meinen Unterhalt kämpfen müssen, dann stände ich bei meinem sittlichen Ernst und meinem Fleiß, statt ein Ausgestoßener zu sein, heute wahrscheinlich mitten in der glänzendsten Karriere.
v. Keith
Oder du schwelgtest mit deinem Mädchen aus niedrigstem Stande im allergewöhnlichsten Liebesquark und putztest dabei deiner Mitwelt die Stiefel.
Scholz
Das nehme ich jeden Augenblick mit Freuden gegen mein Los in Tausch.
v. Keith
Bilde dir doch nicht ein, daß dieses Eisenbahnunglück zwischen dir und dem Leben steht. Du sättigst dich nur deshalb an diesen scheußlichen Erinnerungen, weil du zu schwerfällig bist, um dir irgendwelche delikatere Nahrung zu verschaffen.
Scholz
Darin magst du recht haben. Deswegen möchte ich mich deiner geistigen Führung anvertrauen.
v. Keith
Wir finden heute abend schon was zu beißen. – Ich kann dich jetzt leider nicht bitten, mit mir zu frühstücken. Ich habe um zwölf Uhr ein geschäftliches Rendezvous mit einer hiesigen Finanzgröße. Aber ich gebe dir ein paar Zeilen mit an meinen Freund Raspe. Verbring den Nachmittag mit ihm; um sechs Uhr treffen wir uns im Hofgarten-Café.
(Er ist an den Schreibtisch gegangen und schreibt ein Billett.)
Scholz
Womit beschäftigst du dich denn?
v. Keith
Ich treibe Kunsthandel, ich habe eine Zeitungskorrespondenz, eine Konzertagentur – alles nicht der Rede wert. Du kommst eben recht, um das Entstehen eines großangelegten Konzerthauses zu erleben, das ausschließlich für meine Künstler gebaut wird.
Scholz
nimmt das Bild vom Tisch und betrachtet es
Du hast eine hübsche Bildergalerie.
v. Keith
aufspringend
Das gebe ich nicht um zehntausend Mark. Ein Saranieff. –
(Dreht es ihm in den Händen um.)
Du mußt es anders herum nehmen.
Scholz
Ich verstehe nichts von Kunst. Ich bin auf meinen Reisen nicht in einem einzigen Museum gewesen.
v. Keith
gibt ihm das Billett
Der Mann ist internationaler Kriminalbeamter; sei deshalb nicht gleich zu offenherzig. Ein entzückender Mensch. Aber die Leute wissen nie, ob sie mich beobachten sollen oder ob ich da bin, um sie zu beobachten.
Scholz
Ich danke dir für dein liebenswürdiges Entgegenkommen. Also heute abend um sechs im Hofgarten-Café.
v. Keith
Dann fahren wir nach Nymphenburg. Ich danke dir, daß auch du schließlich Vertrauen zu mir gewonnen hast.
v. Keith geleitet Scholz hinaus. Die Szene bleibt einen Moment leer. Dann kommt Molly Griesinger aus dem Wohnzimmer und nimmt das Teegeschirr vom Tisch. Gleich darauf kommt v. Keith zurück.
v. Keith
ruft
Sascha! –
(Geht ans Telefon und läutet)
Siebzehn, fünfunddreißig – Kommissär Raspe!
Sascha
kommt aus dem Wartezimmer
Herr Baron!
v. Keith
Meinen Hut! Meinen Paletot!
Sascha eilt nach dem Vorplatz.
Molly
Ich beschwöre dich, laß dich doch mit diesem Patron nicht ein! Der käme doch nicht zu uns, wenn er uns nicht ausbeuten wollte.
v. Keith
spricht ins Telefon
Gott sei Dank sind Sie da! Warten Sie zehn Minuten. – – Das werden Sie merken. –
(Zu Molly, während ihm Sascha in den Paletot hilft)
Ich fahre rasch auf die Redaktionen.
Molly
Was soll ich Mama antworten?
v. Keith
zu Sascha
Einen Wagen!
Sascha
Jawohl, Herr Baron.
(Ab.)
v. Keith
Leg ihr meine Ehrerbietung zu Füßen.
(Geht zum Schreibtisch)
Die Pläne – der Brief von Ostermeier – morgen früh muß München wissen, daß der Feenpalast gebaut wird!
Molly
Dann kommst du nicht nach
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